„Gravierende Mängel“: ARD jagt Degeto-Chef vom Hof [Update]

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die ARD kommt nicht zur Ruhe: Nach dem Skandal beim Kika und dem Wirbel um MDR-Unterhaltungschef Udo Foht muss jetzt bei der Produktionstochter Degeto Geschäftsführer Hans-Wolfgang Jurgan wegen Unregelmäßigkeiten seinen Hut nehmen.

Die Filmfirma Degeto trennt sich wegen „gravierender organisatorischer Mängel“ von Geschäftsführer Hans-Wolfgang Jurgan. Der 61-Jährige wurde am Dienstag mit sofortiger Wirkung abberufen. Das teilte die Gesellschafterversammlung der in Frankfurt ansässigen Degeto nach ihrer Sitzung mit (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
 
Die Prüfung der Geschäftsabläufe habe diese Mängel aufgedeckt, die in Jurgans Verantwortung gelegen hätten. Außerdem hätten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die WDR-Revision festgestellt, dass Jurgan seine Berichts- und Informationspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat verletzt habe. Jurgan war bis Dienstagnachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Für den Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung sei „das notwendige Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben“, hieß es in der Mitteilung. Neben der sofortigen Abberufung beschloss die Gesellschafterversammlung auch „arbeitsrechtliche Prüfungen“. Die neue Aufsichtsratsvorsitzende, RBB-Intendantin Dagmar Reim, setzte zudem eine Arbeitsgruppe ein, die die Strukturen der Degeto überprüfen soll.
 
Die Degeto, die die Produktionen von ARD-Filmen und -Serien in Auftrag gibt und Lizenzprogramme einkauft, hatte für die Jahre 2010 bis 2012 mehr Film- und Serienmaterial bestellt, als der Etat es zuließ, wie im Frühherbst bekannt wurde. Die Ausgaben im Jahr 2009 hatten laut Degeto-Auskunft bei 426 Millionen Euro gelegen. Im Jahr 2006 waren es noch rund 400 Millionen Euro gewesen.
 
Die Degeto räumte vor gut zwei Monaten ein, dass sie in den Jahren 2010 und 2011 ihr Engagement „sowohl im Lizenzerwerb als auch in der Produktion intensiviert“ habe und daher im sorgsamen Umgang mit Gebührengeldern verpflichtet sei, zunächst vorrangig ihren Programmvorrat einzubringen, bevor wieder verstärkt Aufträge in den Markt vergeben werden könnten. Ab 2014, so hoffte die Degeto im September, soll das Auftragsvolumen wieder steigen.
 
Jurgan war seit 1991 bei der Degeto tätig, seit 2001 leitete er die Firma als einer von zwei Geschäftsführern. In diesem Jahr wurde nach dem Tod von Jörn Klamroth die Ex-Filmchefin des Bayerischen Rundfunks (BR), Bettina Reitz, an seine Seite gestellt. Sie kehrt aber nun möglicherweise nächstes Jahr zum BR als Fernsehdirektorin zurück, wenn sie am 8. Dezember gewählt wird.
 
Nach ARD-Informationen soll noch während der Amtszeit Reitzes ein neuer kaufmännischer Leiter berufen werden, der aber nicht zur Geschäftsführung gehören soll. Jurgan hatte in seiner Amtszeit das Filmgeschäft stark angekurbelt. Vielfach wurde kritisiert, dass die Degeto zu seichte Filme (besonders für den Freitagabend) in der ARD platziere. Jurgan reiste oft selbst an die Drehorte, um seine Stars zu betreuen. Er ließ es sich auch nicht nehmen, auf den Premieren dabei zu sein, besonders bei großen Produktionen – bei der Kinopremiere des Udo-Jürgens-Zweiteilers „Der Mann mit dem Fagott“ in Berlin Mitte September fehlte der Geschäftsführer jedoch.
 
Nach dem Skandal um den Herstellungsleiter, der seinen Posten nach Veruntreuung und Betrug räumen musste, und den Vorgängen um den MDR-Unterhaltungschef Udo Foht, der wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten den Posten räumen musste, ist der Wirbel um die Degeto-Geschäftsführung der dritte Ärger, den die ARD innerhalb kürzester Zeit zu verkraften hat. [Carsten Rave/ar]

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