Die Netflix-Formel: Funktioniert sie auch in Deutschland?

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Bild: © Victoria - Fotolia.com
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Netflix soll im September in Deutschland starten. Für den populären US-Streaming-Dienst könnte es ein schwieriger Markteinstieg werden. So ist der deutsche Video-on-Demand-Markt zwar noch vergleichsweise klein, die Konkurrenz aber bereits gut aufgestellt.

Der Video-on-Demand-Dienst Netflix soll also im September nach Deutschland kommen. Berichtet hatte dies das Technik-Magazin „Curved“ unter Berufung auf „mehrere mit dem Prozess vertraute Personen“ am Montag. In den USA ist Netflix längst eine große Nummer und hat dort bereits mehrere Millionen Kunden – mehr als ein Großteil der Pay-TV-Sender. Hierzulande kann hingegen kein einziger Video-on-Demand-Dienst auch nur annähernd so viele Abonnenten für sich verbuchen. Ein großer Name trifft also auf einen kleinen Markt und weckt in diesem große Erwartungen, doch wie wird der Netflix-Effekt in Deutschland ausfallen?

Das US-Unternehmen trifft in Deutschland auf einen Video-on-Demand-Markt der im internationalen Vergleich noch relativ klein ist, der aber allein aufgrund der Größe des Landes ein riesiges Potential bietet. Dies sind eigentlich gute Voraussetzungen, um in kurzer Zeit durchstarten zu können. Doch tatsächlich haben auch andere Anbieter das große Potential des deutschen Marktes längst erkannt und sind auf diesem teilweise bereits sehr gut aufgestellt.
 
So wurde die Netflix-Formel hierzulande bereits im vergangenen Jahr durch den noch jungen Dienst Watchever eingeführt. Das Unternehmen bietet Neukunden eine einmonatige Schnupperphase an, in der diese das komplette Angebot kostenlos antesten können. Danach zahlt der Abonnent jeden Monat 8,99 Euro, wobei das Abo jedoch monatlich kündbar ist. Innerhalb kürzester Zeit gelang es Watchever, mit diesem Modell einen Standard zu setzen, an den sich auch andere große Anbieter angepasst haben.
 
Die größten Konkurrenten von Watchever sind ebenfalls gut aufgestellt. Maxdome beispielsweise ist bereits auf einer großen Zahl von Endgeräten vertreten und verfügt wohl über die derzeit größte technische Reichweite aller deutschen VoD-Dienste. Der ebenfalls aus den USA stammende Anbieter Amazon hingegen hat den hiesigen Markt erst im Februar ordentlich umgekrempelt und bietet seine Flatrate für Onine-Filme und -Serien derzeit zum absoluten Kampfpreis an.
 
Hinzu kommt schließlich der Pay-TV-Anbieter Sky, der mit seinem Angebot lineares HD-Fernsehen und Online-Abrufe vereint. Der hauseigene Dienst Sky Go besticht dabei vor allem durch seine Aktualität. So stehen dort viele aktuelle US-Serienproduktionen nur wenige Stunden nach der Erstausstrahlung bereits in Originalsprache zum Streamen bereit. Mit Snap betreibt Sky zudem seit Dezember ein zweites VoD-Portal, welches unter anderem exklusive Inhalte von HBO oder Disney bietet.
 
Bei seinem Marktstart trifft Netflix in Deutschland also auf einen recht übersichtlichen Markt, auf dem sich allerdings schon starke Konkurrenten etabliert haben. Der neue Anbieter müsste sich hier behaupten und seinerseits ein breites und nach Möglichkeit exklusives Inhalte-Angebot auffahren. Die vielgelobte Eigenproduktion „House of Cards“ ist hier zwar ein Anfang, aber längst kein Garant zum Durchbruch, denn die Konkurrenz kann ihrerseits ebenfalls mit exklusiven Top-Serien punkten.
 
Eine zweite wichtige Frage wird wohl die Verfügbarkeit auf den einzelnen Endgeräten sein. Apps für Smartphones und Tablets dürften dabei wohl die geringere Hürde darstellen als der viel heterogene Smart-TV-Sektor. Eine Lösung könnten hier externe Streaming-Devices wie Apple TV oder Chromecast bieten, auf denen sich jedoch auch die Konkurrenz bereits tummelt. Amazon könnte mit seiner Set-Top-Box Fire TV in diesem Jahr sogar noch eine eigene Hardware auf den deutschen Markt bringen.
 
Als dritter wichtiger Faktor dürfte sich die Preisfrage erweisen. Die monatlichen Kosten der einzelnen Anbieter in Deutschland bewegen sich zwischen 6 und 10 Euro. Lediglich Amazon hat die Latte mit einem Jahresabo für 49 Euro noch niedriger – und damit sehr, sehr niedrig – gelegt. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Netflix allein über die Preisschiene punkten könnte.
 
Entscheidend dürfte werden, welcher Anbieter in Zukunft das rundeste Gesamtpaket bieten kann und hier war der Markt bereits in den vergangenen Monaten in stetiger Bewegung. So versuchen alle Teilnehmer derzeit, ihr Produkt stetig zu verbessern. Mit einem neuen Marktteilnehmer namens Netflix könnte sich dieser Effekt durchaus noch verstärken. Der Gewinner wäre der Kunde. Dank der monatlichen Kündbarkeit vieler VoD-Dienste ist dieser derzeit ohnehin nicht gezwungen, sich langfristig an einen einzelnen Anbieter zu binden und kann je nach aktuellem Inhaltsangebot oder nach Verfügbarkeit und Preis einfach wechseln. Mit einem neuen Wettbewerber wären die Auswahlmöglichkeiten dafür noch größer.
 
Zu guter Letzt könnte dies sogar von Vorteil für die Konkurrenten von Netflix sein. Denn wenn das Modell Video on Demand durch den Start der Amerikaner generell an Popularität gewinnt und die Hemmschwellen für Kunden fallen, könnten diese am Ende ebenfalls zu den Gewinnern zählen. [ps]

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79 Kommentare im Forum

  1. AW: Die Netflix-Formel: Funktioniert sie auch in Deutschland? Ich würde mir folgendes Wünschen: gute HD-Qualität, 5.1 Sound und das auf allen Geräten, möglichst in Deutsch und Originalsprache. Bis jetzt kann das noch keiner der bisheringen Dienste anbieten. Amazon und Maxdome gehen nicht auf meinem Tablet, Watever hat miese Qualität auf dem TV.
  2. AW: Die Netflix-Formel: Funktioniert sie auch in Deutschland? Ja, HD-Auflösung und 5.1 Digital Ton in Deutsch und Originalsprache sollten heute als Standard im Angebot sein. Sind es aber anscheinend nicht.
  3. AW: Die Netflix-Formel: Funktioniert sie auch in Deutschland? Ja das ist noch ausbaufähig. Zumindest mit Bild und Ton bin ich im allgemeinen bei Amazon zufrieden, mehr Originalversionen wären aber nicht schlecht!
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