Bricht die neue Werbefreiheit den TV-Sendern das Genick?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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In einem Interview der „Meedia“ macht die Mediacom-Einkaufschefin auf die Gefahr aufmerksam, dass Zuschauer aufgrund der neuen Werbefreiheit der TV-Sender zu Netflix und Amazon abwandern.

Die Mediacom-Einkaufschefin Sandra Woerdehoff gab der „Meedia“ ein Interview zur neuen Werbefreiheit der TV-Sender. Digitalfernsehen fasst die wichtigsten Fakten zusammen. 

Ab 2019 ist es den Privaten erlaubt, während der Primetime mehr bzw. anders Werbung zu schalten. Ab dann darf nämlich alle 20 Minuten statt bisher alle 30 Minuten Werbung laufen. Die 20-Prozent-Regel bleibt aber erhalten, nach der die Werbung zwischen 7 und 23 Uhr nicht mehr als 20 Prozent des Programms ausmachen darf.
 
Allerdings erleichtert die Verordnung das Verschieben von Werbeblöcken. So können RTL, ProSieben und Co. ihre Werbung von der Daytime in die Primetime schieben. Das ist natürlich lukrativer, da dort 30 Sekunden im Durchschnitt 40.000 Euro kosten. Während der Daytime sind es 10.000 Euro. Das bedeutet, sie können am Abend mehr Werbung zeigen.
 
Das Verschieben von Werbung in die Primetime kann für die Privaten aber auch schlechte Folgen haben. Sandra Woerdehoff dazu: “ Die Auswirkungen sind momentan schwer zu prognostizieren. Nach meiner Einschätzung werden die Sender die Werbeblöcke in der Primetime nur ‚mit Augenmaß‘ ausweiten – vielleicht ein bis zwei Minuten pro Stunde. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Zuschauer zu Netflix und Amazon abwandern.“
 
Woerderhoff hält es also für sehr wahrscheinlich, dass die Sender ihre Werbezeiten verlängern, aber dabei behutsam vorgehen. Sie wissen um die Gefahr der werbefreien Streamingangebote und das die Zuschauer dahin abwandern können.
 
Interessant ist noch, die Einschätzung der Experten zur Innovationskraft der Sender. Die Mediacom-Einkaufschefin sieht es so: “ Die Sender müssen heute mehr denn je abwägen, ob ein Format mehr als die Produktionskosten einspielt. Denn der Wettbewerbsdruck durch Netflix, Amazon, Sky & Co. wächst. Diese produzieren immer mehr Serien, die bei den Zuschauern beliebt sind. Einige davon gibt es auch in der Zweitverwertung bei Pro Sieben oder RTL 2. Doch die Sender zeigen hier beispielsweise die vierte Staffel von Games of Thrones, während man die sechste Staffel bereits synchronisiert auf Sky abrufen kann.“
 
Zudem hat sie den Eindruck, dass es nicht mehr so leicht ist, den Nerv der Zuschauer zu treffen. In den letzten Jahren hatte sie selten das Gefühl, es gibt wirklich Neues. Ihr Eindruck von den Sendern ist: „Sie verwalten mehr, als zu gestalten.“
 
Sandra Woerdehoff ist Einkaufschefin der MediaCom, einer der führenden deutschen Mediaagenturen. [tk]

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33 Kommentare im Forum

  1. Da sich die Sender eh wegverschlüsseln, ist doch egal wieviel Werbung die zeigen. Ein paar HD+Trottel werden doch dafür zahlen.
  2. Wenn der Sender weiterhin die letzten 20 Sekunden der Werbung herunterzählen, dann sind alle Zuschauer aus der Pause rechtzeitig vor dem Fernseher um den Film weiter zu verfolgen.
  3. Oder beenden den schnellen Vorlauf rechtzeitig. Apropos: in vielen Ländern zählen auch Ampeln für Auto und Fußgänger die Sekunden der aktuellen Ampelphase runter. Warum eigentlich nicht in Deutschland?
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