HDTV-Countdown Folge 2: Bildqualität folgt keinem Gesetz

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Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
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Wie ein Bild aussehen sollte, das lässt sich sehr einfach bestimmen. Solange man das Eingangssignal kennt und über entsprechendes Messwerkzeug verfügt, kann man mit Leichtigkeit überprüfen, ob ein Fernseher die Wahrheit zeigt. Doch was ist die Wahrheit wert?

Für technische Laien sind aktuelle Entwicklungen im Flachbild-TV-Bereich kaum durchschaubar, doch eine Sache dürfte sich in fast alle Wohnzimmer herumgesprochen haben: Die Basistechnologie für LCD-Fernseher stammt von immer weniger Anbietern. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn für viele die Schlussfolgerung lautet: Da das LCD-Panel vom gleichen Anbieter kommt, kann die Endqualität nicht grundverschieden sein. Testberichte können diese These sogar noch unterstützen: Wurden zwei Fernseher mit identischen LCD-Panels mittels Bildeinstellungen aufeinander abgeglichen, sind die Messdaten nahezu austauschbar.
 
Was für Laien an dieser Stelle nicht klar ist: Bei jeder Art von Messung wird der Fernseher in eine Art Monitormodus versetzt, denn das Eingangssignal soll am Ende mit den Messwerten übereinstimmen. Jeder Einfluss des Fernsehers, ganz gleich auf Bildkontrast oder Farben, erzeugt Abweichungen vom Sollwert (Eingangssignal) und wird oftmals mit Minuspunkten bestraft. Der Vorteil dieses Testverfahrens: Man kann sich durch Verweis auf internationale Standards unangreifbar machen und die ermittelten Daten können von zahlreichen Technikern auf der ganzen Welt korrekt interpretiert werden. Zudem sind Produktionsstudios von genormten Displays abhängig: Bei einem Team von mehreren hundert Leuten wäre es fatal, wenn jeder Mitarbeiter ein anderes Bild sehen würde.

 



Die Idee, dass Fernseher im Kern ein Kommunikationsmittel darstellen, bei dem jeder TV-Zuschauer den gleichen Bildeindruck wahrnehmen soll, hat sich bei vielen Testern im Kopf eingebrannt. Die Konsequenz: In den meisten „professionellen“ Testberichten werden viele Bildregler auf ein Minimum zurückgedreht und als wahllos eingreifende Geschmacksverstärker gebrandmarkt. TV-Hersteller stehen oftmals mit dem Rücken zur Wand: Wie soll man die Bildqualität steigern, wenn die Basistechnologie identisch zum Wettbewerb ist und jegliche Abweichung von der Norm von den meisten Testern als technischer Fehler eingestuft wird?
 
 
Qualität verstehen lernen
 
Betrachtet man das Thema Bildqualität aus einem anderen Blickwinkel, wird schon eher klar, warum TV-Hersteller immer wieder versuchen, aus den Normen auszubrechen. Kinofilmkameras nehmen ihre Daten zum Beispiel in einem völlig anderen Farbraum auf, der deutlich sattere Töne und mehr Abstufungen zulässt. Bevor der Film letztendlich auf DVD oder Blu-ray landet, wird dieser natürlich neu bearbeitet, um sicherzustellen, dass die technisch schlechtere Kopie dem Original so nahe wie möglich kommt. Das Problem: Ganz gleich wie gewissenhaft die Produzenten gearbeitet haben, Sie sehen niemals die Qualität des Originals.
 
Vergleicht man dann noch unterschiedliche Blu-ray-Fassungen eines Films miteinander und untersucht Sonys 4K-Remastered-Filme mit erweitertem Farbraum, ist das Chaos gänzlich perfekt, denn auch im Heimbereich gilt: Es gibt nicht das eine, unumstößliche Original, sondern zahlreiche Interpretationen davon.
 
TV-Hersteller versuchen deshalb immer häufiger, sich vom Dogma desunverfälschten Quellmaterials zu lösen, um limitierte Farbräume,limitierte Farbabstufungen und limitierte Auflösungs- sowieKontrastspektren zu durchbrechen. Da aber keine Technologie der Weltwissen kann, wie das Original aussah und wie stark die DVD- oderBlu-ray-Quellen vom Original abweichen, sind sämtliche Veränderungen einmunteres Ratespiel. Somit ist es wenig verwunderlich, dassFarbraumerweiterungen oder Kontrastoptimierungen je nach Hersteller zuunterschiedlichen Ergebnissen führen.

Für professionelle Tester ist der Sachverhalt deshalb eindeutig: warum sich dieser Willkür aussetzen, wenn die eigene Sicherheit doch so nah ist. Also werden sämtliche „Geschmacksverstärker“ deaktiviert und jede Abweichung im Verhältnis zum Eingangssignal infrage gestellt. Für die Endkonsumenten ist diese Vorgehensweise aber wenig praxistauglich, denn niemand kennt das Original, weder das Original auf der Disc noch das Original der Filmkamera. Alles, was unsere Augen aufnehmen, ist die Interpretation dessen, was der Fernseher daraus macht. Im Gegensatz zum Tester, der vorab definierte Messwerte auswerten kann, studiert der technische Laie ausschließlich Filmsequenzen oder Testbilder und vergleicht die unterschiedlichen Bildmodi. Am Ende entscheidet er sich vermutlich für die kontrastreichste Darstellung und diese muss nicht zwingend mit den Empfehlungen des Testers übereinstimmen.
 
Das Paradoxe: Sowohl der professionelle Tester als auch der technische Laie handeln im Kern nicht gegensätzlich, denn beide versuchen, das bestmögliche Bild beziehungsweise den bestmöglichen Bildeindruck zu erreichen. Und beide können voneinander lernen: Übertriebene Farbbooster, die gerade zur Fußball-WM-Zeit einen neongrünen Rasen hervorrufen, sind ebenso qualitätsmindernd wie Rauschfilter, die aus einer natürlichen Rasenfläche eine spiegelglatte Oberfläche zaubern. Demgegenüber sind Kontrastoptimierungen, Schärfenachbearbeitungen oder Farbraumerweiterungen sinnvoll, wenn weder die Grundaussage des Inhalts noch der Bildeindruck darunter leiden und sich der Kontrasteindruck verbessert oder Limitierungen der Display-Technik dadurch kaschiert werden. Doch nicht jeder Hersteller beherrscht das Spiel mit der Bildverarbeitung und nicht in allen Tests wird auf diese Unterschiede hingewiesen.
 
Wie optimieren TV-Hersteller die Bildqualität? Können gravierende Unterschiede entstehen, obwohl die Basistechnologie vergleichbar ist? Seien Sie dabei, wenn die Diskussion über Bildqualität neu entfacht wird.
 
Die neue Ausgabe des HDTV-Magazins mit Tests zu Sonys KD-65X9005B, Panasonics TX-58AXW804, Samsungs UE65H8090, LGs 55EA9809 und weiteren Flachbild-TVs erscheint am 23. Mai überall am Kiosk und als E-Paper.[red]

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  • Technik_Video_Artikelbild: Technik_Video_Artikelbild.jpg: © lassedesignen - Fotolia.com

3 Kommentare im Forum

  1. Interessanter Artikel. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang wieder daran, dass in vielen Tests von Samsung-TVs empfohlen wurde (wird?) den Bildmodus "Film" zu wählen. Wie man diese Empfehlung aussprechen kann, verstehe ich bis heute nicht, denn das Ergebnis ist furchtbar.
  2. AW: HDTV-Countdown Folge 2: Bildqualität folgt keinem Gesetz Das ist der im Artikel angesprochene Unterschied von Herstellern, die das Bildsignal "verzaubern", zu Herstellern, die möglichst nah am Originalbild bei der Kamera-Aufnahme bleiben wollen. Deshalb vertraue ich lieber modernen TV-Geräten von Sony oder Panasonic, die in ihren Konzernen auch Studio-Kameras produzieren...
  3. AW: HDTV-Countdown Folge 2: Bildqualität folgt keinem Gesetz Naja, wenn ich unsere Samsungs so einstelle, wie von Experten empfohlen, dann gute Nacht. Irgend etwas macht Samsung allerdings richtig, denn diese TVs räumen bei Tests immer ab.
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