Blu-ray der Woche: „Days And Nights“ – Stargespicktes Regiedebüt

0
22
Bild: © Auerbach Verlag
Bild: © Auerbach Verlag
Christian Camargo hätte es nicht weiter treiben können in seinem stargespickten Regie- und Filmautoren-Debüt, in dem er seinem eigenen Auftritt frönt und seine Schauspieler-Frau, Juliet Rylance, scheinbar von neuem lieben lernt, während er das Geschehen völlig passiv beobachtet! Das Melodram „Days And Nights“ ist unsere Blu-ray der Woche.

Was soll man von einem Film halten, in dem einfach jeder unglücklich, frustriert und gelangweilt ist und der Regisseur und Drehbuchschreiber offensichtlich Versatzstücke der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zitieren lässt, um Hip zu wirken?
 
Um es vorweg zu nehmen „Days And Nights“ ist alles andere als leichte Kost und verlangt so einiges vom Zuschauer ab. Vor allem Geduld. Er ist vollgestopft mit bekannten Hollywood- und Filmgrößen, die allesamt großartig spielen würden, wenn aus ihrem Mund auch nur ein logisches Wort kommen oder ihr Gesicht auch nur eine einzige nachvollziehbare Emotion zeigen würde.
 
Aber nein, auf solch simple Sperenzchen lässt sich dieses Erstlingswerk des Nachwuchsregisseurs, Drehbuchschreibers und Produzenten Christian Camargo gar nicht erst ein. Alles muss eine Komplexität besitzen, die jenseits von Gut und Böse ist. Jeder der Anwesenden eines Familientreffens ist unglaublich kompliziert, nervlich krank oder einfach nur extrem empfindlich – weshalb es am Essenstisch wie in einem Irrenhaus zugeht. Inspiriert von Anton Tschechows Bühnenstück „Die Möwe“ trifft sich eine Familie in einem Ferienhaus und wird mit ihren tiefgreifendsten Problemen konfrontiert.

Wie oben erwähnt spielt Regisseur Camargo einen bekannten Regisseur namens Peter, der mit der wohlhabenden und wesentlich älteren Elizabeth (Allison Janney) eine Vernunft-Ehe eingegangen ist. Sie nimmt ihn erstmals mit zu einem Familientreffen, wobei die erste familiäre Begegnung dem schwachsinnigen Johan (Michael Nyqvist) vergönnt ist.
 
Dieser gibt nur unverständliches Zeug von sich, wirft die Koffer nonchalant auf die Transportfläche des Wagens und deutet mit der im Auto hängenden Schusswaffe bereits das Drama an, um das es letztendlich gehen wird. „Auf diesem Gelände wird nicht herumgeballert!“ ist der Leitspruch der Familie, die dennoch gelegentlich mit der Schrotflinte und dem Betäubungs-Gewehr hantieren, als wären es Küchenutensilien. Das trichtert jedenfalls der von allen missachtete Ornithologe Stephen (Mark Rylance) den Angehörigen ein, um sein derzeitiges Projekt, eine Weißkopfadler-Familie zu schützen.
 
Seine jüngere Frau Alex (Katie Holmes) ist die Tochter der naiven Haushälterin Mary (Cherry Jones) und Johans, die komplett von ihrem Leben als frisch gebackene Mutter gelangweilt ist und nichts lieber tut, als ihren Mann kleiner zu machen, als er ist. Elizabeths älterer Bruder Herb (William Hurt) scheint unter anderem an Demenz zu leiden und benimmt sich gerne mal wie ein Kind. Sein Arzt Louis (Jean Reno) ist sich stets unsicher, wie er seinen Patienten behandeln soll und leidet daher unter Minderwertigkeitskomplexen. Wesentlich verständnisvoller ist da schon der mysteriöse Big Jim (Russel Means), der Haushälter indianischer Herkunft.

 



Zu guter letzt wäre da noch Elizabeths künstlerisch veranlagter Sohn aus erster Ehe, Eric (Ben Wishaw), dessen hauptsächliches Interesse seiner Muse Eva (Camargos Frau Juliet Rylance) gilt. Diese hat es allerdings auf Peter abgesehen, da sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund auf Regisseure steht und natürlich liebend gern als Schauspielerin entdeckt werden möchte. So viel zur Aufstellung des Dramas.
 
Nun zum Inhalt: Aufgrund der Unzufriedenheit aller sucht jeder nach einem neuen Lebensziel. Insbesondere Eric macht es zu schaffen, dass ihn Eva verschmäht, während sie Peter nur so umschwärmt. Während eines von Eric und ihr vorbereiteten Theaterstücks im Wald, lässt Elizabeth keine Sekunde verstreichen, ohne die Luft mit Kritik zu verpesten. Die Vorstellung eskaliert in einem aus künstlerischer Sicht Desaster, weshalb sich Eva und Peter allein auf die nächtliche Suche nach dem entflohenen Eric machen und sich dabei scheinbar näher kommen.
 
Eric wiederum sagt seinem reiferen und attraktiveren Konkurrenten den Kampf an und hantiert immer häufiger mit der Flinte, während er in einer Flecktarn-Kluft steckt. Auch Elizabeth ist eifersüchtig. Einzig Alex scheint langsam aber sicher den Respekt vor ihrem Mann wiederzugewinnen, als sie beginnt, sich für Vogelkunde zu interessieren. Und dann fällt ein Schuss, dessen Opfer ein Weißkopf-Adler ist. Doch das ist nur ein Familientreffen unter vielen.Im Laufe der Jahre

Irrationalität und die Verweigerung einer Identifikationsfigur (Peter ist einfach zu schweigsam und passiv, um sich in ihn hineinversetzen zu können) verhindern leider, dass sich der Zuschauer wohlfühlen darf.
 
Die Besetzung ist so großartig und talentiert, dass es wie Verschwendung wirkt, wenn beispielsweise Jean Reno zu einem dermaßen unscheinbaren Randcharakter herab stilisiert wird. Im starken Kontrast zur Profanität und dem Gejammere der Charaktere steht der Ort des Geschehens: Eine Natur-Idylle, die in wunderschönen Bildern festgehalten wurde und wie ein Hort des inneren Friedens wirkt.
 
Der Wald ist der heimliche Protagonist dieses Schauspiels, den der Zuschauer allein deshalb so lieb gewinnt, weil er mit seinem Blätter-Rauschen und dem Plätschern seines Bächleins Erholung von den garstigen Sticheleien der Menschen bietet. Das lupenreine, sonnenlicht-durchflutete Bild hilft dabei, die Stimmung zu heben und selbst in der Nacht inszenierte Camargo ihn so malerisch wie in einem Märchen. Naturgeräusche umgeben den Besitzer einer Surround-Anlage und holen den Wald in die heimischen vier Wände.
 
 
Das stargespickte Regiedebüt von Christian Camargo gibt es beim Onlinehändler Amazon derzeit für 12,99 Euro.Die Wertung

 

 

FILMINHALT: 6 von 10


 
TECHNIK: 8 von 10
 
BILDQUALITÄT: 9 von 10
 
TONQUALITÄT: 7 von 10
 
Kurzfazit: Das Stargespickte, trockenhumorige Melodram lässt sich nicht als handelsüblicher Unterhaltungsfilm einstufen und versucht mit allen Mitteln, als Kunst deklariert zu werden.
 
BONUSMATERIAL: 0,5 von 10


Infos zur Blu-ray


 

Genre: Drama | Originaltitel: Days and Nights | Land/Jahr: US 2013 | Vertrieb: Tiberius Film | Bild: MPEG-4, 1.85:1 | Ton: DTS-HD MA5.1 | Regie: Christian Camargo | Darsteller: Katie Holmes, William Hurt, Allison Janney | Laufzeit: 91 min | Wendecover: ja | Anzahl Discs: 1 | FSK: ab 12 Jahre | Start: 02. Juli 2015


 
 
 
An dieser Stelle präsentiert Ihnen das BLU-RAY MAGAZIN immer dienstags die „Blu-ray der Woche“, die aus Sicht unserer Redakteure die  interessanteste Veröffentlichung der kommenden Tage darstellt. Zur Blu-ray-Vorstellung der vergangenen Woche „Mob City“ geht es hier.

 
Weitere Tests lesen Sie im neuen BLU-RAY Magazin 06/2015, das ab sofort am Kiosk, im Online-Shop und auch im Abo erhältlich ist. 


 
Durchsuchen Sie unsere Online-Datenbank nach weiteren Blu-rays



 
 

 
 


 


 
[Falko Theuner]

Bildquelle:

  • Inhalte_Blu-ray_Artikelbild: © Auerbach Verlag

Kommentare im Forum

Die Kommentarfunktion ist noch nicht aktiviert