Arte zeigt heute Sönke Wortmanns Hommage ans Ruhrgebiet

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Stefan lebt längst in München. Das Ruhrgebiet ist für ihn Vergangenheit. Und mit der möchte er möglichst wenig zu tun haben. Aber so einfach wird man die eigene Geschichte nicht los.

Stefan hat nicht vor, lange zu bleiben. Er will nur für ein paar Tage in die alte Heimat fahren, als sein Vater stirbt. Und so reist der Schauspieler von München nach Bochum, besucht die Familie, trifft Kumpel aus Schulzeiten und will schnell wieder weg. Doch dann taucht seine Jugendliebe Charlie auf und bringt seine Zukunftspläne ziemlich durcheinander. „Sommerfest“ heißt der Film in der Regie von Sönke Wortmann, nach dem Roman von Frank Goosen, eine Hommage an ihre gemeinsame Heimat, das Ruhrgebiet.
 
Leicht schräg, liebenswert, nostalgisch und mit vielen trockenen Ruhrpottsprüchen und Klischees, die manchmal etwas dick aufgetragen sind. Ins Kino ist Wortmanns Film 2017 gekommen, nun zeigt sie der deutsch-französische Kultursender Arte am heutigen Freitag um 20.15 Uhr.
 
Fußball, Bier und Currywurst – des Ruhrgebietlers Paradies. Dazu markige Sprüche und die Fähigkeit, die Härten des Lebens mit Humor zu nehmen, ganz nach dem Motto „Woanders ist auch scheiße“, wie Stefans Kumpel Toto (Nicholas Bodeux) feststellt. Vor allem in München, wo der Schauspieler inzwischen lebt. „Wenn ich die nur reden höre, fang ich schon am kotzen“, erklärt Diggo (Markus John). Dass Stefan dort Schauspieler am Theater ist, interessiert hier nur mäßig. „Muss man dich kennen?“, so die stete Frage.

Kein Wunder, dass er so schnell wie möglich nach Bayern zurück und das Häuschen seines Vaters in der Arbeitersiedlung verkaufen will. Nur mit dem Widerstand seiner Freunde hat er nicht gerechnet: „Du hast hier gesoffen, gewichst und gevögelt – das ist ein Denkmal deines Lebens.“
 
Wortmann („Frau Müller muss weg“) erzählt diese Geschichte vom Wiederankommen in der Heimat und einer alten Jugendliebe mit viel Wärme und großer Beobachtungsgabe. Eine leise Wehmut durchzieht den Film, vor allem wenn Stefan (Lucas Gregorowicz – „Lammbock“) im Haus seiner Kindheit die letzten Spuren seines Vaters betrachtet: Ein umgekippter Stuhl, eine Brille, ein Teller mit Essen. Und auf dem Kopfkissen im Bett noch eine Kuhle.
 
Da tut die Herzlichkeit seiner Freunde wohl, von denen er sich durch seinen Beruf und seinen Umzug nach München entfremdet hat. Ebenso wie von Charlie (Anne Bederke – „Frau Ella“), von der alle lange Zeit nur reden: „Hast du Charlie schon angerufen?“. Als sie dann tatsächlich auftaucht, verändert sich etwas in Stefan, und er merkt, wie mächtig Erinnerungen sein können und dass man seine Vergangenheit doch nicht so einfach hinter sich lassen kann.
 
Seine Erkenntnis: „Woanders weiß man selber, wer man ist, hier wissen es die Anderen. Das ist Heimat“. Heimat, das ist das Ruhrgebiet, nicht nur für Stefan, sondern auch für den Romanautor Goosen und für Wortmann. Der Filmemacher wuchs in Marl auf und ging nach München, um dort an der Filmhochschule zu studieren. Hauptdarsteller Gregorowicz verbrachte seine Jugend sogar in Bochum, wo der Film spielt. Gängige Ruhrpott-Klischees wollte Wortmann vermeiden – etwa „die putzigen Leute, die Pommes rot-weiß essen“. Um manches andere kam er nicht herum: „Der Dialekt, die Herzlichkeit, auch diese permanenten Beleidigungen, die ja eigentlich nett gemeint sind“. [Cordula Dieckmann]

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