„Dschungelcamp“: Überlebensstrategie für Sender & Kandidaten

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Bild: Destina - Fotolia.com
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In wenigen Stunden nimmt das jährliche Spektakel wieder seinen Lauf: RTL startet sein „Dschungelcamp“. Die Wellen schlagen dabei schon jetzt hoch: Während sich die einen freuen, wenn C-Promis ein Bad in der Kakerlaken-Menge nehmen, fragen die anderen immer wieder: Muss das wirklich sein? Ja, es muss. Denn für die Beteiligten geht es ums Überleben.

Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt, doch für RTL stehen bereits jetzt zwei der wichtigsten Wochen des Jahres auf dem Programm. Denn am heutigen Freitag schicken die Kölner ihr „Dschungelcamp“ in die nächste Runde. Am Konzept hat sich dabei auch beim achten Mal nichts verändert: Eine Hand voll mehr oder weniger bekannter Promis gründen für 14 Tage im australischen Dschungel eine Urwald-WG, deren Bewohner sich täglich mit der Hitze, rationiertem Essen und allerlei Ekel-Prüfungen herumschlagen müssen. Dabei wird jeden Tag einer von ihnen aus der Show gewählt, bis am Ende einer zum neuen Dschungelkönig gekrönt wird.
 
RTL inszeniert das „Dschungelcamp“ dabei auch dieses Jahr wieder als großes Spektakel, rührt die Werbetrommel wo es nur geht und spannt diesmal auch seine Magazin-Sendungen mit ein, die neben der täglichen Live-Show über den ganzen Tag verteilt vom Geschehen im Camp berichten. Der Privatsender scheint im Moment all seine Kräfte auf die Show auszurichten – und das hat RTL auch nötig. Denn auch wenn das „Dschungelcamp“ hinsichtlich seines Niveaus bereits seit Jahren einiges an Kritik schlucken muss, für RTL ist die Sendung lebenswichtig.

Obwohl halb Deutschland über das Format schimpft und spottet, schalten in diesen paar Tagen doch täglich Millionen Zuschauer ein und bescheren RTL damit Traum-Quoten. So verfolgten die letzte Staffel im Schnitt mehr als 7 Millionen, die Quote lag durchschnittlich bei knapp 30 Prozent. In der Zielgruppe waren sogar mehr 40 Prozent drin. Werte also, von denen die Kölner im Normalfall tatsächlich nur träumen können. Denn die Realität sieht für den langjährigen Marktführer mittlerweile anders aus. Die Marktanteile purzeln, Sehbeteiligungen zwischen 10 und 12 Prozent sind die Normalität, aus der nur wenige Formate auszubrechen vermögen.
 
Daher ist das „Dschungelcamp“ für den Sender als Quoten-Hit auch so wichtig, denn von diesem Erfolg zehrt der Kölner Privatsender übers ganze Jahr und bügelt so auch den ein oder anderen Flop in der Gesamtwertung wieder aus. Zumal RTL auch nicht mehr all zu viele solcher Zugpferde im Stall hat. „Bauer sucht Frau“ zählt sicherlich noch zu diesen Garanten, doch Shows wie „Das Supertalent“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ verlieren seit Jahren an Zugkraft, auch wenn letztere in dieser Woche wieder einmal positiv von sich sprechen lies.
 
Doch auch für die Kandidaten geht es gewissermaßen ums Überleben – nicht im physischen Sinne, sondern vielmehr ums Überleben im Rampenlicht. Zugeben will das natürlich keiner. So lauten die Antworten, was die C-Promis nun in den Dschungel treibt, eigentlich in jedem Jahr gleich: Sie lieben die Herausforderung, wollen ihre eigenen Grenzen testen und Extreme kennenlernen.
 
Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass sich einer der Kandidaten tatsächlich nichts spannenderes vorstellen kann, als Känguru-Hoden oder Fischaugen zu essen. Auch dem denkwürdigen Wunsch, sich in einem Bad aus Maden zu suhlen, muss man nicht zwangsweise im Fernsehen nachkommen. Dafür gibt es sicher andere Wege. Doch wenn eine nette Gage lockt,  werden die eigenen Ekel-Grenzen gern auch bereitwillig und vor allem publikumswirksam vor der Kamera ausgelotet.
 
Worum es für die Kandidaten am Ende wirklich geht, sind die drei Tage Ruhm, die das „Dschungelcamp“ ihnen verheißt. Denn betrachtet man die Teilnehmer etwas genauer, fällt auf, dass viele „Promis“ vor allem der Zusatz „Ex“ kennzeichnet. Ehemalige Schauspieler, Ex-Moderatoren und natürlich jede Menge Casting-Show-Teilnehmer – für den Sender ein Kandidatenpool, der angesichts der Fülle solcher Shows im TV wohl nie versiegen wird.
 
Für die meisten Promis, die in die RTL-Show kommen, sind die ruhmreichen Zeiten bereits vorbei. Im „Dschungelcamp“ werden die Scheinwerfer nun für ein paar Tage wieder angeknipst – und wer sich im Urwald richtig inszeniert, kann aus der Show sogar mehr rausholen, als nur die Gage. So hat sich beispielsweise die diesjährige Kandidatin Gabby kurz vorm Start noch für den Playboy ausgezogen und sich so in aller Munde gebracht. Und sie wird nicht die Einzige sein, die ihre Karriere im Dschungel in eine neue Richtung pushen will.
 
Dabei bewegen sich die C-Promis auf einem schmalen Grad zwischen Imagepflege und Imagewandel. Einerseits wollen und müssen sie ihren Fans das bieten, was diese auch von ihnen erwarten. So ist im Grunde schon vorprogrammiert, dass sich beispielsweise Nackt-Model Melanie Müller ziemlich offenherzig zeigen wird oder Schlager-Star Michael Wendler durch seine große Klappe auffällt. Andererseits wollen fast alle Teilnehmer das Camp auch dafür nutzen, um mal zu zeigen, wie sie wirklich sind. „Ich hab‘ die Möglichkeit, den Leuten da draußen den Micha zu zeigen, den sie überhaupt nicht kennen, sondern nur diesen medial aufgebauten bösen Badboy des deutschen Schlagers“, wie Wendler sich ausdrückte.
 
Für RTL erweist sich das „Dschungelcamp“ als Goldgrube, die Promis bekommen die für sie so nötigen drei Tage Ruhm und auch die Zuschauer sind dem Format zugetan. Es will zwar am Ende nie jemand eingeschaltete haben, doch letztlich wissen natürlich immer alle bescheid und auch die Zahlen zeigen ja, dass es keine Geistershow ist. Die Anziehungskraft für die Zuschauer liegt dabei wohl vor allem darin, die sonst so perfekt herausgeputzten TV-Sternchen einmal ungeschminkt, im Dreck badend und an den Grenzen des Ekelerregenden zu sehen. Und solang dieser Zustand anhält, kann es auf die Frage, ob das wirklich wieder sein muss, auch nur eine Antwort geben: Ja, es muss. [Frances Monsheimer]

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20 Kommentare im Forum

  1. AW: "Dschungelcamp": Überlebensstrategie für Sender & Kandidaten Die Überlebensstrategie für alle die die volksverblödung von RTL hassen lautet : NUR NICHT EINSCHALTEN!!!!
  2. Jetzt ist es gewiss. Diese Meldung ist von RTL gesponsort wie auch die ganzseitige Seite 1 der heutigen Bild-Zeitung. Es sollte hier wie im Fernsehen üblich oben links in dem Artikel dick "Werbeartikel" stehen, damit leichter eine Medienmeldung von gesponsorter Werbung unterschieden werden kann.
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