„Ben Hur“: Hochglanz-Remake eines Klassikers

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Der „Sandalenfilm“ stirbt nicht aus. Nun wird mit „Ben Hur“ ein Urvater des Genres in moderne Kleider gesteckt, die dem Klassiker jedoch nicht gerecht werden und an den US-Kassen bereits für einen veritablen Flop gesorgt haben.

Opulenz dürfte das wichtigste Attribut von jeglichen Sandalenfilmen sein. Bombastisch die Bilder, die Filmlängen, oft die Budgets – vor allem aber die Omnipräsenz muskelbepackter, nackter Männeroberkörper, zur Schau getragener Stärke, die Brutalität der Kämpfe und nicht zuletzt die Schönheit der Frauen. Alles ist möglich in diesen Filmen und historische Genauigkeit, denn in der Regel liegen ihnen biblische oder historische Geschichten zugrunde, eher zweitrangig.
 
Die 50er- und 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts dürfen etwa mit „Ben Hur“, „Spartacus“ und „Cleopatra“ als Blütezeit des Genres bezeichnet werden. Anfang dieses Jahrhunderts erlebte es dann unter anderem mit „Gladiator“ und „Troja“ eine Renaissance, die bis heute nicht abgeklungen ist.

Nun also ein Remake von „Ben Hur“, jener Geschichte zweier rivalisierender Männer zu Lebzeiten Jesu. Auf der einen Seite der edle Prinz Judah Ben Hur (Jack Huston), Sohn einer angesehenen jüdischen Adelsfamilie, auf der anderen Seite der Adoptivsohn der Familie und bester Freund Judahs, Messala (Toby Kebbell), der einst Judah das Leben rettete.
 
Doch der aufgenommene Waise fühlt sich zunehmend von der Familie ausgeschlossen, wendet sich ab („Ich bin ein einsamer Waise“, „Wir sind keine Familie.“) und geht nach Rom, wo er in Cesärs Heer Karriere macht. Jahre später kehrt er als Befehlshaber zu Judah und dessen Familie nach Jerusalem zurück. Nach einer Intrige wird Judahs Familie getötet oder verschleppt, Judah selbst kommt auf eine Galeere.
 
Vorbei sind die Zeiten des opulenten Lebens im Palast. Die Bilder aufwendig geflochtener Haarfrisuren, edlen Schmuckes, saftiger Granatäpfel und bunter Stoffe weichen jenen des verdreckten, muskulösen, langhaarigen und bärtigen Judah auf dem Sklavenschiff, des unmenschlichen Alltags, angekettet, gepeinigt, hart arbeitend. Schön sieht der Protagonist da immer noch aus – auch nachdem das Schiff nach einer Attacke der Griechen kentert, er sich aus den Ketten befreit und für unbestimmte Zeit auf dem Meer treibt, bis er doch irgendwo angespült wird. Dieser Ben Hur ist ein Mann der 21. Jahrhunderts, von Hestons animalischer Männlichkeit keine Spur.
 
Der gottähnliche, wohlhabende Ilderim (Morgan Freeman mit grau melierten Dreadlocks und gewohnt sonorer Stimme) und seine Gefolgschaft nehmen den Gestrandeten auf. „Du verdankst mir dein Leben. Ich erwarte, dass du mir das zurückzahlst“, sagt er zu Judah. Später wird er beim finalen Wagenrennen zwischen Messala und Judah auf seinen Schützling setzen – und gewinnen. Davor betätigt sich Judah als eine Art Pferdeflüsterer für die Herde Ilderims.
 

Zwischendurch trifft er in Jerusalem seine Jugendliebe und spätere Ehefrau Esther (Nazanin Boniadi), spürt seine an Lepra erkrankte Mutter und Schwester auf, die wie durch ein Wunder geheilt werden. Und Jesus (Rodrigo Santoro) taucht auch immer mal wieder in seinem Leben auf.
 
Action-Spezialist Timur Bekmambetov („Wanted“, „Abraham Lincoln Vampirjäger“) führt in diesem Schinken nach dem Roman von Lew Wallace aus dem Jahr 1880 alle technischen Register, die Hollywood derzeit zu bieten hat. Die Schlachten und Kämpfe scheinen endlos und äußerst brutal, die Gesichter und Körper, die Kostüme und Kulissen bis zur Unkenntlichkeit digitalisiert und auf Hochglanz poliert. Dass Gefühle Charaktere formen und nuancieren, Beziehungen prägen, geht dabei unter. Dafür lässt er unmissverständliche Bilder sprechen: Am Ende liefern sich die einstigen Brüder im Geiste (und Herzen) das Rennen ihres Lebens. Judah auf einem Schimmel, Messala auf einem schwarzen Pferd.
 
Seinem Vorgänger aus dem Jahr 1959 in der Regie von William Wyler und mit Charlton Heston dürfte der russische Filmemacher damit keine Konkurrenz machen. Der gewann 1960 immerhin elf Oscars und hält so zusammen mit „Titanic“ und „Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“ den Rekord der meisten Oscarauszeichnungen. Am ersten Wochenende nach US-Start floppte das bombastische, neue Spektakel dann auch. Denn selbst wenn man meinen könnte: „Sandalenfilme gehen immer“, Bekmambetov wird dem Genre nicht gerecht.Kinokritiken im Überblick
[Britta Schmeis/buhl]

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22 Kommentare im Forum

  1. 11,2 Mio. Einnahmen am ersten Wochenende bei 100 Mio. Kosten. Zum Vergleich: "Jason Bourne" kam bei ähnlichem Budget auf knapp 68 Mio. am ersten Wochenende.
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