„Endstation“: Jubiläums-„Polizeiruf“ aus Magdeburg

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der „Polizeiruf“ wird 45 Jahre alt: Zum Jubiläum darf die Magdeburger Kommissarin Brasch ran, die nicht nur einen neuen Kollegen bekommt, sondern auch den Tod eines kleinen Jungen aufklären muss. Zudem muss sie sich auch noch mit ihrem rechtsradikalen Sohn rumschlagen, der gerade erst aus dem Gefängnis kam.

Ein Junge taumelt durch den trüben Morgen. Er blutet, kann sich kaum auf den Beinen halten. Vor dem Magdeburger Polizeipräsidium bricht der Zwölfjährige zusammen. Tot. Für Hauptkommissarin Doreen Brasch, gespielt von Claudia Michelsen (47), beginnt die Suche nach dem Täter. Die wortkarge, kantige Ermittlerin muss dabei nicht nur hinter die saubere Fassade einer Pflegefamilie blicken, sondern sich auch mit dem neuen Kollegen Dirk Köhler (Matthias Matschke, 47) arrangieren. Und dann kommt auch noch der verlorene Sohn mit Nazi-Vergangenheit aus dem Gefängnis. Schwere Zeiten für die pragmatische Einzelgängerin. 
 
„Endstation“ heißt der neue „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg, der am 29. Mai (20.15 Uhr) in der ARD ausgestrahlt wird. Den Film bewirbt der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) als Jubiläumsfolge. Vor 45 Jahren, genau am 27. Juni 1971, wurde der erste „Polizeiruf 110“ gezeigt. Damit ist die Krimireihe die älteste hinter dem „Tatort“. Im sechsten Fall aus der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt führt Matthias Tiefenbacher Regie. Ein Mann, der sich mit spannenden Fernsehfilmen auskennt. Mehrere „Tatort“-Folgen und „Der Tel-Aviv-Krimi“ hat er unter anderem realisiert.

Nach dem Ausstieg von Sylvester Groth alias Jochen Drexler vor fast einem Jahr schlüpft der Krimi-erprobte Matthias Matschke erstmals in dessen Rolle. Er spielt Dirk Köhler, einen durchaus sympathischen Familienvater mit Zehntagebart, der sich zunächst mit den Launen seiner Kollegin herumschlagen muss. Das kommt nicht wirklich überraschend, Brasch hat einfach nicht das Zeug zum Kumpel. „Tach“ ist das einzige Wort, das sie bei seiner Vorstellung im Präsidium für ihn übrig hat. „Können sie einfach die Klappe halten?“ schiebt sie im Laufe der Ermittlungen als zweiten Satz hinterher. Kollegial geht anders.
 
Und dabei muss das Duo in diesem verzwickten Fall viele Fäden zusammenspinnen. Der tote Marco ist eines von drei Pflegekindern der Familie Schilchow, die eine Wäscherei betreibt. Im Haushalt leben noch Marcos großer Bruder Sascha, die geistig zurückgebliebene Nadine und die leibliche Tochter Bella. Dass in der Familie etwas nicht stimmt, fällt Brasch und Köhler schnell auf. Bis sie sich allerdings auf gemeinsame Ermittlungsansätze einigen können, dauert es erst einmal. Aller Anfang ist schwer.
 
Eine goldene Taschenuhr, die bei dem toten Kind gefunden wurde, ist ebenso eine heiße Spur, wie die merkliche Angespanntheit in der Familie. Was stimmt nicht? Wer verheimlicht was? Oder wie Köhler es formuliert: „Die verarschen uns doch.“
 
Über die Uhr und die leibliche Mutter der beiden Jungen wird dann auch noch eine Einbruchsserie in die Geschichte eingeflochten. Dabei wurde zuletzt eine 85-Jährige totgeprügelt. Ins Visier der Hauptkommissare rückt ein Freund der drogenabhängigen Mutter. Ein polizeibekannter Hehler, der offenbar einen engen Kontakt zu den Pflegekindern der Schilchows hatte. Waren sie seine Gehilfen? Wollte Marco aus Angst auspacken und musste deshalb sterben?
 
In „Endstation“ werden viele Bühnen bespielt. Die familiäre, die kollegiale und die ganz private. Brasch hat nach dem Knast wieder ihren Sohn zu Hause auf der Couch sitzen. Dass der sich von seinen braunen Vergangenheit losgelöst hat, kann selbst Brasch nicht glauben. Entsprechend kühl ist der Umgang miteinander. Und trotzdem: Emotionen sind da. Sparsam und ganz gezielt hat sie Drehbuchautor Stefan Rogall eingebaut. Und das auf allen Ebenen. Selbst, als Kriminalobermeister Mautz (Steve Windolf, 34) seinen Dienst quittiert, wird es nicht herzzerreißend, aber mitfühlend.
 
„Endstation“ ist ein tiefgründiger Fernsehkrimi mit einem verstörenden, aber konsequenten Ende. Aus dem Ensemble sticht Jungschauspieler Nino Böhlau („Fack ju Göhte“) heraus. Er spielt Sascha, und das so gut, dass man ihm jede Sekunde die ganze Zerrissenheit eines Teenagers in einer Pflegefamilie abnimmt. Zweifellos die tragische Figur dieses Fernsehkrimis.

[Sabrina Gorges/fs]

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  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com

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