HbbTV aus den Alpen

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Mehr von den Nachbarn erfahren

Das hybride Fernsehen nach dem HbbTV-Standard ist in Deutschland seit Jahren etabliert. Alle relevanten Sender und auch zunehmend kleine Veranstalter bieten inzwischen HbbTV an.

Auch im Ausland wird HbbTV immer beliebter. So wurde es zum Beispiel im Herbst 2013 in Österreich eingeführt. Nach einem mehrmonatigen Testlauf startete HbbTV am 4. Dezember 2013 auch in der Schweiz. In der Schweiz setzt sich der öffentlichrechtliche Rundfunk aus drei Anstalten zusammen. Das SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) versorgt die Deutschschweiz mit drei TV-Sendern, RTS (Radio Television Suisse) die französische Schweiz und RSI (Radiotelevisione Svizzera) die italienische Schweiz mit je zwei Fernseh-Kanälen. HbbTV wird auf den deutschsprachigen Kanälen SRF1HD und SRF zwei HD, sowie auf den französischsprachigen Sendern RTS Un HD und RTS Deux HD angeboten.

SRF-Angebot

Das HbbTV-Angebot des SRF hat den Namen SRF+. Nach dem Wechsel auf einen HbbTV-Kanal fordert das SRF+-Icon mit „Drücken Sie bitte den roten Knopf auf Ihrer Fernbedienung“ auf, das Zusatzangebot zu nutzen. Das Hauptmenü wird ähnlich wie bei der ARD, in mehreren nebeneinander angeordneten Kacheln angezeigt. Zunächst wartet SRF mit einem grafisch aufbereiteten Teletext via HbbTV auf. Er kommt mit einer Navigationsleiste auf der linken Seite. Auch die Seitendirekteingabe ist möglich.
 
Der HbbTV-Teletext ist inhaltlich ein 1:1-Abbild des klassischen Teletexts. Via HbbTV wird er aber mit leicht lesbarer Schrift und mit Fotos illustriert. Zusätzlich kann man in einem kleinen Fenster weiter das laufende Programm sehen. Für die Sportseiten des Teletexts ist eine separate Kachel im HbbTV-Startmenü vorgesehen. Sie soll den schnelleren Zugang zu Sport-News schaffen. Sie sind aber auch über die erste Teletext-Kachel zugänglich.

SRF Player

Hinter dem SRF-Player verbirgt sich die Mediathek des Deutschschweizer Fernsehens. Die Auswahl erfolgt über eine alphabetische Vorsortierung und enthält 55 Sendereihen. Damit deckt der SRF Player so ziemlich die gesamte Vielfalt der Eigenproduktionen des Senders ab. Von Nachrichten über Magazinen bis Unterhaltung ist alles vertreten. Lediglich zugekaufte Spielfilme und Serien sucht man hier vergebens. Die Auswahl des gewünschten Inhalts erfolgt nach der alphabetischen Vorauswahl über Kacheln mit dem Sendungslogo. Die Wiedergabe startet zunächst in einem Fenster. In dessen Funktionsleiste sind eine Pausentaste und ein Info-Button enthalten. Über ihn können Details zur Sendung aufgerufen werden, die unterhalb des Wiedergabefensters eingeblendet werden. Über einen weiteren Button ist auch Vollbildwiedergabe möglich. Die Bildqualität stellt selbst auf großen Bildschirmen noch zufrieden. Allerdings kommt sie nicht an jene der Mediatheken von ARD und ZDF, sowie des ORF heran. Am besten lässt sich das Video der Schweizer HbbTV-Mediathek mit durchschnittlich gutem DVB-T vergleichen.
 
Mängel treten vor allem bei schnelleren Bewegungen auf. In ihnen schwinden viele Details und es werden kurzfristig Doppelkonturen sichtbar. Doch damit lässt sich leben. Alleine schon deshalb, weil die Schweizer Mediathek auch im Ausland, also bei uns, einen recht umfassenden Zugang zum Schweizer Fernsehen gestattet. Dank Grundverschlüsselung sind wir ja von den via Eutelsat Hot Bird auf 13° Ost ausgestrahlten Kanälen ausgesperrt. Da hat es schon einen besonderen Reiz, wenn wir einen Großteil der schweizerischen Eigenproduktionen zumindest zeitversetzt ganz legal ansehen können. Das einzige, was uns am SRF Player fehlt, ist eine Vor- und Zurückspulmöglichkeit. Der Player erlaubt ausschließlich die Wiedergabe in Echtzeit. Weiter fehlt ein Zeitbalken, der darüber informieren würde, wie lange die abgerufene Sendung ist und wie lange sie noch dauert. Mit „Zambo“ bietet das SRF-HbbTV eine eigene Mediathek für Kinder.

RTS-Angebot

Im Prinzip ist das HbbTV des französischsprachigen RTS mit dem des SRF identisch. Die Unterschiede des RTS+ benannten Services liegen aber im Detail. So bietet das Hauptmenü neun Kacheln. Den grafisch aufbereiteten hybriden Teletext und jenen speziell für Sportmeldungen gibt es genauso, wie die Lottozahlen und die Wettervorschau. Letztere ist aber aussagekräftiger als die des deutschen SRF+. Etwa, indem sie die Vorschauen und Temperaturvorhersagen für kleinräumigere Gebiete liefert. Weiter hat die bei SRF+ fehlende 5-Tages-Vorschau ihren besonderen Reiz.

Fünf Videoportale

Die RTS-Mediathek gliedert sich in fünf Portale. Je eines widmet sich den Nachrichtensendungen von RTS, Sport und Kindersendungen. Bereits diese Portale punkten mit größerer Auswahl als die der Deutschschweizer Kollegen. Zwar nicht was die Anzahl an Sendereihen betrifft, sondern in der Zugriffsmöglichkeit auf nicht nur die zuletzt ausgestrahlte Sendung. Anstatt der letzten Schweizer Tagesschau kann man die letzten fünf RTSNachrichten nachsehen. Auch beim Sport und bei Kindersendungen werden mehrere Folgen geboten. Das Kinder-Videoportal enthält auch zugekaufte japanische Zeichentrickserien. Die Sport- und Kindermediathek scheint jedoch mit mit einem Gebietsschutz versehen zu sein. Wählt man hierzulande eine Sendung aus, bleibt der Bildschirm schwarz. Dieser Verlust ist für uns aber verschmerzbar. Schließlich üben französischsprachige Inhalte auf uns einen ungleich geringeren Reiz aus als die deutschsprachigen des SRF-HbbTVs.
 
Zumindest auf die Nachrichten- und RTS-Hauptmediathek Les Emissions können auch wir zugreifen. Mit nur acht Sendereihen erscheint sie jedoch etwas mager ausgestattet zu sein. Ganz nett ist auch die fünfte Mediathek „Archives de la RTS“ Sie bietet einige historische Produktionen aus der Zeit von 1961 bis 1978. Auch sie spielt bei uns. Die Bildqualität der RTS-HbbTV-Mediatheken ist sichtbar besser als jene des SRF Players. Zuerst wirkt das Bild geringfügig schärfer. Entscheidend für den besseren Gesamteindruck ist aber die gleich bleibend gute Qualität auch bei Bewegungen und das fehlen der beim SRF-Player selten auszumachenden Doppelkonturen. Alleine die HbbTV-Beispiele des SRF und RTS zeigen uns, dass es DAS Schweizer Fernsehen nicht gibt, sondern vielmehr drei weitgehend autonom arbeitende Sendeanstalten, die auf ein einheitliches Auftreten wenig Wert legen. Was auch als Zeichen sprachlicher und kultureller Eigenständigkeit verstanden werden kann.

(Thomas Riegler)

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