„Fernsehereignis des Jahres“? – Das Erste zeigt „Babylon Berlin“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der Krimi „Babylon Berlin“ nach dem Buch von Volker Kutscher war der große deutsche Serienhype im vergangenen Jahr. Jetzt kommt die Bestsellerverfilmung ins Erste. Wird die Serie dort funktionieren?

Gerade wurden Statisten für die neue Staffel der Serie „Babylon Berlin“ gesucht. Die Leute sollten aussehen wie in den 20er Jahren. Also: bitte keine Bewerber mit moderner Solariumsbräune, Piercings und sichtbaren Tattoos. „Babylon Berlin“ lebt von den Kostümen, den Kulissen und dem Flair der wilden Jahren vor der Nazi-Zeit. Der erste Teil der Verfilmung der Krimi-Bestseller von Volker Kutscher war mit fast 40 Millionen Euro das größte deutsche Serienprojekt.

Zum Start im vergangenen Jahr war es eine Kraftprobe: Kann Deutschland mit Schwergewichten wie „Mad Men“ und „The Crown“ mithalten? Es sieht danach aus. Der Mythos Berlin zieht international. Die Serie verkaufte sich in mehr als 90 Länder und bekam mehrere Preise. Zuerst lief „Babylon Berlin“ im Abo-Sender Sky, dort als großer Erfolg verbucht.
 
Eine Frage im Fernseh-Herbst: Wird die Serie auch noch ein Jahr später auf dem 20.15 Uhr-Platz im Ersten funktionieren, wenn viele sie schon gesehen haben? Der öffentlich-rechtliche Sender hat den Start am 30. September auf einen heiligen Programmplatz gelegt – den „Tatort“-Termin am Sonntagabend. Zur Premiere laufen gleich drei Folgen. Dann geht es bis zum 8. November donnerstags um 20.15 weiter, immer im Doppelpack. Donnerstag ist im Ersten bereits ein Krimiplatz.
 
Ob die Zuschauer bei der spannenden, aber komplexen Geschichte von „Babylon Berlin“ über 16 Folgen dranbleiben? ARD-Programmdirektor Volker Herres verspricht das „Fernsehereignis des Jahres“. Das wird nicht einfach, zumal Konkurrenten wie Netflix ständig nachlegen. Wer TV-Konsum im Netz gewohnt ist, findet die „Babylon Berlin“-Folgen 48 Stunden vor der Fernsehausstrahlung in der ARD-Mediathek.
 
Am 30. September gibt es außerdem eine TV-Doku: „1929 – Das Jahr Babylon“ von Volker Heise. Sie erzählt das Jahr anhand von Tagebüchern, Protokollen und Briefen – „das Kaleidoskop einer taumelnden Großstadt“. In der ARD-Audiothek startet passend dazu das Hörspiel „Der nasse Fisch“ nach Volker Kutschers Buch, das auch die Vorlage für „Babylon Berlin“ ist, mit prominenten Stimmen von Ulrich Noethen, Peter Lohmeyer, Uwe Ochsenknecht und Meret Becker. In den Hauptrollen sind Ole Lagerpusch und Alice Dwyer zu hören.
 
Im Fernsehen ist „Babylon Berlin“ keine Serie, bei der man bequem nebenher Bügeln oder aufs Handy gucken kann. Man muss bei der Handlung aufpassen. Die Regisseure und Autoren Tom Tykwer, Henk Handloegten und Achim von Borries haben bei der Verfilmung der 500 Seiten einige Schippen drauf gelegt. Ob Kulissen, Maske, Tänzer oder Musiker: Die Serie hat Swing.
 
Gedreht wurde zum Teil in den Kulissen von Potsdam-Babelsberg. Die Serie zeigt finstere Hinterhöfe oder das verruchte Varieté „Moka Efti“ mit Tänzerinnen im Bananen-Rock. Einiges gab es wirklich: etwa die Rote Burg, das Polizeipräsidium am Alexanderplatz, oder den legendären Berliner Ermittler Ernst Gennat, Spitzname Buddha.
 
Wer als Leser gespannt ist, wer den Part der Hauptfiguren bekommt, wird nicht enttäuscht: Volker Bruch als Kommissar Gereon Rath und Liv Lisa Fries als seine Kollegin Charlotte Ritter sind richtig gut. Außerdem machen viele bekannte Schauspieler mit, darunter Peter Kurth, Lars Eidinger, Jördis Triebel, Fritzi Haberlandt, Hannah Herzsprung und Benno Fürmann.
 
Zur Handlung: Es ist das Jahr 1929. Kommissar Rath verschlägt es aus Köln nach Berlin zur Sittenpolizei. Er bekommt es dort mit einem Pornoring zutun – und muss erst noch seine Rolle bei den neuen Kollegen finden. Rath hat ein Kriegstrauma, er braucht gegen das Zittern die kleinen Ampullen in seiner Tasche. Seine Kollegin Charlotte Ritter erfährt davon – sie hat aber selbst auch ein Geheimnis.
 
Natürlich geht es um mehr: etwa um das Elend in den Armenvierteln, die Exzesse im Nachtleben und die Arbeit der Polizei in einer Stadt, die brodelt, um historische Ereignisse wie die Straßenschlacht im „Blutmai“. Laut der Macher ist es „die erste deutsche TV-Serie, die die politische Entwicklung der Weimarer Republik in allen Facetten und Gesellschaftsschichten erzählt“. Das Buch ist frei interpretiert, manches wirkt etwas kulissenhaft. Autor Volker Kutscher fand die Serie „wunderbar“. Ob es dem „Tatort“-Publikum auch so geht?[Caroline Bock]

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  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com

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