„American Sniper“: Packender Kriegsfilm oder plattes Heldenepos?

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Mit „American Sniper“ bringt Clint Eastwood einen neuen Kriegsfilm in die Kinos, in dem ein Elite-Scharfschützen zwischen Pflicht, Familie und permanentem Krieg zu zerreißen scheint. Sechs Oscar-Nominierungen heimste der Streifen ein – aber auch jede Menge Kritik.

Als Scharfschütze ist Chris Kyle zur Legende geworden. Seine enorme Treffsicherheit brachte dem US-Soldaten der Navy-Seals-Eliteeinheit diesen Beinamen ein. Ohne Zweifel, mit mindestens 160 tödlichen Schüssen auf Feinde aus dem Hinterhalt – bei vier Einsätzen im Irak – ist er ein hochdekorierter Soldat. Er gilt als der tödlichste Sniper in der US-Militärgeschichte. Doch ist Kyle damit auch ein Held? Und ist „American Sniper“ eine verklärende Hommage an den Mann, der 2013 im Alter von 38 Jahren an einem Schießstand in seinem Heimatstaat Texas von einem jungen, traumatisierten Veteranen niedergestreckt wurde?
 
Clint Eastwoods 34. Regiewerk wird gepriesen, aber auch als patriotisches Heldenepos kritisiert. An den Kinokassen sahnt „American Sniper“ enorm ab. Auch die Oscar-Akademie bedachte das Kriegsdrama mit satten sechs Nominierungen, darunter als bester Film, für das Drehbuch und für Hauptdarsteller Bradley Cooper.

Eastwood wurde zwar als Regisseur übergangen, doch der 84-Jährige kann sich mit dem besten Verdienst seiner Karriere trösten. Mehr als 300 Millionen Dollar spielte der für knapp 60 Millionen Dollar produzierte Film in den USA in wenigen Wochen ein. Damit übertraf er weit den bisher erfolgreichsten US-Kriegsfilm, Steven Spielbergs „Der Soldat James Ryan“.
 
„American Sniper“ macht reichlich Schlagzeilen. Der mutmaßliche Todesschütze steht derzeit in Texas vor Gericht. Aus dem liberalen Lager hagelt es Kritik an dem Film. Regisseur Michael Moore heizte die Debatte mit der Bemerkung an, dass die meisten Amerikaner wohl nicht glauben, dass Scharfschützen Helden seien. Kyle sei ein Mann gewesenen, der die Iraker als Barbaren bezeichnete.
 

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Clint Eastwood verwies unlängst auf die Antikriegs-Botschaft des Films, denn er zeige die Auswirkungen von Kyles Kriegseinsatz auf dessen Familie und seine Probleme bei der Rückkehr nach Hause. Er und Cooper hätten großen Wert darauf gelegt, Kyles Witwe Tayla (von Sienna Miller gespielt) in Texas zu treffen, sagte Eastwood bei einem Empfang des US-Produzentenverbands. Der vierfache Oscar-Preisträger drehte zuvor Kriegsdramen wie „Letters From Iwo Jima“ und „Flags of our Fathers“ in denen er die Geschehnisse der Schlacht von Iwo Jima aus amerikanischer und japanischer Sicht schilderte. Das kam kritischer und weniger heroisch rüber.
 
In „American Sniper“ geht es zwischen Kyles Einsätzen im Irak und seinem Familienleben hin und her. Meistens hat der Scharfschütze den Finger am Abzug und feindliche Soldaten, aber auch Kinder und Frauen, die Granaten werfen, im Visier. In Sekunden trifft er die Entscheidung zu töten, um die eigenen Truppen zu beschützen. Um ihn herum mag es laut explodieren, doch meist geht der Sniper ruhig und kalkuliert zur Sache – das wirkt oft heldenhaft. Dass hinter dieser Fassade vielleicht Angst oder Schuldgefühle stecken, kommt selten zum Vorschein. Auch zurück in Texas wirkt Kyle meist stoisch, posttraumatische Belastungsstörungen lässt der dekorierte Soldat nur schwer zu.
 
Cooper spielt die Rolle des wortkargen, unbeirrbaren Titelhelden perfekt. Von Navy-Seal-Experten lernte er Schießen, er trainierte sich dicke Muskelpakete an. Doch mehr noch, Cooper war auf Kyles Story aufmerksam geworden, beschaffte sich die Drehrechte an dessen Autobiografie und produzierte den Film auch mit. Die Rolle habe sein Leben total verändert, sagte Cooper bei einem Empfang für die Oscar-Anwärter. Nach „Silver Linings“ und „American Hustle“ holte der 40-Jährige damit seine dritte Oscar-Nominierung in Folge.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fm]

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