Adieu! GEZ: ARD und ZDF kassieren ab Dienstag für jede Wohnung

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Beitrag statt Gebühr: Am 1. Januar wird die Bezahlung für ARD und ZDF umgestellt. Statt für Geräte werden Bürger nun für ihre Wohnung veranlagt – einfacher wird die Zukunft für die Sender dadurch nicht.

Im neuen Jahr gibt es kein Entkommen mehr: Für jeden Haushalt in Deutschland wird ab 1. Januar ein Beitrag für den Empfang von ARD, ZDF und Deutschlandradio fällig. Der Regelbetrag von 17,98 Euro im Monat hängt dann nicht mehr davon ab, ob und wie viele Radio- und Fernsehgeräte in einer Wohnung oder Arbeitsstätte stehen. Mit dem neuen Rundfunkbeitrag wird flächendeckend und lückenlos kassiert. Eine Wohnung, ein Beitrag, lautet die Faustregel. Nachfragen, wer welche Geräte bereithält, sollen entfallen, heißt es aus der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln, die dann als Beitragsservice firmiert.
 
Mit der Umstellung reagiert die Medienpolitik auf die Internet-Revolution. Ob „Tagesschau“ oder „Wetten, dass..?“ – längst lassen sich die Angebote nicht nur auf dem Fernseher oder Radio empfangen, sondern auch auf PC, Smartphone oder Tablet. Wenn das Handy ein UKW-Radio hat und „Anne Will“ in der Mediathek steht, mutet eine Abgabe auf die klassischen Apparate in der Tat ziemlich alt an.
 
Das lässt sich bei der Reform schon jetzt sagen: Herumschnüffelnde GEZ-Kontrolleure an der Haustür wird es nicht mehr geben. Wenn jede Wohnung und jedes Büro, jede Werkstatt und jedes Hotel zahlen muss, ist es egal, wer wo welche und wie viele Geräte besitzt. Für Schwarzseher wird es allerdings eng. Die Einwohnermeldeämter teilen dem Beitragsservice Ein- oder Auszüge mit.

Für die meisten Bürger wird sich vermutlich wenig ändern: Sie zahlen heute schon den Höchstbetrag. Rund 600 000 Radiohörer, die keinen Fernseher haben, müssen künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen. Statt der Grundgebühr von 5,76 Euro wird dann der volle Betrag fällig – eine Staffelung nach Gerät gibt es nicht mehr.
 
Allerdings dürften rund 1,5 Millionen Menschen auch sparen. So muss pro Wohngemeinschaft nur noch einmal gezahlt werden, egal wie viele WG-Genossen unter einem Dach leben; ähnlich ist es bei Menschen mit eigenem Einkommen, die noch bei den Eltern wohnen: Zahlen die Eltern die Gebühr, hören und schauen die Kinder ohne Abgabe. Für Behinderte gibt es eine Sozialklausel, bei Hotels und anderen Betrieben wird der Beitrag gestaffelt.
 
Grundlage des Modells ist ein Gutachten des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof für ARD und ZDF. Allein die Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, mache die Abgabe zur Pflicht, schrieb Kirchhof. Im 15. Rundfunkstaatsvertrag legten die Länder den neuen Bezahlmodus fest. Ohne eine Reform, sagt Martin Stadelmaier (SPD), scheidender Chef der Mainzer Staatskanzlei und führender Medienpolitiker, würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk bis 2020 wegen der demografischen Entwicklung etwa eine Milliarde an Einnahmen verlieren.
 
„Ob es bei den 17,98 Euro im Monat bleibt, ist noch unklar“, sagt der Medienwissenschaftler Joachim Trebbe (Freie Universität Berlin). Das werde davon abhängen, ob mit dem neuen Modell die Einkünfte der öffentlich-rechtlichen Sender von zur Zeit rund 7,5 Milliarden Euro im Jahr auf diesem Niveau gehalten werden. Erst wenn feststeht, wieviel die neue Gebühr in die Kassen von ARD und ZDF spült, will die Finanzkommission der Sender (KEF) über eine Anpassung entscheiden.
 
Die Reform hat nicht nur Freunde. Bei den Landtagen gingen hunderte Beschwerden ein. Der Passauer Jurist Ermano Geuer klagt vor dem Bayerischen Verfassungsgericht gegen die Gebühr. Jeder müsse den Beitrag zahlen, egal ob er die Leistung in Anspruch nimmt oder nicht, kritisiert Geuer.
 
Digitalkanäle, Mediatheken, Internet – tatsächlich haben ARD und ZDF in den vergangenen Jahren deutlich auf Expansionskurs gesetzt. Die Sender argumentieren unter anderem, wenn sie die jüngere Generation erreichen wollten, müssten sie vor allem online präsent sein. Ohnehin laufe die technische Entwicklung auf die Verschmelzung der Empfangsgeräte hin.
 
Nicht alle sind von den Argumenten überzeugt – die Presseverleger etwa. Für sie ist die kostenlose „Tagesschau“-App eine aus Gebühren finanzierte Internet-Zeitung und damit unlautere Konkurrenz. Die Privatsender reiben sich an den Ausgaben für Bundesligarechte und andere Sportevents aus dem Milliarden-Topf der Gebühren.
 
„Die Nimmersatten“ heißt eine jetzt erschienene Polemik des „Handelsblatt“-Journalisten Hans-Peter Siebenhaar gegen das „Gebührenfernsehen“. Siebenhaar plädiert für eine freiwillige Rundfunkgebühr. Durch mangelnde Qualität, Skandale und Vetternwirtschaft habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk an Rückhalt in der Gesellschaft verloren.
 
Für den Medienwissenschaftler Trebbe werden mit der Gebührenreform die Angebote von ARD und ZDF stärker in die Diskussion geraten. Die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen sei zwar in einem halben Dutzend von Urteilen zementiert. „Aber dadurch, dass die neue Bereitstellungsgebühr in die Nähe einer steuerähnlichen Finanzierung rückt, die sehr umstritten ist, werden sich Zuhörer und Zuschauer fragen, was sie tatsächlich aus dem ganzen Angebot nutzen.“[Esteban Engel]

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356 Kommentare im Forum

  1. AW: Adieu! GEZ: ARD und ZDF kassieren ab Dienstag für jede Wohnung Für diejenigen, die wirklich NIE die ÖR über TV oder Radio konsumieren, also etwa 0.1% der Bevölkerung tut es mir leid. Für die ganzen Schmarotzer die sich auf den ÖR Filme, Shows, Fußball etc. anschauen ohne dafür zu zahlen freut es mich! Ich zahle gerne
  2. AW: Adieu! GEZ: ARD und ZDF kassieren ab Dienstag für jede Wohnung freut ihr euch darüber? das kann nicht euer ernst sein die Leute haben ein Recht sauer über diese absolut veraltete Art der Geldmache zu sein. Leute sollen nur für das Zahlen, was sie auch nutzen wollen. Was würdet ihr sagen, wenn Sky plötzlich jeden Bürger zwingen würde ein Sky Paket zu buchen? Würdet ihr das auch noch gut finden? das ist doch gerade ein Witz hier es geht mir nicht darum, dass die ÖR weg sollen, es soll nur endlich dieser Mist weg, dass man gezwungen wird zu zahlen, ob man will oder nicht.
  3. AW: Adieu! GEZ: ARD und ZDF kassieren ab Dienstag für jede Wohnung Das Recht hast Du bei den Privaten ja auch nicht, da zahlst Du es eben nur an der Kaufhallenkasse. Das alle zahlen müssen ist im Grunde gerecht (ausser bei den Schwerbeschädigten, also Blinden und tauben). Eine Abgabe wie ein Pay-TV Abo gibt es zum Glück nicht für die Sender und wird es auch niemals geben.
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