„Dschungelcamp“: RTL muss wegen Keks in TV-Show vor Gericht

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Das „Dschungelcamp“ beschert RTL jedes Jahr beste Quoten, doch ein Keks sorgt nun für Ärger in Köln. Denn wegen ihm muss sich der Privatsender nun wegen dem Vorwurf der Produktplatzierung vor Gericht verantworten.

Zu viel Keks im Camp? Die Produktplatzierung von Bahlsen-Riegeln in der RTL-Erfolgsserie „Dschungelcamp“ sorgt für juristischen Streit. Am Donnerstag (18. Februar) beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Hannover mit der Frage, ob der Kölner Privatsender bei einer 2014 ausgestrahlten Folge von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ Bahlsen-Riegel stärker als erlaubt hervorgehoben hat.
 
Was bei einer TV-Produktplatzierung erlaubt ist, ist keine einfache Frage. „Wir sind hier in einer Einzelfallproblematik“, sagt der Justiziar der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM), Christian Krebs. Die für RTL zuständigen NLM-Aufseher beanstanden die fragliche Szene aus dem Dschungelcamp. RTL wehrt sich nun vor Gericht dagegen, will sich jedoch unter Verweis auf das derzeit schwebende Verfahren nicht zu Details der eigenen juristischen Auffassung äußern.

Bahlsen-Sprecher Christian Bahlmann betont, dass das Unternehmen aus Hannover keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der Szenen mit dem platzierten Riegel gehabt habe. Das obliege den Machern der Sendung. Der Kekshersteller betreibt schon seit fünf Jahren Produktplatzierung im Dschungelcamp und ist als Werbepartner der Sendung noch länger dabei.
 
Bekannt ist der platzierte Bahlsen-Riegel auch aus dem Kinoknüller „Fack ju Göhte“ mit Elyas M’Barek. Dabei ist ein Schüler in einem Snackautomaten eingesperrt – und um ihn herum steckt die komplette Maschine voller Bahlsen-Riegel, null Konkurrenz. Bahlsen platzierte den Riegel auch schon in einem Musik-Video des DJ-Duos „Gestört aber GeiL“ oder verpflichtete Matthias Schweighöfer als Werbepartner. In dessen Kinofilm „Schlussmacher“ hatte der Riegel ebenfalls seinen Platz.
 
Beim Dschungelcamp soll das Gericht in Hannover nun klären, ob der Riegel im Sendungsgeschehen gewissermaßen kurz eine Hauptrolle übernahm. Denn für die Platzierung gelten Grenzen. So heißt es im Rundfunkstaatsvertrag ganz generell: „Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig.“ Doch für die Produktplatzierung sind Ausnahmen möglich. Dann müssen drei Dinge erfüllt werden: Es darf keinen Einfluss auf die Redaktion geben, die Platzierung darf nicht plump zum sofortigen Kauf von Waren oder Dienstleistungen animieren und „das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur Verfügung gestellte geringwertige Güter“.
 
Ein ähnlicher Streit um die Platzierung von Hasseröder-Bier im Umfeld einer Sat.1-Fußballübertragung aus dem Jahr 2011 landete 2014 sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Entscheidung damals fiel laut NLM-Justiziar Krebs eher liberal aus im Sinne der Werbemöglichkeit.
 
Das Urteil hielt fest: Zu stark sind Produktplatzierungen erst, wenn der Werbezweck das Sendungsgeschehen dominiert, der redaktionelle Geschehensablauf damit also in den Hintergrund rückt. Ob das so ist, bestimme sich allgemein nach Zahl und Länge der Produktdarstellungen sowie danach, wie weit diese sich in ihrer Art vom übrigen Sendungsgeschehen abheben und womöglich sogar für einen Bruch sorgen.
 
Bei den fraglichen Szenen im Dschungelcamp gab es die Süßigkeiten als Belohnung für die Teilnehmer des Spektakels im australischen Busch. Sie bekamen tagelang nur Bohnen und Reis vorgesetzt – und zeigten sich dann begeistert bei den schokohaltigen Riegeln.
 
Krebs zufolge ist zum Beispiel von Bedeutung, wie lange ein Produkt zu sehen ist oder wie sehr es die Kameraeinstellung dominiert, etwa indem oft oder länger auf das Produkt gezoomt wird. „Auch zu viel positive Bewertung durch die Protagonisten könnte eine Rolle spielen“, erläutert der Justiziar. In den fraglichen Dschungelcamp-Szenen riechen die Bewohner unter anderem länger verträumt an den Riegeln.
 
Das RTL-Format „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ zählt zu Deutschlands erfolgreichsten TV-Shows. Mindestens sechs Millionen Zuschauer schalteten jüngst bei jeder Folge ein. RTL experimentierte dabei mit einem neuen Werbeformat. Außerhalb der herkömmlichen Werbeblöcke liefen Spots, die inhaltlich Bezug nahmen auf aktuelle Programminhalte. Das war möglich, weil die Szenen anders als die Moderation nicht live waren, sondern vorproduziert. Mit dem Wissensvorsprung ließen sich Werbespots auf den jüngsten Inhalt abstimmen. Die Filmchen interagierten daher mit dem Programm. Für ihre Einblendung rückte die RTL-Echtzeit-Moderation an den Bildrand (Split Screen). Der Werbepartner dafür hieß Bahlsen. Das Produkt war wieder der Riegel. [Heiko Lossie/fs]

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15 Kommentare im Forum

  1. Ist dieser gerichtliche Schaukampf und den Berichten darüber nicht auch eher Verstärkung des Effekts der Produktplazierung/Werbung? In der aktuellen Staffel gab es einen anderen Werbepartner, der in den Spots Bezug auf die aktuellen Ereignisse im Camp nahm und der - anders, als im DF-Artikel erwähnt NICHT Bahlsen hieß. Ich nenne den anderen Werbepartner nicht, weil ich dessen Produkte aus Gründen, die nichts mit der Werbemethode oder dem Camp zu tun haben, boykottiere...
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