„GNTM“: ProSieben geht gegen kritischen Psychiater vor

20
67
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

Der Psychiater Dr. Manfred Lütz übte vor Kurzem scharfe Kritik an der Sendung „Germany’s Next Topmodel“. Laut Lütz sei diese „mörderisch“ und nehme „eiskalt den Tod junger Mädchen in Kauf“. Nun geht der Sender offenbar gegen ihn vor – mit einer Unterlassungserklärung.

Bereits seit längerem steht „Germany’s Next Topmodel“ in der Kritik: Die Mädchen seien nahe an der Magersucht und der psychologische Druck sei für einige der zum Teil gerade einmal 16-Jährigen zu enorm, geradezu schädigend. Auch Heidi Klum selbst erschien kürzlich so dünn wie nie. In einer neuen IZI-Studie wurden 241 Menschen, vorwiegend Mädchen und junge Frauen, die an einer Essstörung leiden und sich deshalb in therapeutischer Behandlung befinden, zu dem Einfluss von Fernsehsendungen auf ihre Krankheit befragt. 70 dieser 241 Personen gaben an, dass „GNTM“ einen starken Einfluss auf ihre Erkrankung gehabt habe. ProSieben hingegen war der Ansicht, dass Übergewicht gesellschaftlich ein viel größeres Problem darstelle.

Diese Ereignisse waren Grund genug für Dr. Manfred Lütz starke Kritik an der Sendung zu üben. Er bezeichnete diese als „mörderische Sendung, die eiskalt den Tod junger Mädchen in Kauf nimmt“. In einem Interview mit dem „Stern“ vom Montag begründet Lütz seine Aussage damit, dass er als Psychiater sehr genau wisse, wie stark viele junge Frauen unter der Krankheit und dem vermeintlichen Schönheitsideal leiden. „Magersucht ist die tödlichste psychische Erkrankung überhaupt, 10 bis 15 Prozent der jungen Frauen sterben daran“, so Lütz weiter. Der Psychiater hätte sich von ProSieben eine seriösere Reaktion auf die Studie erhofft, beispielsweise einige erkrankte Mädchen und Fachleute in die Redaktion einzuladen und mit Heidi Klum zu erörtern, wie man den krankmachenden Effekt der Sendung zumindest reduzieren könnte.
 
Diese Kritik hat nun Folgen. Wie Dr. Lütz dem „Stern“ gegenüber sagte, erhielt er nach seiner letzten E-Mail an Klums Vater, der die Modelagentur One Eins betreibt, einen Anwaltsbrief von ProSieben mit einer Unterlassungserklärung. Diese habe er jedoch nicht unterschrieben.
 
Lütz räumt ein, dass er keinesfalls behauptet, Heidi Klum sei allein verantwortlich für die Erkrankung junger Mädchen, da Magersucht eine multifaktorielle Erkrankung ist. Jedoch sieht er den Aufbau und das Leitbild der Sendung als durchaus mitverantwortlich beziehungsweise verstärkenden Faktor an. Zudem wirke sich die suggerierte Botschaft der Sendung, „Für Erfolg im Leben musst du dich manipulieren lassen“, verheerend auf die Psyche junger Mädchen aus, so Lütz. weiter.
 
Trotz der Unterlassungserklärung will der Psychiater an seinem Standpunkt festhalten: Er fordert, dass ProSieben nicht einfach zynisch darüber hinwegsehen sollte, dass offenbar einige Effekte der Sendung eine tödliche Krankheit fördern können.
 
Dieses höchstsensible und schon seit langem heiß diskutierte Thema dürfte daher sowohl für ProSieben als auch für das Publikum und die Medizin sicher nicht so schnell vom Tisch sein. Erst recht nicht, da sich nun auch die deutschen Medienwächter mit der Show und dem Problem befassen wollen. [ag]

Bildquelle:

  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

20 Kommentare im Forum

  1. AW: "GNTM": ProSieben geht gegen kritischen Psychiater vor Naja, er übertreibts finde ich. Er hat vielleicht recht, aber so drastisch finde ich ist es nicht.
  2. AW: "GNTM": ProSieben geht gegen kritischen Psychiater vor Das ist richtig aber ohne diese Übertreibung würde man ihn überhaupt nicht beachten.
Alle Kommentare 20 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum