Nils Holgersson hat als Roman- und Zeichentrickfigur die Herzen von Millionen Menschen erobert. Die ARD hat sich einer neuen Realverfilmung der Buchvorlage der schwedischen Autorin Selma Lagerlöf angenommen und ist damit ein Wagnis eingegangen. Wird Nils Holgerssons Flug mit den Gänsen ein Erfolg beim Publikum?
Die Dichterin Selma Lagerlöf freute sich: „Das ist besser als der Nobelpreis!“. Eben, im Jahr 1906, hatte sie den Auftrag bekommen, für Schwedens Schuljugend ein Buch zu schreiben, das den jungen Menschen Geschichte, Landschaft und Sagenwelt ihrer schwedischen Heimat nahe bringen sollte. „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ entstand, die Geschichte des kleinen ungebärdigen Jungen, den ein Kobold in einen Winzling verwandelt. Beim Versuch, auf dem Bauernhof des Vaters den Gänserich Martin aufzuhalten, als der mit den Wildgänsen hinüber nach Lappland fliegen will, wird er mitgezogen und erlebt nun per Gans ein Schweden aus der Vogelperspektive.
Ein Jugendbuchklassiker war geboren; drei Jahre später bekam Lagerlöf dann den Nobelpreis – als erste Frau überhaupt. International und speziell in Deutschland war ihre „Nils Holgersson“-Geschichte sogar beliebter als in Schweden selbst, wo die Schulbuch-Altlast seine Popularität minderte. Dennoch wagte man sich in den 60ern an seine Verfilmung, sie wurde die bis dahin teuerste Produktion der schwedischen Filmgeschichte, mit entsprechendem Trommelwirbel dabei. Aber der Film war ein Flop.
Regisseur Dirk Regel, der ihn vergeblich als DVD aufzutreiben versuchte, seufzt tief und sagt: „Hoffentlich geht es meinem Film nicht ähnlich. Viel Bohei vorher – und in ein paar Jahren ist alle Mühe vergessen…“. Immerhin war die japanische Zeichentrickserie von 1980 ein großer Erfolg; die 52 Episoden über die Abenteuer des kleinen Nils werden auch heute noch regelmäßig im Fernsehen wiederholt.
Und die Beteiligten dürften den ARD-Weihnachts-Zweiteiler „Nils Holgerssons wunderbare Reise“ wohl auch kaum vergessen, der am 25. und 26. Dezember (16.00 und 16.20 Uhr) gleich im Anschluss an die neuen Märchenverfilmungen der Reihe „Sechs auf einen Streich“ gezeigt wird. Denn die Mühen und die Kosten waren in den über drei Jahren Vorbereitungs- und Drehzeit beträchtlich, auch wenn der verantwortliche Norddeutsche Rundfunk (NDR) keine genauen Zahlen nennt.
„Hier kam ja eigentlich alles zusammen, was einen Film schwierig bis unmöglich macht: Dreh mit Kindern; Dreh mit Tieren; Trickaufnahmen, mit denen wir zeigen mussten, wie Nils Holgersson kleiner wird und auf dem Gänserücken durch die Lüfte schwebt“, sagt NDR-Programmdirektor Frank Beckmann.
Dazu das oft genug regenverhangene Schweden als nicht eben billiger Drehort, aufwendige Computeranimationen, Gefahr von Pannen noch und noch – doch Produzentin Claudia Schröder bewahrte strahlenden Optimismus: „Ich wusste einfach, dass es klappen würde“. Selbst als der Produktion das Geld auszugehen drohte und die Arbeit um ein volles Jahr verschoben werden musste.
Zu den Stars auf der Besetzungsliste gehören Hinnerk Schönemann und Hanns Zischler, aber eigentliche Stars sind natürlich die Tiere: Gänse, Füchse, ein Kolkrabe. Für ihre Stimmen konnten ebenfalls hochkarätige Schauspieler gewonnen werden: Katja Riemann ist dabei, Ben Becker, Udo Schenk. Und als Gänse-Diva Daunenfein Yvonne Catterfeld, die gerade Anfang Dezember als Tieftaucherin Lotte Hass im ZDF-Film „Das Mädchen auf dem Meeresgrund“ zu sehen war: „Hier darf ich nun eine dumme Gans sein!“, sagt sie ironisch-freudig.
Im übrigen sei es „einfach toll“ gewesen, bei der Verfilmung eines solchen Klassikers mitzuwirken. Wobei sie besonders der dreizehnjährige Nils-Darsteller Justus Kammerer entzückte: „Der hat ein richtiges Märchengesicht“. Und sie prophezeit: „In den Jungen werden sich noch viele Mädchen verlieben“. [Paul Barz, rh]
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