Gefangen in der Google-Zensurmaschine

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

Regelmäßig wird in den Medien über die prüden Richtlinien der Suchmaschine Google berichtet, denen sogar harmlose Zeitungscover zum Opfer fallen und die manch eine Webseite an den Rande des Ruins treiben. Jetzt hat der Zensur-Riese auch bei digitalfernsehen.de hart zugeschlagen.

Die kleinen bezahlten Textblöcke der Suchmaschine Google sind weithin bekannt, bieten sie doch dem Betreiber einer Webseite weitere Einkünfte neben den klassischen Werbebannern. Für Nutzer sind sie ebenfalls interessant, weil sie auf den entsprechenden Inhalt der aufgerufenen Seite abgestimmt sind und ihn zu passenden Angeboten von Shops oder anderen Werbepartnern leiten. Ein gutes System für alle Seiten – vor allem für den Suchgiganten Google, der im Jahr Millarden Dollar mit seinem Adsense-System einstreicht. Regelmäßig meldeten sich in den letzten Jahren sogar Google-Mitarbeiter telefonisch beim DF-Onlineteam und optimierten gemeinsam die Einblendungen.
Für digitalfernsehen.de scheint die jahrelange Zusammenarbeit aber wohl nun zu Ende zu gehen, denn unsere Redaktion befindet sich in einer Art Zeitschleife der Google-Zensurmaschine. Fans der Serie „Star Trek – The Next Generation“ kennen die Folge „Déjà Vu“, in der die Crew der Enterprise täglich aufs Neue ein anderes Raumschiff rammt und zerstört wird, um am folgenden Tag diesen Ablauf noch einmal zu wiederholen. 
Aber von vorne: Um dem Leser die passenden Text- oder Grafikanzeigen liefern zu können, scannt Google jede einzelne Seite ab, bevor die Einblendungen erfolgen. Befinden sich böse Schlagworte wie „Porno“ oder „Sex“ darunter, wird automatisch keine Werbung eingeblendet und die entsprechenden Blöcke bleiben leer. Das ist kein Problem, denn über so viele Meldungen „Pornosender XY auf Satellit gestartet“ berichtet die DF-Redaktion nicht. Auch die Berichterstattung über die Redtube-Abmahnungen fielen bei Google damals durch. Seis drum.
Spannender wird es bei den Bildern auf der Webseite. So wurde im DF-Onlinespezial „Die schönste Nebensache der Welt“ zum Thema Erotiksender via Satellit im Oktober 2013 das Einstiegsbild des Artikels moniert. Zu sehen war dort zwar lediglich das nett bekleidete Dekolleté einer Frau. Aber schon das verstößt gegen Google AdSense-Richtlinien. Denn laut Google nicht jugendfrei sind „Aufreizend bedeckte Körperteile“, „Durchscheinende oder durchsichtige Kleidung“, „Anzügliche oder provokative Posen“ sowie „Großaufnahmen von Brüsten, Gesäßbacken oder des Unterleibs“. Bei Bild-Verstößen reagiert Google ungleich härter: Die Anzeigen auf der gesamten Webseite werden abgeschaltet. (Fast) kein Problem: Teaserbild gelöscht, Screenshots „spannender“ TV-Sender gleich vorsichtshalber mitgelöscht – nach kurzer Zeit war alles wieder in Butter.

Doch jetzt stellt sich das nächste Problem ein: Wie wird mit Bildern von Promis verfahren? Jessica Alba in Kino-Pose, Pamela Anderson in Baywatch-Montur oder Keira Knightley am Strand bei Fluch der Karibik – das hat natürlich nichts mit digitalfernsehen.de zu tun. Aber in unserem äußerst beliebten Onlineforum mit seinen über 6 Millionen Beiträgen werden gerne einmal solche Fotos gepostet. Auch hier meldete Google Bedarf an, so dass das Forenteam in den vergangenen Monaten solch beliebte Themen wie „Scharfe Feger mit heißen Kurven“ zum Leid vieler Nutzer löschen musste. Immer wieder verbunden mit stundenweiser Abschaltung der kompletten Google-Anzeigen.
Der Start unserer Zeitschleife liegt jetzt schon über eine Woche zurück und begann am 4. Juli, als Google das gepostete Bild eines Fußball-Fans monierte, der den Schnappschuss einer Truppe nackter Hobbyfußballer postete. Ja, „vollständige Nacktheit“ fällt unter die Google-Zensur und so wurde das Bild promt aus dem entsprechenden Thema entfernt, damit die Google-Anzeigen wieder eingeblendet werden. Das blieb aber diesmal aus. Das DF-Team legte Einspruch bei Google ein, erntete aber nur eine Standardmail, dass noch immer gegen die Richtlinien verstoßen wird. 
Nachdem fünf Tage und mehrere erfolglose Einsprüche vergangen waren, gab es eine erste persönliche Antwort vom Adsense-Support, dass noch weitere Bilder zu finden seien und man doch einfach mal die Google-Bildersuche benutzen sollte. Als Beispiel wurden fünf Beiträge aus dem DF-Forum angehängt, die teilweise aus dem Jahr 2007 stammten. Google monierte also auf einmal Bilder, die seit sieben Jahren schon im Forum standen – zumeist Screenshots von Fans der BigBrother-Übertragungen beim damaligen Premiere. Kein Problem, so löschte das DF-Team halt alle Fotos, die nur irgendwie Frauen oder „Haut“ zeigten.
Zwischendurch wurden die von den eigenen Google-Mitarbeitern vor einem Jahr selbst vorgeschlagenen Änderungen an den Anzeigen im Onlineforum beanstandet. In welch irrer Welt leben wir, wo eine Abteilung mehrere Optimierungen vorschlägt und später eine andere Abteilung des gleichen Unternehmens eben diese Änderungen abstraft – auf dem Rücken des Seitenbetreibers. Weitere sechs Tage und erfolglose Einsprüche später gibt es noch immer keine Google-Anzeigen mehr bei digitalfernsehen.de. Der Such-Riese hat uns in seine Zensurmaschine gesteckt und lässt uns nicht mehr heraus.
Die Crew der Enterprise hat es in der Episode von 1992 mit einem gekonnten Manöver aus der Zeitschleife geschafft. Wir bei digitalfernsehen.de werden uns nun wohl von den Google-Anzeigen verabschieden müssen, um so der Zensurmaschine zu entkommen. Unser Vermarkter Hi Media nimmt gerne alle Unternehmen auf, die bisher über Adsense bei uns gebucht haben und nun auf einen der Premiumplätze kommen möchten.

[Kommentar von Florian Pötzsch, Herausgeber digitalfernsehen.de]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

42 Kommentare im Forum

  1. Gibt's nicht noch andere Anbieter ausser diesen Leuten von Google? Oder Ihr solltet mal Berichte über Waffen, Spinage und Krieg machen, vielleicht noch Hetze gegen die Demokraten und schon bekommt ihr die Werbung wieder.
  2. AW: Gefangen in der Google-Zensurmaschine Hey Google. Wir sind hier nicht in Amerika. Bei uns nimmt man es etwas lockerer.
  3. AW: Gefangen in der Google-Zensurmaschine Erstaunlich welche Verrenkungen DF bereits in der Vergangenheit gemacht hat, statt frühzeitig die Reißleine zu ziehen.
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