Fernsehen 2016: Licht und Schatten bei den TV-Formaten

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Bild: Destina - Fotolia.com
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„Terror“ glänzte bei der ARD, während sich für die NSU-Trilogie nur wenige Zuschauer interessierten. Licht und Schatten lagen auch 2016 bei den Formaten der Fernsehsender nah beieinander. Zeit für ein Resümee.

Was war denn noch gleich „Vom Spinner zum Gewinner“? Richtig: eine Existenzgründershow auf Kabel Eins, die kaum jemand sehen wollte. Das TV-Jahr hat den Sendern so einige Pleiten beschert, vor allem im Showbereich. Die Existenzgründershow „Die Höhle der Löwen“ dagegen bescherte Vox unerwartet gute Quoten. Auf der Habenseite stehen – abgesehen von sportlichen Großereignissen – außerdem viele gute Filme. Eine Bilanz zum Thema Licht und Schatten auf der Mattscheibe:

Licht:

Das Erste

„Terror“: Knapp sieben Millionen Menschen interessierten sich für das kammerspielartig inszenierte Stück, nach dem das Publikum darüber abstimmen konnte, ob ein Kampfpilot eine Passagiermaschine abschießen durfte, um zu vermeiden, dass sie in ein volles Stadion stürzt.

„Böse Wetter“: Gut fünf Millionen Menschen verabschiedeten am 3. Oktober Schauspieler Götz George im Ersten mit dem Bergwerk-Drama „Böse Wetter“. George, einem Großteil des Publikums als Ruhrpott-Rüpel Schimanski in Erinnerung, war im Juni gestorben.
„Anne Will“ und vorher? Günther Jauchs gut vier Jahre währendes Intermezzo fürs Erste ist längst Geschichte nicht zuletzt wegen seiner Vorgängerin und Nachfolgerin Anne Will, die im Januar nahtlos den Polittalk am Sonntagabend übernahm.

„Tatort“ aus Münster: Der spielt noch einmal in einer eigenen Liga. DasDuo Axel Prahl/Jan Josef Liefers kam am 25. September mit dem Fall“Feierstunde“ auf 13,31 Millionen Zuschauer. Das bedeutete Jahresrekord,verfehlte aber die eigene Allzeit-Bestmarke (13,69 Millionen).
 
„Quizduell“: Moderator Jörg Pilawa möchte zwar am liebsten die Schlagzahl der Liveshow verringern. Aber mit ihr bekam der lahm gewordene Vorabend im Ersten richtig neuen Schwung. Bis zu 3,5 Millionen Zuschauer schalteten zu. Auch andere Quizshows reüssierten.

ZDF

„Ku’damm 56“: Ein Dreiteiler, der sich in die Herzen des Publikums hineinspielte. Zwischen 5,57 und 6,35 Millionen Zuschauer interessierte brennend das Schicksal der Berliner Tanzschultöchter (Sonja Gerhardt, Maria Ehrich, Emilia Schüle) – Fortsetzung folgt.

„Maybrit Illner“: Seit 1999 talkt sie im ZDF, aber trotzdem ist Illner immer wieder für eine Überraschung gut. Das Sommer-Thema „Erdogans Rache – ist die Türkei noch unser Partner?“ interessierte 3,82 Millionen Zuschauer. Der höchste Wert seit zwei Jahren.

Die Nationalmannschaft schied beim EM-Halbfinale gegen Frankreich aus, bescherte dem ZDF jedoch mit 29,82 Millionen Zuschauern einen EM-Rekord.

„Ein starkes Team“, ganz stark: Der letzte Film mit der kurz zuvor im Alter von 54 Jahren gestorbenen Hauptdarstellerin Maja Maranow an der Seite von Florian Martens brachte es zu Jahresbeginn auf 8,18 Millionen Zuschauer, etwa 2 Millionen mehr als gewöhnlich.

RTL

„Ninja Warrior Germany“: Die spektakuläre RTL-Show schlug sich im Sommer ganz beachtlich mit Einschaltwerten bis zu drei Millionen und wird nächstes Jahr neu aufgelegt. Auch die vielen neuen Trampolinhallen in Deutschland bieten „Ninja Parcours“.

„Wer wird Millionär?“: Günther Jauchs Quiz ist nicht kleinzukriegen, Der Dauerbrenner, seit 1999 im Programm, beschert dem Sender meist mehr als fünf Millionen Zuschauer. Ein linearer Garant im Meer der digitalen Vielfalt, die dem klassischen TV zusetzt.

„Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ – Die Dschungelshow legt von Jahr zu Jahr eine Schippe Ekligkeit drauf und bleibt dadurch attraktiv. Mit sieben bis acht Millionen Zuschauern pro Ausgabe war sie auch 2016 als herausragendes Event zu bezeichnen.

Sat.1

„The Voice of Germany“ kann auf den Sonntag. Im direkten Vergleich mit dem schier unbezwingbaren ARD-„Tatort“ holte die Castingshow zum Start auf Anhieb um die vier Millionen Zuschauer. Auch im Netz liegt die Show mit mehreren hunderttausend Abrufen pro Ausgabe gut.

„Die Truckerin“: Der Sat.1-Film findet immer weniger Freunde – aber immerhin hat Schauspielerin Annette Frier es verstanden, die Marke etwas aus dem Schlammassel herauszuholen – 3,6 Millionen Zuschauer sahen zu, wie eine Spediteurin das Familienunternehmen rettet.

ProSieben

„Germany’s next Topmodel“: Heidi Klums ProSieben-Laufstegshow schaffte im Mai mit 2,87 Millionen Zuschauern im Finale den besten Wert seit drei Jahren. 700.000 Klicks im Netz sind dazuzurechnen. Die Zahl der mobilen Smartphone- und Tabletnutzer ist nicht bekannt.

NDR Fernsehen

Der Tod des Tierheilers Tamme Hanken bewegte viele Menschen. Bundesweit sahen 2,26 Millionen den Film „Unvergessen – Tamme Hanken“ im NDR Fernsehen. Die anschließende Wiederholung der ersten Folge (2008) von „Der XXL-Ostfriese“ hatte sogar 2,36 Millionen Zuschauer.

Vox

„Die Höhle der Löwen“: Mit der Existenzgründershow erreichte der Privatsender mehrfach mehr als drei Millionen Zuschauer und lieferte auch reichlich Gesprächsstoff nach Medienberichten, dass aus einigen angekündigten Investitionen dann doch nichts wurde.

RTL2

Die Hochzeit von TV-Sternchen Daniela Katzenberger mit Lucas Cordalis war für den Münchener Privatsender im Juni der Renner. Rund 2,6 Millionen Menschen sahen die sorgfältige Inszenierung live. Da musste sich auch Beatrice Egli mit ihrer ARD-Musikshow geschlagen geben.

ZDFneo

Als Jan Böhmermann nach seiner sechswöchigen Pause am 12. Mai wieder ins TV zurückkehrte, war die Neugier groß: 620.000 Mensch.n verfolgten allein im TV das „Neo Magazin Royale“, gut 400 000 Netznutzer kamen dazu, Smartphone- und Tabletuser nicht einbezogen.

Schatten:

Das Erste

„Vorstadtweiber“ ticken in Österreich wohl anders. In Deutschland kam die Serie rund um die Marotten der Damen aus der gehobenen Wiener Gesellschaft nur mäßig an und konnte nicht an Quotenerfolge von Klassikern wie „Um Himmels Willen“ anschließen.

„Beatrice Egli – Die große Show der Träume“ hatte für die ARD und seine blonde Protagonistin aus der Schweiz keinen überragenden Erfolg: 2,57 Millionen Zuschauer schlugen im Juni zu Buche, aus einem Gegenentwurf zum Publikumsmagneten Helene Fischer wurde erstmal nichts.

Und noch einmal „Tatort“: Wer so hochgesteckte Ziele hat wie Til Schweiger, der muss über Werte von unter acht Millionen Zuschauern (wie beim zweiten Teil seines „Tatort“-Krimis am 2. Januar) richtig enttäuscht sein. Die Zehn-Millionen-Marke ist eigentlich Pflicht.

„Die Stadt und die Macht“: Die Miniserie, ähnlich wie „Weißensee“ in sechs Teilen an drei Tagen am Stück zu sehen, enttäuschte: 2,27 bis 2,92 Millionen Zuschauer pro Folge waren zu wenig. Anna Loos als Regierende Bürgermeisterin Berlin war dem Publikum wohl zu fremd.

Die Trilogie rund um die Terrorzelle NSU ist der beste Beweis dafür, dass Quote und Qualität leider nicht immer zusammenpassen. Die Filme wurden sämtlich von Kritikern gelobt, das Publikum wollte aber nicht – ähnlich wie beim ZDF-Dokudrama mit Lisa Wagner als Beate Zschäpe.

ZDF

Steven Gätjen hat einfach kein Glück beim ZDF. Oder hat das ZDF kein Glück mit ihm? Nach einer mäßigen Vorstellung mit den Shows „Die Versteckte Kamera 2016 – Prominent reingelegt!“ und „I can do that“ zündete im November auch nicht die Neuentwicklung „4 geben alles“.

Angelique Kerber mag zwar zu den weltbesten Tennis-Cracks der Damen gehören. Nur im TV interessiert die Ausnahmesportlerin niemanden. Das Finale vom WTA-Finale in Singapur mit Kerber sahen im ZDF Ende Oktober gut 1,6 Millionen Zuschauer – für Spitzensport zu wenig.

Das TV-Drama „Der Andere“, das Fernseh-Erstlingswerk von Feo Aladag im Fernsehen, interessierte das Publikum für ZDF-Verhältnisse fast nicht: 2,89 Zuschauern sind für den Montagabendsendeplatz entschieden zu wenig, der schwächste Montagswert seit fünf Jahren.

ProSieben

„Deutschland tanzt“ – Der mutige Versuch, aus dem von Stefan Raab erdachten „Bundesvision Contest“ mit allen 16 Ländern einen Tanzwettbewerb ins TV zu bringen, hat nicht gefruchtet. Etwas mehr als eine Million Zuschauer sind samstags zu wenig.

„Match Factor“: noch eine Show mit mieser Performance. Dating im TV ist nicht nach dem Geschmack des Publikums. Nach drei Folgen war bei gut 800.000 Zuschauern alles zu Ende. Angesichts solcher Werte sehnt sich manch einer doch nach Stefan Raab zurück.

RTL

„Mensch Gottschalk – Das bewegt Deutschland“ – oder eben auch nicht. 2,09 Millionen Zuschauer für eine fast vier Stunden lange Show sind für den Altmeister zu wenig. Seit seinem Abgang von „Wetten, dass..?“ hat Gottschalk nicht mehr das passende Format gefunden.

„Deutschland sucht den Superstar“: Wer wurde das 2016 eigentlich noch gleich? Prince Damien Ritzinger (25) aus München – Die blutleer gewordene Show hatte zum Finale im Mai noch 3,6 Millionen Zuschauer – 4,4 Millionen waren es im auch nicht berauschenden Vorjahr.

RTL2

„Curvy Supermodel“ – mollige Models mit mageren Quoten. Nach einem ganz ordentlichen Start mussten die beleibten Laufsteg-Schönheiten den Gürtel enger schnallen. Die Quoten blieben unter einer Million Zuschauer – eine Neuauflage ist fraglich.

„Neandertaler“: ehrgeizig inszeniert, aber ungebremst auf dem Bauch gelandet. Die eigenproduzierte Krimiserie „Neandertaler“ wollten zum Schluss nur 500 000 Zuschauer sehen. Deutlich weniger als Reihen wie „Zuhause im Glück“ oder „Teenie-Mütter – Wenn Kinder Kinder kriegen“.

Vox

„Battle Creek“: Zur sogenannten besten Sendezeit rund eine halbe Million Zuschauer – das ist einfach zu wenig für Vox. Die Serie steht für viele andere US-Importe, die auf den traditionellen TV-Sendern nicht ihr Publikum finden, vielleicht aber bei Streamingdiensten.

„Ewige Helden“: Die Reihe um Weltmeister, die unter sich einen neuen Weltmeister ausmachen, war zwar gut besetzt mit sportlichen Größen wie Thomas Häßler, Heike Drechsler oder Britta Steffen – aber die Umsetzung ließ dann wie die Quoten doch zu wünschen übrig.

Sat.1

„Die Wanderhure“ mit fast zehn Millionen Zuschauern – das war 2010. Die Realität heute heißt „Undercover küsst man nicht“ (920.000 Zuschauer) oder „Verdammt verliebt auf Malle“ (1,63 Millionen Zuschauer) – die einst starke Fiction des Senders hat heute deutlich schwächere Werte.

Kabel Eins:

Der Münchner Privatsender legte gleich zu Jahresbeginn eine Pleite hin: Die Reihe „Vom Spinner zum Gewinner“ entpuppte sich als Publikumsflop. Existenzgründerreihen wie „Die Höhle der Löwen“ funktionieren offenbar nur beim Konkurrenten Vox.

Tele 5:

„Old Guys On Tour“ – nett, aber zähflüssig. Man nehme fünf alte Recken und schicke sie auf den Jakobsweg. Zwölf Tage mit jeweils 90 Minuten waren Jörg Draeger, Karl Dall, Frederic Meisner, Harry Wijnvoord und Björn-Hergen Schimpf auf Tour. Zu viel Entschleunigung. [Carsten Rave/kw]

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