Ersatz-„Polizeiruf“ blickt hinter die Dorf-Fassade

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Bild: Destina - Fotolia.com
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„Polizeiruf 110“ im Dorf statt Terror-„Tatort“ in Dortmund: Das Rostocker Duo Bukow und König ermittelt im Fall einer vergewaltigten und ermordeten Obdachlosen. Aus Routine wird ein Blick hinter die finstere Fassade des Dorflebens, auch wenn der Fall etwas bemüht wirkt.

In einem kleinen Dorf bei Rostock wird eine obdachlose Frau tot aufgefunden, misshandelt und vergewaltigt. Für die Dorfbewohner ist schnell klar, dass die zwei kürzlich aus der Haft entlassenen und ins Dorf gezogenen Männer Buschke und Kukulies die Täter sein müssen. Auch die Spuren am Tatort deuten auf die beiden hin. Also ein klarer Fall im mittlerweile 15. Film mit dem Rostocker Ermittler-Duos Alexander Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau)? Das Erste sendet die Geschichte „Angst heiligt die Mittel“ an diesem Sonntag um 20.15 Uhr.
 
Was sich zu Beginn der Story wie deutsche Krimi-Normalität darstellt, nimmt zunehmend Fahrt auf: Hinter gepflegten Klinkerfassaden schwelen Konflikte zwischen den Dorfbewohnern, es geht um Ehebruch und Selbstjustiz. Mittelpunkt des Dorflebens ist die jede Menge DDR-Charme atmende Kneipe von Wirtin Birthe Kriener (Ramona Kunze-Libnow). Gesoffen wird hier noch wie früher. Und Pläne ausgeheckt, wie man die unliebsamen Nachbarn los werden könnte.

Vor dem Hintergrund von viel Blümchentapete zeichnen Susanne Schneider (Drehbuch) und Christian von Castelberg (Regie) ein Bild verrohter Dorfbewohner, die aus Angst vor zwei Ex-Häftlingen zum Äußersten gehen. Dahinter steht auch die Frage, wie wir mit Straftätern umgehen sollen, die ihre Strafe verbüßt haben – und die die Gesellschaft dennoch nicht zurück will.
 
Die Macher stellen den Kriminalfall dieses Mal ganz in den Mittelpunkt des Films. Die Überbau-Handlung aus Bukows privaten Problemen und dem nicht minder komplizierten Verhältnis zwischen dem Hauptkommissar und der LKA-Profilerin tritt zurück und wird kaum forterzählt. Allein dem angespannten Verhältnis zwischen beiden merkt man den missglückten Annäherungsversuch aus der letzten Episode an.
 
Der „Polizeiruf 110“ hat keine Scheu vor großen Themen: Selbstjustiz, Kinderpornografie, Kindesentführung. Sie werden jedoch allesamt nur angerissen. Der Showdown auf einem brandenburgischen Gehöft erscheint etwas bemüht und dient wohl vor allem dazu, die Rahmenhandlung für die nächsten Episoden vorzubereiten.
 
Der Ausstrahlung des Films war ein tagelanges Hin und Her auf dem Sendeplatz vorausgegangen. Ursprünglich sollte der Dortmunder „Tatort: Sturm“ gezeigt werden – er wurde nun auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben, weil die von Islamisten inszenierte Terrorattacke in der Handlung laut ARD zu sehr an den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt erinnert. Auch der als Ersatz gedachte Saarbrücker „Tatort: Söhne und Väter“ wurde nach Intervention des Saarländischen Rundfunks wieder vom Neujahrstag auf den 29. Januar verschoben, weil der Sender erst einmal die Vorabpremiere des Films auf dem Saarbrücker Max-Ophüls-Festival Ende Januar abwarten wollte.

[Cordula Dieckmann/buhl]

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1 Kommentare im Forum

  1. Polizeiruf 110 finde ich ohnehin etwas realer als die Künstler-Tatorte. Der schöne Hintern von Anneke hat mir auch gefallen.
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