„Hail, Caesar!“: Die Ode der Coens an das alte Hollywood

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Der Mythos Hollywood hat alle Krisen überstanden. Mit ihrem neuen Film zeigen Joel und Ethan Coen den Zuschauern das Hollywood der 50er Jahre – mit George Clooney, Josh Brolin und Scarlet Johannson in den Hauptrollen.

Wer einen Film der beiden Coen-Brüder Joel und Ethan schaut, der taucht ein in eine ganz eigene Welt: In „Inside Llewyn Davis“ etwa schlurft Oscar Isaac als Musiker stundenlang orientierungslos durch die Folk-Bars im New York der 60er Jahre. Jeff Bridges hingegen darf als der Dude in „The Big Lebowski“ kluge Lebenskünstler-Sprüche als Kult etablieren. Bei den Coens tritt die Geschichte oft hinter einer Stimmung zurück; als Zuschauer ist es hinterher teilweise schwerer, viel zum Inhalt wiederzugeben. Stattdessen bleibt mehr das Gefühl beim Schauen in Erinnerung.
 
Auch beim neuesten Projekt der seit drei Jahrzehnten erfolgreichen Brüder war eine solche Richtung schnell ausgemacht. „Hail, Caesar!“ galt bei Branchenseiten wie dem „Hollywood Reporter“ schon vor drei Jahren als „Liebesbrief an das Hollywood der 1950er Jahre“. Passend also, dass ein Film über Filme zum Eröffnungswerk der diesjährigen Berlinale auserkoren wurde.

Aber worum geht’s? Im Zentrum steht Eddie Mannix, ein typischer Coen-Charakter, knautschig und souverän von Josh Brolin gespielt. Mannix ist im Filmstudio Capital Pictures einer der Bosse und kümmert sich um Produktionsverzögerungen in Mexiko genauso leidenschaftlich wie um die außerehelichen Affären seiner neurotischen Starlets. Als Baird Whitlock (George Clooney), eines der Zugpferde seines Studios, entführt wird, gerät die Produktion des Prestige-Sandalenfilms „Hail, Caesar!“ ins Stocken, und Brolin macht sich auf die Suche.
 
Soweit die flotte Exposition nach rund einer Viertelstunde Film – doch spätestens dann beginnt auch hier wieder das typische Coen-Spiel, und eine Stimmung tritt in den Vordergrund: Die Zuschauer lernen das Spitzenpersonal des Studios Stück für Stück als Nummernrevue kennen, jede einzelne Rolle ist dabei exzellent besetzt. Für den im Original mit breitem texanischen Akzent knarzenden Alden Ehrenreich dürfte seine Rolle als Western-Herzensbrecher Hobie Doyle der Durchbruch werden. Andere müssen nichts mehr beweisen, sondern unterhalten einfach nur.
 
Das gelingt sogar sehr gut. Den Zuschauern bereitet es schlicht Spaß, Channing Tatum bei einer perfekt choreografierten Stepptanznummer zu sehen. Es ist amüsant, dass Scarlett Johansson längst nicht die herzensreine Schwimm-Revue-Unschuld ist, die ihr Charakter DeeAnna Moran verkörpert. Und Brolins Verhandlungen mit drei Kirchenvertretern über möglicherweise anstößige Szenen im Bibel-Film sind ein fein ironischer Kommentar auf den Teil Hollywoods, in dem Geschäftssinn auf Prüderie trifft.

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Doch was bleibt? „Wie immer bei den Coens passiert mehr, als es zunächst den Anschein hat“, schrieb die Kritikerin der „New York Times“. Inmitten all des Superstar-Show-Reigens und der mosaikhaften Story ist aber nicht immer klar, worin dieses „mehr“ bestehen soll. Möglicherweise wird nicht jeder Zuschauer einen Subtext erkennen. Hinweise können da lediglich einzelne Szenen liefern: Brolin etwa weist an einer Stelle Clooney zurecht, doch gefälligst seine Rolle im Showgeschäft zu akzeptieren und zu unterhalten. Andernorts verlässt ein Star den Film, um sich Kommunisten anzuschließen.
 
All das deutet es an: Manchmal, da muss man sich in den Dienst einer höheren Sache stellen, selbst wenn deren Zeit abgelaufen scheint. Für die Filmkunst der Coens dürfte das jedoch nicht gelten. Ihr nächstes Projekt wird „Suburbicon“ sein, eine Krimigeschichte in einer Kleinstadt der 1950er Jahre mit Matt Damon und Julianne Moore in den Hauptrollen – garantiert wieder mit skurrilem Rahmen und bunt mäandernder Story.Kinokritiken im Überblick
[Christian Fahrenbach/buhl]

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