Franken-„Tatort“ bietet zuviel Geschichten und Klischees

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Zum wiederholten Mal greift der „Tatort“ das immer noch aktuelle Thema Flüchtlinge auf. Die fränkischen Kommissare treffen in „Am Ende geht man nackt“ auf zahlreiche Klischees und zu viele Geschichten für einen packenden Krimi.

Ein Brandsatz fliegt durch das Dachfenster, eine Gasflasche explodiert und schnell steht die halbe Küche in Flammen. Eine junge Frau aus Kamerun stirbt, ein Mann erleidet schwerste Brandverletzungen. Auch der neue Franken-„Tatort“ beschäftigt sich mit dem Thema Flüchtlinge – wie schon mehrere „Tatort“-Krimis zuvor. Dabei schlägt sich der in Bamberg und Nürnberg gedrehte Krimi jedoch auf keine Seite – in diesem Flüchtlings-„Tatort“ kriegt so ziemlich jeder sein Fett weg.
 
In der dritten Ausgabe des ARD-Kultkrimis aus Nordbayern mit dem Titel „Am Ende geht man nackt“ an diesem Sonntag um 20.15 Uhr gibt es Neonazis mit dumpfem Fremdenhass und geldgierige Bauunternehmer, die aus dem Elend der Geflüchteten noch Profit schlagen wollen. Der Film erzählt aber auch von kleinkriminellen Flüchtlingen und von Polizisten, die lieber dem deutschen Nazi glauben als dem Zuwanderer aus Syrien.

Und genau das sei die große Stärke des Films, sagt Darstellerin Dagmar Manzel. Die 58-Jährige spielt im Franken-„Tatort“ Hauptkommissarin Paula Ringelhahn. Beim Thema Flüchtlinge gebe es so viele verschiedene Reaktionen, Verhaltensweisen und Ansichten, sagt Manzel. „Das Wichtigste war, aus vielen verschiedenen Blickwinkeln auf das Thema zu schauen. Dass man es eben nicht Schwarz und Weiß sieht – dort die Guten und da die Bösen.“ Mit Schwarzweißdenken beginne nämlich das Problem. „Das ist eine Vorstufe von Hass.“
 
Der neue Franken-„Tatort“ bedient damit jedoch auch sehr viele Klischees – und er spielt mit anderen: Ermittler Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) bedauert etwa die junge Afrikanerin, die bei dem Brandanschlag auf die Bamberger Unterkunft getötet wurde. Zuerst habe sie – wie er annimmt – eine mühevolle Flucht durch halb Afrika und über das Mittelmeer hinter sich gebracht, um dann in Deutschland zu sterben. Seine Kollegin Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) holt ihn jedoch schnell zurück in die Realität: „Sie ist geflogen.“
 
Stark wird der Film, wenn er zeigt, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge im vergangenen Jahr hierzulande leben mussten: Eng zusammengepfercht in behelfsmäßigen Notunterkünften, mit zu wenigen Duschen und Toiletten, in Stockbetten ohne Privatsphäre. Er zeigt, wie langsam die Mühlen der Bürokratie mahlten und dass Einige dabei schlicht vergessen wurden. Und er zeigt, wie manche deutsche Selbstverständlichkeit auch interpretiert werden kann – etwa, wenn einer der Flüchtlinge den anderen erklärt, dass man einen Euro für den Einkaufswagen braucht: „Deutsche glauben, du klaust.“
 
Um herauszufinden, ob es in der Gemeinschaftsunterkunft einen zweiten Täter gab, schleust sich Hauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) als verdeckter Ermittler ein. Er freundet sich mit dem Syrer Basem (Mohamed Issa) an, der dort nach seinem Bruder sucht, und überlegt sogar, den jungen Mann zu adoptieren. Erstmals bekommen die Zuschauer dabei ein wenig mehr Einblick, wie der Kommissar tickt.
 
Weit mehr Raum nehmen jedoch die vielen kleinen Geschichten rund um die Flüchtlinge ein – von der heimlichen Liebesaffäre über den illegalen Putz-Job, mit dem sich die Bewohner der Unterkunft ein paar Euro dazuverdienen, bis hin zu den ehrenamtlichen Helfern, die in dem Heim arbeiten, „weil es unanständig wäre, es nicht zu tun“.
 
„Die Absicht war, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern das Umfeld, in dem die Flüchtlinge hier ankommen und mit dem sie sich auseinandersetzen müssen“, sagt Dagmar Manzel. Ein wenig verzettelt sich der Film dabei jedoch. Aufgrund der Vielzahl der Figuren bleiben ihre einzelnen Geschichten eher an der Oberfläche. Und so richtig spannend – und auch emotional – wird es erst ganz am Schluss.

[Catherine Simon/buhl]

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