Der neue Jugendkanal: Ein Kompromiss aber keine Lösung

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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ARD und ZDF bekommen ihren gemeinsamen Jugendkanal. An Stelle eines TV-Senders wird es sich dabei jedoch um eine reine Internet-Plattform handeln, für welche die Beschränkungen der bisherigen Mediatheken nicht gelten sollen. Was genau der Jugendkanal aber sein soll, bleibt erstmal nebulös. Präsentiert wurde ein Kompromiss, der jedoch keine Antwort auf die eigentliche Frage ist.

Ein gemeinsamer Jugendkanal von ARD und ZDF soll kommen – allerdings nicht als TV-und Radiosender, wie ursprünglich geplant, sondern als reine Online-Plattform. Dies haben die Ministerpräsidenten der 16 deutschen Bundesländer am Freitag als Kompromiss entschieden, nachdem sich diese zuvor nicht auf das ursprünglich von ARD und ZDF vorgelegte, trimediale Konzept hatten einigen können. De facto wird der neue Jugendkanal damit eine Mediathek, in welcher Inhalte für die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen gebündelt werden sollen.

Doch Moment: Ließe sich ebendies nicht auch im Rahmen der bereits bestehenden Mediatheken von ARD und ZDF realisieren? Geschieht dies nicht sogar zum Teil schon, indem die ARD ihre jugendrelevanten Inhalte in der Mediathekenrubrik Einslike bündelt? Nun, genau genommen schon und deshalb ist die eigentliche Besonderheit des nun beschlossenen Jugendkanals auch eine andere. Erstmals erhalten ARD und ZDF mit ihm nämlich die Möglichkeit, ein Online-Angebot auf die Beine zu stellen, das theoretisch völlig losgelöst ist von den Angeboten, welche die Rundfunkanstalten in ihrem klassischen Metier, dem Rundfunk, anbieten. Zudem sollen Beschränkungen, die für andere Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen gelten – etwa die Regelung, nach welcher Beiträge im Netz nur sieben Tage lang abrufbar sein dürfen – für den Jugendkanal außer Kraft gesetzt werden.
 
So ist der Jugendkanal eben keine Verlängerung eines TV- oder Radiosenders im Internet, sondern eine eigenständige Plattform, für die eigene Regeln gelten werden. Als solche soll er zwar mit den Jugendangeboten der Öffentlich-Rechtlichen in Fernsehen und Hörfunk vernetzt werden, dennoch wird er formell ein von diesen losgelöstes Medium darstellen. In der Aufhebung dieser Beschränkungen liegt wohl die größte Chance für das neue Angebot. Was ARD und ZDF daraus machen, wird sich zeigen müssen. Ebenso wird klar zu definieren sein, wo die Grenzen dieser neuen Plattform liegen werden. Denn theoretisch könnten die Rundfunkanstalten ihr neues Online-Portal nutzen, um bestehende Beschränkungen, die für andere Plattformen gelten, zu umgehen. Wird es beispielsweise künftig erlaubt sein, den gleichen Beitrag, für den in der ARD-Mediathek die Beschränkung auf eine siebentägige Verfügbarkeit weiterhin gilt, in der Jugendkanal-Mediathek unbefristet anzubieten? Wenn ja, welchen Sinn hätte eine Beibehaltung der Sieben-Tage-Regel dann generell noch?
 
Neben zahlreichen Fragen, die in diesem Zusammenhang noch zu beantworten sind, wird jedoch die wichtigste Frage sein: Was hat der Zuschauer von alledem? Wäre es nicht generell wünschenswert, wenn ARD und ZDF Plattform- und Senderübergreifend mehr Inhalte für jüngere Zielgruppen bereitstellen und diese auch auf ihren TV-Sendern prominenter platzieren würden? Es wäre schade und absolut kontraproduktiv, wenn dieses künftig zu einem großen Teil auf das zu schaffende Online-Portal beschränkt blieben. Gerade im linearen Fernsehen, dem nach wie vor wichtigsten Medienverbreitungsweg in Deutschland, haben beide Anstalten doch das Problem, jüngere Zuschauer kaum mehr zu erreichen. Zumindest für diese Problematik bietet die neue Regelung der Ministerpräsidenten keine Lösung.
 
Für 45 Millionen Euro jährlich soll nun ein neuer Ausspielungsweg geschaffen werden, der im Endeffekt doch nicht mehr sein kann als ein kleiner Baustein in einem größeren Gesamtkonzept. Wie dieses größere Konzept aussehen könnte, darauf wurde von den Ministerpräsidenten einmal mehr keinerlei Antwort gegeben – und das obwohl die Diskussion darüber mindestens seit 2010 läuft. Doch letztlich, und das ist das Absurde an der gesamten Diskussion um den neuen Jugendkanal, bräuchten weder ARD noch ZDF einen gesonderten Auftrag der Politiker, um Angebote für junge Zielgruppen bereitzustellen. Den haben sie per Definition als öffentlich-rechtliche Anstalten nämlich ohnehin schon. Auch Ausspielungswege für diese Inhalte waren bislang theoretisch genug vorhanden. Ob sie dafür auch sinnvoll genutzt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht sollte man bei ARD und ZDF jetzt endlich begreifen, dass die Politik die gewünschte Antwort nicht liefern wird. [Kommentar von Patrick Schulze, Redakteur]

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6 Kommentare im Forum

  1. Online TV, naja nicht jeder hat erst mal Internet und selbst wenn hat nicht jeder ein Smart TV. Die können diesen Sender schon jetzt begraben
  2. AW: Der neue Jugendkanal: Ein Kompromiss aber keine Lösung Der Verfasser des Artikels zeigt ein gestörtes Verhältnis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Er erwartet doch tatsächlich Antworten von den Ministerpräsidenten, die diese gar nicht geben dürfen. Am Ende stellt er fest: "Vielleicht sollte man bei ARD und ZDF jetzt endlich begreifen, dass die Politik die gewünschte Antwort nicht liefern wird." Das weiß man bei ARD und ZDF längst. Denn der Auftrag der Politik ist in diesem Fall darauf beschränkt, Programme zu bestellen und abzubestellen. Es ist ihr aber verboten auf die Inhalte Einfluss zu nehmen. Programmkonzepte und die Ausgestaltung dieser Konzepte fallen unter die Programmautonomie der Anstalten, wie es sich aus dem Grundgesetz hergeleitet. Die Programmmacher in den Anstalten müssen jetzt inhaltliche Konzepte für den neuen Auftrag entwerfen und die Runfunkräte müssen diese genehmigen.
  3. AW: Der neue Jugendkanal: Ein Kompromiss aber keine Lösung Bevor man ständig mehr und mehr Sender oder Angebote im Internet startet (siehe z.B. Laola1, Maxdome, Netflix, Olympia-Streams, ...) sollte man lieber mal darauf achten, dass man nicht nur in Großstädten ein schnelles Internet hat, sondern flächendeckend! Bevor das nicht gegeben ist, sollte man solche Internet-only Angebote besonders der Öffentlich-Rechtlichen nicht starten!
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