„Der große Gatsby“: Literatur-Klassiker als bunte Bilderflut

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Ein steinreicher Geschäftsmann, berauschende Parties und eine verlorene Liebe – das ist der Stoff, aus dem „Der große Gatsby“ gemacht ist. Baz Luhrmann inszeniert den Literatur-Klassiker dabei als bunten 3D-Bilderrausch mit Star-Besetzung und Hip-Hop-Musik.

Es ist einer der großen gesellschaftskritischen Romane der amerikanischen Literatur. Doch mit der gewagten Handschrift des australischen Regisseurs Baz Luhrmann wird „Der große Gatsby“ zu einer rauschhaften Farb- und Klangorgie. Das Liebesdrama aus den „Roaring Twenties“, den wilden 20er Jahren in New York, heizt Luhrmann mit Hip-Hop-Musik an. Schwindelerregende Kamerafahrten und schrille Partyszenen mit Champagner, Feuerwerk und Konfetti entladen sich in 3D über den Zuschauern. Luhrmann treibt die Reizüberflutung bis zur Schmerzgrenze. Doch mit seiner starken Besetzung kehrt er immer wieder zum Kern des Klassikers zurück.
 
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des schüchternen mittellosen Nick Carraway (Tobey Maguire), der als junger Börsenmakler vom großen Geld träumt. Er lebt in einem kleinen Haus auf Long Island, gleich neben dem Schloss des mysteriösen Millionärs Jay Gatsby. In pastellfarbenen Anzügen, mit pomadiger Haartolle und einem Killerlächeln spielt Leonardo DiCaprio dessen neureichen Charme aus. Damit möchte Gatsby seine heimliche Jugendliebe Daisy (Carey Mulligan) wiedergewinnen, eine Cousine von Carraway, die ihren steinreichen, untreuen Ehemann Tom Buchanan (Joel Edgerton) längst leid ist. Das tödliche Drama ist vorprogrammiert.
 
Luhrmanns poppiger Bilderrausch „Moulin Rouge!“, der 2001 das Filmfestival in Cannes eröffnete, wirkt neben „Gatsby“, der dieses Jahr dort zum Auftakt läuft, blass. Der Regisseur von opulenten Werken wie „Australia“ und „William Shakespeares Romeo + Julia“ greift bei der Verfilmung von F. Scott Fitzgeralds 1925 geschriebenen Roman in die Vollen. Mehr als 100 Millionen Dollar (77 Millionen Euro) kostete das Popmärchen über die dekadente Society.

Es ist gespickt mit Art-Deco-Juwelen, glitzernden Prada-Kleidern im Stil der 20er Jahre und grellen Oldtimern. Gatsbys Herrenhaus gleicht einem Disney-Märchenschloss. Szenenbild und Kostüme schuf Luhrmanns Frau Catherine Martin, die für die Ausstattung von „Moulin Rouge!“ gleich zwei Oscars gewann. Die New Yorker Kulisse wurde in Australien nachgebaut, der gesamte Dreh fand in der Heimat des Regisseurs statt.
 
Künstlerische Freiheiten erlaubte sich Luhrmann auch bei der Musik. Er heuerte Rapper Jay-Z für den Soundtrack an, Beyoncé und André 3000 sind darauf zu hören, ein Mix aus Hip-Hop und Jazz. Seine Musikwahl sei bestimmt „kontrovers“, räumte Luhrmann im Interview mit dem „Wall Street Journal“ ein. Auch Fitzgerald sei 1925 ein Risiko eingegangen, als er die noch junge, schwarze Straßenmusik Jazz in seinem Buch beschreibt.
 
Der Schriftsteller sei ein „Modernist“ gewesen, der sich auch für neue Filmtechniken begeisterte, sagt Luhrmann. Das hätte ihn unter anderem darin bestärkt, „Gatsby“ im 3D-Format zu drehen. Dem Zuschauer fliegt dabei allerhand ins Gesicht. Champagnerkorken knallen aus der Leinwand, ebenso Papierfetzen mit Sätzen aus dem Roman. Auch stapelweise Männerhemden, die Gatsby seiner Daisy im Liebesrausch zuwirft. Der frühere Gatsby-Darsteller Robert Redford kommentierte ironisch in der „New York Times“: „Das wird interessant sein, wie viele Zuschauer nach einem Hemd greifen werden.“
 
Die „Gatsby“-Verfilmung von 1974 mit Redford und Mia Farrow nach einem Drehbuch von Francis Ford Coppola erntete damals schlechte Kritiken. Langweilig, verstaubt, ohne echte Gefühle, urteilten Hollywoods Topkritiker über das Regiewerk des Briten Jack Clayton.
 
An Luhrmanns Neuauflage bleibt kein Fetzen Staub hängen. Bunt und rasant ist seine Tour de Force durch die Lebensgeschichte des Emporkömmlings Gatsby, der durch Alkoholschmuggel reich wird. Der Film ist stellenweise aber so oberflächlich wie die verwöhnte Gesellschaft, die Fitzgerald mit viel mehr Tiefgang treffend porträtierte.Kinokritiken im Überblick
[Barbara Munker/fm]

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