500 Mal Maybrit Illner: der Talk ist kein „Ersatzparlament“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Seitdem die ARD fünf Mal in der Woche abends zum Talk bittet, ist das Klima in der Branche gereizter geworden. ZDF-Konkurrentin Maybrit Illner nimmt den rauen Wind gelassen. Sie spürt keine Veränderungen, sagt die Cheftalkerin im Zweiten. Die Quoten sind jedenfalls stabil.

Die erste Sendung damals, am 14. Oktober 1999 im Studio 1 des Hauptstadtstudios, erinnert sich Maybrit Illner, war schlichtweg eine „Katastrophe“. „Es ging schief, was nur schief gehen konnte.“ Der geladene Gast, Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), kam zehn Minuten zu spät, und dann fiel auch noch der Strom aus – ein Notstromaggregat musste aushelfen, dann klappte es so einigermaßen. Die Zweiten vom Zweiten starteten den Talk „Berlin Mitte“ mit reichlich Sand im Getriebe.
 
Die Zweiten vom Zweiten? Deswegen, weil die Ersten vom Ersten mit Sabine Christiansen schon längst auf dem Sender waren und damit das Genre Polittalk am Sonntagabend seit Januar 1998 beherrschten. War denn überhaupt noch Platz für eine zweite Sendung dieser Art? Das Publikum gab die Antwort mit soliden Einschaltquoten. „Und allmählich wurden meine Fragen auch kürzer, besser und uneitler“, sagt die heute 46-jährige Illner nach erneutem Betrachten ihrer ersten Ausgaben. Jetzt ist sie zum 500. Mal auf Sendung – ihr Jubiläum ist an diesem Donnerstag (21.45 Uhr).

Aus „Berlin Mitte“ wurde 2007 „Maybrit Illner“ und die Sendedauer von 45 auf 60 Minuten erhöht. Kaum ein Thema, dass die Chefin im Ring nicht auf ihrem Radar hatte: Amokläufe, Bankencrashs, Euroeinführung und Eurokrise, Griechenland, Koalition, Klima, Piratenpartei, Rente, Schuldenkrise, Wahlen, Dax – alles wurde durchgenommen. Die Sendung etablierte sich bei Zuschauern, aber auch in der politischen Landschaft. Rund 2,5 Millionen Zuschauer schalten jeden Donnerstag ein. Ein Ende ist nicht in Sicht. 500 Mal Illner – „das sind 500 gute Vorlagen für weitere erfolgreiche Jahre“, schrieb ZDF-Chefredakteur Peter Frey ins Presseheft.
 
Das Thema Talk im TV kochte in diesem Herbst wieder hoch, als die ARD mit „Günther Jauch“ einen prominenten Neuzugang am Sonntagabend an den Start schickte und die Szene munter aufmischte. Kritiker rümpften die Nase angesichts der vielen „Ersatzparlamente“, wie die TV-Gesprächssendungen gerne genannt werden. Diesen Begriff weist Illner, immerhin schon für ihren Talk mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Bambi und der Goldenen Kamera dekoriert, für ihre Sendung weit von sich und fügt hinzu: „Ein Gespräch ist keine Lösung, aber ein guter Anfang.“
 
Sie habe auch passend zum Vorwurf „Ersatzparlament“ festgestellt, sagt Illner, dass „die inszenierten Schaukämpfe weniger geworden sind“. Politiker seien zunehmend bereit, „auch mal Fehler zuzugeben und unverstellte Aussagen zu treffen“. Und das Wichtigste mit Blick auf die Talkoffensive der ARD: „Wir leiden nicht unter der Konkurrenz“, sagt die Frau des Telekom-Vorstands René Obermann. „Es hat für uns keine große Veränderung stattgefunden. Wir gucken auf die anderen Kollegen wie vorher auch. Wir sind heute die zweiten in der Woche hinter Günther Jauch, wie früher die zweiten hinter Anne Will.“
 
Ihre Jubiläumssendung fällt ein wenig aus dem Rahmen, denn Illner, die 1992 beim ZDF-„Morgenmagazin“ begann, orientiert sich nicht an aktuellen Entwicklungen: Im Zuge der ZDF-Themenwoche Ressourcen debattiert Illner, die auch weiterhin knapp 40 Mal im Jahr am Wochenende das „heute-journal“ moderieren wird, mit ihren Gästen Heino Ferch, Frank Schätzing und Klaus Töpfer über das Thema „Burnout – Der erschöpfte Planet“. Und hinterher wird in einer Berliner Bar ein wenig gefeiert. [Carsten Rave]

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