Altkanzler Kohl rührt Trauergäste von Leo Kirch

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Für Altkanzler Helmut Kohl war es eine Herzensangelegenheit. In einer emotionalen Ansprache würdigte er seinen alten Freund Leo Kirch bei der Trauerfeier in München und musste dabei mit den Tränen kämpfen.

Altkanzler Helmut Kohl (CDU) ringt um Fassung. Im schwarzen Anzug sitzt er im Rollstuhl und spricht vor der Trauergesellschaft in der Münchner Kirche St. Michael über seinen Freund Leo Kirch, über Schmerz, Abschied und Trauer. „Wir haben hier alle viel Gutes von Leo erfahren“, sagt Kohl, der eng mit dem Medienunternehmer befreundet war und ihn zum Trauzeugen seiner zweiten Hochzeit 2008 gemacht hatte. Immer wieder versagt dem einst mächtigen Staatsmann Kohl die Stimme.
 
Viele Sätze bereiten ihm Mühe und sind kaum verständlich. Aber diese Rede ist eine Herzensangelegenheit für Kohl. „Ich bin vor allem hier, um Danke zu sagen für ein erfülltes Leben“, sagt er mit tränenerstickter Stimme. Viele Gäste der Trauerfeier zeigten sich gerührt von dem Auftritt Kohls.
 
Mehrere hundert Menschen kamen an dem verregneten Freitagmorgen in die Kirche, um Abschied von Kirch zu nehmen, der in der vergangenen Woche im Alter von 84 Jahren gestorben ist: Viele Politiker der CSU, zu der Kirch stets gute Kontakte hatte – darunter Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, TV-Stars wie Harald Schmidt und Medienmanager wie Hubert Burda oder „Focus“-Herausgeber Helmut Markwort.
 
Dabei wollte sich Kirch zu Lebzeiten nie groß feiern lassen. Obwohl er Jahrzehnte lang einer der einflussreichsten Medienmanager Deutschlands war und in seinen besten Zeiten Milliardär, war ihm der große Auftritt mit Glanz und Glamour fremd. Lange Zeit gab es nicht einmal Fotos von dem Unternehmer, was ihm den Ruf als graue Eminenz der Medienbranche einbrachte. Wegen des rasanten Wachstums seines Konzerns in den 1980er Jahren galt er bei seinen Gegnern als unersättlich und gewieft, als machtbesessener Medienmogul.

Seine Familie und Freunde zeichneten aber immer ein ganz anderes Bild von Kirch. Kirch sei intelligent, charmant und witzig gewesen, habe sich für seine Mitmenschen interessiert und für seine Mitarbeiter eingesetzt. „Leo Kirch hatte ein hohes Maß an Herzlichkeit“, sagte Seehofer. Kohl warnte in seiner Ansprache vor schlechtem Gerede. Dies sei ja so in Deutschland, wenn ein großer Mann dahingehe. „Dieser Mann hat unendlich viel Gutes getan“, sagte Kohl mit zittriger Stimme.
 
Schon im Alter von 29 Jahren hatte Kirch, Sohn eines fränkischen Winzers, seinen Geschäftssinn bewiesen, als er sich mit geliehenem Geld in Italien die Rechte an dem Filmklassiker „La Strada“ sicherte. „Das war sein Film. Er hat diesen Film gesehen, er hat ihn gekauft, er war darauf immer stolz“, sagte Pater Hermann Breulmann, der dem gläubigen Katholiken Kirch schon vor einem Jahr versprochen hatte, einmal die Traueransprache für ihn zu halten.
 
In den Jahren darauf wurde Kirch zu einem der wichtigsten Zulieferer der Filmbranche in Europa. Ihm gehörten die größte Spielfilm-Sammlung mit weit über 10 000 Titeln sowie rund 40 000 Stunden Serien und die Fernsehsender ProSieben, Sat.1, N24 und DSF. Letztlich wurde ihm sein Traum vom Bezahlfernsehen aber zum Verhängnis: 2002 musste die Kirch-Gruppe mit rund 10 000 Beschäftigten unter einer milliardenschweren Schuldenlast Insolvenz anmelden. Kirch verabschiedete sich damals in einem Brief von seinen Mitarbeitern und wünschte ihnen „Gottes Segen“.
 
Seine Energie steckte er in den Jahren danach vor allem in einen erbitterten Rechtsstreit mit der Deutschen Bank, deren früheren Chef Rolf Breuer er für die Pleite verantwortlich machte. Wenige Monate vor seinem Tod begegneten sich die Männer erstmals vor Gericht – Kirch wirkte dabei fast vergnügt, obwohl er nach jahrelanger Krankheit infolge von Diabetes schon sichtlich geschwächt war und im Rollstuhl saß. Auch ein Foto von Kirch in der Kirche zeigt ihn so, wie ihn seine Angehörigen gerne in Erinnerung behalten – mit einem fröhlichen Lachen.
 
Nach der Trauerfeier versammelten sich die Gäste in der Münchner Residenz – dort, wo Kirch zu seinem 70. Geburtstag eines der wenigen großen Feste in seinem Leben gefeiert hat. Auch damals hatte er seine Gäste darum gebeten, auf große Worte und ausführliche Würdigungen zu verzichten und dies auch gleich als Motto auf den Einladungskarten ausgegeben. „Im Himmel wird musiziert – dort wird nicht geredet.“[Daniela Wiegmann]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

56 Kommentare im Forum

  1. AW: Altkanzler Kohl rührt Trauergäste von Leo Kirch Also, das würde ich ja wohl auch erwarten, wenn ich einem vorher jahrzehntelang die Kohle zugesteckt habe...ne ordentliche Trauerrede.
  2. AW: Altkanzler Kohl rührt Trauergäste von Leo Kirch Birne hat Kirch wirklich viel zu verdanken. Stichwort: Medienmacht. Jetzt kommen mir auch gleich die Tränen.
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