[Hintergrund] Filmkulisse: Nichts ist, wie es scheint

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Sie sind die Meister der Illusion. Aus Sperrholzplatten und Tapeten können sie fast alles zaubern. Fantasie und Spaß am Tüfteln sind Voraussetzung für die Zunft der Kulissenbauer.

Roland Emmerichs Shakespeare-Drama „Anonymous“ hat die Kunst der Kulissenbauer deutlich gemacht. Für den Streifen des Hollywood-Regisseurs, der im September Weltpremiere hatte, wurde ein dreistöckiges Holz-Theater dem historischen elisabethanischen Theaterbau in London nachempfunden, in dem der englische Dramatiker William Shakespeare (1564-1616) seine Stücke aufführte. Die Kulisse aus dem Filmstudio Babelsberg ist so gut gelungen, dass es Überlegungen gibt, sie zur echten Spielstätte umzurüsten. In Potsdam steht unterdessen das nächste Großprojekt an: Die Dreharbeiten zu „Cloud Atlas“ nach dem Bestseller „Der Wolkenatlas“ von David Mitchell Tom Hanks und Halle Berry starten.

Die Vorbereitungen laufen seit Wochen, berichtet Kulissenbauer Robert Krüger. Der 53-Jährige hat das Buch gelesen, um die richtigen Ideen zu bekommen. „Das Spannende ist, dass die Geschichte über Jahre hinweg geht“, sagt er. Zukunft und Vergangenheit sind die großen Themen – sie müssen Krüger und sein Team künstlerisch so umsetzen, dass sie den Regisseuren Tom Tykwer („Das Parfum“) nebst Andy und Lana Wachowski („Matrix“-Trilogie) gefällt. „Allein schon logistisch eine Herausforderung“, meint der Leiter der Abteilung Oberfläche im Filmstudio Babelsberg.

Seit 25 Jahren ist der gelernte Baufacharbeiter dabei. Marmor, getäfelte Holzwände in Nazi-Gebäuden, marode Eleganz oder ein verwittertes Schieferdach – die Wünsche der Filmemacher sind
unendlich. Ob einst für die Ufa-Filme oder zu DDR-Zeiten für die Defa – die Kulissenbauer hatten immer einen guten Ruf und reichlich zu tun.

So ging denn auch bei wüsten Schießszenen in „The International“ mit Armin Mueller-Stahl kein Kunstwerk im berühmten New Yorker Guggenheim-Museum kaputt. „Wir haben das Museum nachgebaut. Das war sehr kompliziert und immens teuer“, berichtet Krüger. Drei Etagen
haben die Babelsberger gefertigt mit einem Durchmesser von 20 Meter. „Der Autor hat sich wie ein kleines Kind gefreut. Er hat lange suchen müssen nach jemanden, der ihm diese Kulisse baut.“

Täuschend echt war offensichtlich auch die Villa in „Ghost Writer“ von Roman Polanski: „Ständig haben Menschen nachgefragt, wo das tolle Haus steht“, berichtet Filmstudio-Sprecher Eike Wolf. Doch die Villa war nur Illusion: Die Außenfassade stand auf der Ostseeinsel Usedom. Ihr Innenleben war in der Marlene-Dietrich-Halle aufgebaut, deren Name an die fast 100-Jährige Geschichte des Standorts erinnert, wo Filme wie „Der blaue Engel“ entstanden.

Manchmal geht aber auch etwas schief – beispielsweise beim Action-Film „Die Bourne Verschwörung“. Da rasten die Kulissenbauer mit Bus und Lastwagen nach in Berlin-Lichtenberg, um ein Zugdach neu für Dreharbeiten zu präparieren. Bei etwa 300 000 Euro pro Drehtag
eine selbstverständliche Rettungsaktion.

Einen Drehtag mit einer Crew von 300 Leuten in den Sand setzen, das macht man in der Branche nur einmal, sagt Markus Bensch, Location-Manager von Studio Babelsberg. Zu seinen Produktionen gehört „Die Bourne Verschwörung“ mit Matt Damon. „Viele Szenen haben in Moskau gespielt – die Straßen und Plätze dafür standen in Berlin und Potsdam“, berichtet Bensch.

Er betrachtet seine Umgebung stets mit besonderen Augen: Wie man sie für den Film nutzen könnte. Nicht immer lässt sich der Wunsch jedoch realisieren: So bekam er 2004 die Reichstagskuppel für
„Mission Impossible 3“ mit Tom Cruise nicht. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wollte den Ort nicht für kommerzielle Zwecke vermarkten.

Andere Orte zeigten sich da aufgeschlossener: Für den Film „Der Vorleser“ mit Kate Winslet wurde die deutsch-polnische Grenzstadt Görlitz in Sachsen zum Heidelberg in den 1950er Jahren. „Das war
alles frisch renoviert – und dann kamen wir und haben alles wieder grau gemacht“, berichtet Bensch. Aber keine Sorge: Die Filmemacher haben nach Drehende alles wieder hübsch gemacht.

[Marion van der Kraats]

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