Geplante ORF-Verschlüsselung wird ein Fall für Brüssel

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Bild: © JuergenL - Fotolia.com
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Die drohende Nicht-Empfangbarkeit im deutschen Grenzgebiet widerspricht einem Europa ohne Grenzen. Eine Onlinepetition der Freien Wähler zum Erhalt des freien ORF-Empfangs wird genauso scheitern wie 1998, als bayerische Politiker damals den Empfang von ORF1 erhalten wollten und es auch Gespräche mit dem ORF in der Staatskanzlei gegeben hat.

Damals musste der Österreichische Rundfunk die Strahlungsleistung von ORF1 aufgrund des massiven Drucks der deutschen Privatsender soweit reduzieren, dass das Programm in München nicht mehr mit normalem Antennenaufwand empfangbar war. Der frühere RTL2-Chef Gerald Zeiler wurde hierfür ORF-Intendant, schaltete ORF1 in Richtung Deutschland quasi aus und wurde anschließend Chef von RTL in Köln. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.
 
2016/2017 wird der ORF die terrestrische Ausstrahlung von DVB-T auf die effizientere Nachfolgenorm DVB-T2 umstellen und gleichzeitig HDTV einführen. Dabei soll auch das Signal verschlüsselt werden. Stets betonen ORF und deren Technik-Tochter ORS, dass dies aus urheberrechtlichen Gründen erfolgen müsse. Dies ist jedoch nur ein vorgeschobenes Argument. HD-Signale werden aus kommerziellen Gründen verschlüsselt, um zusätzlich zu verdienen. In allen österreichischen Kabelnetzen sind die HD-Sender des ORFs unverschlüsselt zu finden, ebenso via Antenne in Südtirol.

Die ORS hat in Österreich mit SimpliTV bereits ein DVB-T2-Bezahlpaket gestartet, dem es jedoch laut Beobachtern noch stark an Kunden mangelt. Wenn man nun die ORF-Signale verschlüsselt, müssen sich die österreichischen Haushalte geeignete PayTV-Receiver oder -Module zulegen und sind quasi „PayTV ready“. Es bedarf nur noch einen Anruf, um auch das Bezahlpaket zu aktivieren. Dass nun die bayerischen Grenzregionen künftig vom Empfang ganz ausgeschlossen werden, nimmt man in Österreich zugunsten eines hoffentlich kommerziellen Erfolges billigend in Kauf.
 
Um in Deutschland den ORF-Empfang zu wahren, muss man die bisherigen starren und Länder bezogenen Urheberrechtsregelungen zu Fall bringen. In einem Europa ohne Grenzen muss es möglich sein, auch Programme aus den Nachbarländern legal empfangen zu können. Genauso muss es möglich sein, dass man künftig auch z. B. in Rosenheim das österreichische SimpliTV-Paket abonnieren kann (und damit eine ORF-Freischaltung erreicht). Um eine österreichische „TV-Maut“ werden Empfangswillige wohl nicht herumkommen. Aber derzeit ist es ja nicht einmal möglich das in Deutschland zu kaufen. Ein klarer Fall für Brüssel. [Kommentar von Stefan Hofmeir, Mitherausgeber DIGITAL FERNSEHEN]

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95 Kommentare im Forum

  1. AW: Geplante ORF-Verschlüsselung wird ein Fall für Brüssel Wieso wird denn da um die DVB-T Verschlüsselung so ein Aufstand gemacht, wo man doch schon vor 15 Jahren dazu gezwungen wurde, das Sat-Signal abzuriegeln, das noch viel weiter als München verfügbar gewesen wäre? Wenn schon Europa ohne Grenzen dann richtig. Diese Aussage ist im Fall des ORF ja auch nicht richtig - denen ging es ja eigentlich nur darum, das Signal möglichst an der Landesgrenze abzuschneiden, damit die Deutschen gezwungen sind Privatsender zu sehen. Eine Verschlüsselung über Kabel wird dafür ja nicht benötigt, lediglich das Sat- und Antennensignal kann ja nicht so genau kontrolliert werden. Über SimpliTV wird ja auch keine zusätzliche Gebühr für die ORF HD-Sender fällig, man muss sie nur freischalten lassen.
  2. AW: Geplante ORF-Verschlüsselung wird ein Fall für Brüssel SimpliTV wird nicht verschlüsselt, damit man dt. Zuschauer aussperren kann im Grenzgebiet. Das macht keinen Sinn, dann würde es reichen nur das Paket in Salzburg zu verschlüsseln. Es geht einfach um den kommerziellen Arm. Man will, dass die Österreicher SimpliTV Equipment kaufen um die kostenpflichtigen Pakete zu abonnieren. Anders als die dt. ÖR hat sich der ORF dem Diktat von RTL und Co unterworfen. Eine unverschlüsselte ORF Ausstrahlung würde die Vermarktung von SimpliTV behindern.
  3. AW: Geplante ORF-Verschlüsselung wird ein Fall für Brüssel Vor allem ging es immer nur um die Unterbindung von ORFeins. Von dem Aspekt müsste man ORF2, ORF III und ORFSport+ gar nicht per DVB-T2 verschlüsseln. ServusTV und 3Sat schon gar nicht. Ich habe bei ServusTV und 3Sat nachgefragt, jetzt kommt überhaupt das Beste: 3Sat sagte mir sie haben keinen Einfluss auf die Art der Ausstrahlung, insbesondere ob verschlüsselt wird. ServusTV: es wäre eine eigene Sendelizenz nötig gewesen um unverschlüsselt senden zu können. SimpliTV hat ihnen das Angebot gemacht kostengünstig über DVB-T2 zu senden unter der Bedingung, dass die Verschlüsselung akzeptiert wird! Auch das vorgeschobene Argument, dass die Verschlüsselung aus Urheberrechtsgründen sein muss, hat Terranus bestens erkannt. Der Autor des Artikels, Dipl.-Ing. Hofmeier hat dieses vorgeschobene Argument bestens beschrieben. Wenn der Gaisberg soweit nach Deutschland strahlt: Man könnte diese dank der Möglichkeit eines Gleichwellennetzes noch mehr Richtung Deutschland zurückdrehen und die Stadt Salzburg über den Sender Zinkenkogel und Högl versorgen.
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