Bilanz der TV-Saison 2011/2012: Mehr Verlierer als Gewinner

4
37
Bild: Destina - Fotolia.com
Bild: Destina - Fotolia.com

Auch in der aktuellen Fernsehsaison, die im Mai zu Ende geht, haben sich die TV-Sender wieder Großes vorgenommen. Die Bilanz zeigt aber einen anderen Trend: eine Vielzahl von Formaten mussten herbe Niederlagen hinnehmen, Erfolgsgeschichten wurden nur in wenigen Einzelfällen geschrieben.

Im vergangenen Sommer steckte sich die ARD noch das hohe Ziel, Vorjahressieger RTL vom Thron des Marktführers zu stoßen und sich selbst das Krönchen aufzusetzen. Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Kai Pflaume sollten dem öffentlich-rechtlichen Sender ordentlich Auftrieb geben. Die Rechnung ging nur nicht auf. Letztlich muss sich die ARD wohl mit Platz drei zufrieden geben. Wenn am 8. Juni die Fußball-EM startet, nimmt die TV-Saison 2011/2012 ihr Ende und derzeit führt RTL mit 13,4 Prozent Marktanteil vor dem ZDF (12,3 Prozent) und der ARD (12,1 Prozent).

Denn der Marktführer ist und bleibt derzeit trotz ebenfalls nicht herausragender Leistungen – um in der Sportsprache zu bleiben – Titelverteidiger RTL. Die ARD hat vor allem mit ihren neuen Schwerpunkten keine Akzente setzen können: „Gottschalk Live“ wird nach enttäuschender Quote zum 7. Juni beendet, die Krimis in der neu geschaffenen Reihe „Heiter bis tödlich“ bleiben unter den Erwartungen, von Kai Pflaumes Spielchen „Drei bei Kai“ ist kaum noch die Rede. Die Suche „Unser Star für Baku“ muss sogar als Quotenflop verbucht werden.Rückschläge für Sat.1 – selbst das RTL-„Dschungelcamp“ schwächelt

 
Die Talks am späten Abend haben den Gesamtmarktanteil auch nicht gestärkt. Günther Jauch hat am späten Sonntagabend als Nachfolger von Anne Will, die auf den Mittwoch abwandern musste, zwar rund eine halbe Million Zuschauer mehr geholt als die Vorgängerin, doch immer noch schalten rund die Hälfte aller „Tatort“-Zuschauer ab, wenn „Günther Jauch“ startet. Der größte Verlierer in der Woche ist Reinhold Beckmann, der nach seiner Verlegung auf Donnerstagabend nur auf etwas mehr als sieben Prozent Marktanteil kommt.
 
Auch Marktführer RTL hat seine Schwachstellen. Der Casting-Dauerbrenner „Deutschland sucht den Superstar“ brachte es in den vergangenen Ausgaben nur auf vier bis fünf Millionen Zuschauer, schon „Das Supertalent“ schwächelte zum Finale, auch die – allerdings auf hohem Niveau erfolgreiche – Dschungelshow „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ konnte nicht an den Vorjahreserfolg anknüpfen. Dagegen reüssierte der Kölner Privatsender überraschend mit der Kuppelreihe „Der Bachelor“, die zeitnah fortgesetzt werden soll.
 
Rückschläge prägten Sat.1: Lästermaul Harald Schmidt, eh schon durch seinen speziellen Humor auf ein bestimmtes Publikumssegment ausgerichtet, hatte noch nie so wenige Zuschauer und beendet nächste Woche sein Sat.1-Comeback nach nur acht Monaten. Linda de Mols Rückkehr ins deutsche Fernsehen darf als Desaster bezeichnet werden. In drei Ausgaben der Spielshow „The Winner is…“ kam sie nur auf knapp 1,7 Millionen Zuschauer. So wenige hatte die 48-Jährige nie mit einer Show. Mit der Castingreihe „The Voice Of Germany“ konnte Sat.1 jedoch Punkte sammeln. Vom Bildschirm verschwunden ist mittlerweile dagegen Hugo Egon Balders Ratespielchen „Genial daneben“.Casting-Shows als Verlierer der Saison – RTL2 mit Überraschungshit

 
Ob dem ZDF durch Thomas Gottschalks Abtritt vom Showklassiker „Wetten, dass..?“ ein Schaden entsteht, wird erst der Herbst zeigen, wenn Markus Lanz die Sendung übernimmt. Acht Millionen Zuschauer wurden Lanz vom neuen Intendanten Thomas Bellut als Messlatte vorgegeben. Ersatz für „Wetten, dass..?“ wird im Ernstfall kaum zu finden sein. Testballons wie Jörg Pilawas „Super Champion 2012“ fliegen längst nicht so hoch wie „Wetten, dass..?“. Abschied nehmen heißt es jetzt vorerst auch von Johannes B. Kerner, der mit dem Ende der Champions-League-Übertragungen bei Sat.1 nichts mehr zu tun hatSein wöchentliches Magazin wurde bereits im Dezember 2011 beendet.
 
Die Castingformate gehörten zu den großen Verlierern der Saison. Vox hatte mit dem zweiten Durchlauf der Musikshow „X Factor“ kein Glück, ebenso wenig wie mit der Reihe „Das perfekte Model“, ein Abklatsch von Heidi Klums ProSieben-Show „Germany’s next Topmodel“, deren siebte Staffel ebenfalls kein berauschender Erfolg ist
 
Und des einen Freud ist des anderen Leid: RTL2 verbuchte mit der neuen Vorabend-Reihe „Berlin – Tag & Nacht“ steigende Resonanz, ob im TV oder auf Facebook. Für den Vorgänger auf dem Programmplatz, den zehn Jahre lang laufenden Platzhirsch „Big Brother“, bedeutet der Siegeszug der Improvisations-Soap über das Hauptstadtleben das fast sichere Aus. [Carsten Rave/fm]

Bildquelle:

  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com

4 Kommentare im Forum

  1. AW: Bilanz der TV-Saison 2011/2012: Mehr Verlierer als Gewinner "Auch in der aktuellen Fernsehsaison, die im Mai zu Ende geht, haben sich die TV-Sender wieder Großes vorgenommen." Und jedes Mal erfahren wir, dass das Programm beim nächsten Mal besser und besser und besser werden wird. Und ist die Saison dann vorbei, fragen wir uns, was eigentlich anders als in der Saison zuvor war. Genau! Nichts! Was ich hierzulande vermisse, sind die guten TV-Sender von drüben wie Cinemax, HBO oder Starz. Nun ja, glücklicherweise kann ich die Sendungen drüben aufnehmen und mir hier herüberspielen, wenn das Programmangebot mal wieder "suboptimal" ist...
  2. AW: Bilanz der TV-Saison 2011/2012: Mehr Verlierer als Gewinner Wundert mich überhaupt nicht wie alle Sender ächzen. Schuld ist die Versteifung auf die Quote. Kaum stimmt sie nicht oder schwankt geringfügig schrillen bei den Sender querbeet die Alarmglocken. Und paranoid wie sie sind überhasten sie gleich alles in ihrem Tun und schmeißen gleich die komplette Programmplanung und -Struktur über den Haufen. Mich als Zuschauer wundert es jedenfalls nicht dass so viele Zuschauer der Unmut packt keine verlässliche Kontinuität vom TV zu erwarten. Die Quote wird total überbewertet und bricht den Sendern irgendwann das Genick. Quote für eine Messung ist in Ordnung, aber paranoid und übereilt zu handeln tut den Sendern nicht gut wie es die Quoten zeigen. Etwas Fluktuation müssen die Sender den Zuschauern auch einräumen, schließlich besteht das Leben auch aus mehr als nur aus "glotzen". Mir soll das so Jacke wie Hose sein. Es ist das hausgemachte Problem der Sender selbst - nur ihr Gejammer wegen der Quote und ihr überhastetes Handeln hilft ihnen auch nicht weiter. Schlüsselwort: Kontinuität
  3. AW: Bilanz der TV-Saison 2011/2012: Mehr Verlierer als Gewinner Es ist für mich nahezu einleuchtend, dass es nahezu nur Verlierer gibt, wie im Artikel beschrieben. Die Pionierjahre sind vorbei, wo neue Profile und Sendungen im Fernsehen kreiert wurden, die nicht aus den USA stammen. Bei den USA Formaten geht es meist darum, möglichst wenig das Hirn in Anspruch zu nehmen. Die MTV Shows sind das beste Beispiel für diese These. Warum hatte damals das ZDF mit "Wetten dass...?" von und mit Frank Elstner oder "Ein Tag wie kein Anderer" von RTL plus so einen Erfolg? Es waren Eigenkreationen und sie wirkten damals nicht wie heute von der Stange produziert. Das heutige Problem bei den Sendern liegt m.E. darin, niemand traut sich was neues und kupfert eine Sendung von der anderen ab, bzw. sie wird in immer neuen Staffeln neu aufgewärmt. Wie das beim Kopieren nun einmal ist, wird jede Kopie der Kopie immer schlechter und den Zuschauer nerven die unzähligen Klone der Castingshows, Kochshows, Talkshows, und und und... Somit schalten immer weniger Zuschauer diese Sendung ein und die Quote sinkt ins Bodenlose.
Alle Kommentare 4 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum