Im Test: Standlautsprecher PIOSound Eagle

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Die Freiheit in Raum und Klang

Wenn es darum geht, die geliebte Wohnumgebung so einzurichten, dass auch der Musikgenuss nicht mit Kompromissen behaftet ist, braucht es manchmal etwas Besonderes. Zum Beispiel einen farblich anpassbaren Elektrostaten.

Ein elektrostatischer Lautsprecher ist etwas Besonderes. Das Prinzip ist schon lange bekannt und es gab auch viele serienreife Produkte, aber vielfach überzeugten die Produkte die Musikliebhaber nicht. An dieser Stelle die Kinderkrankheiten aufzuzählen, ist eine vergebliche Mühe. Viel interessanter ist das klangliche Ergebnis, welches die Elektrostaten von PIOSound heute erreichen. Wir haben uns auf der diesjährigen High-End-Messe in München das mittlere Modell namens Eagle angehört. Es verstrich eine kleine Weile, bis der Adler auch in unserem Hörraum landete. Dass der Vertrieb die Aufmerksamkeit für das Produkt auf das Design lenkt, ist völlig legitim, denn die mannshohe Konstruktion beeindruckt auch optisch. Was jeden Innenarchitekten positiv berühren wird, ist, dass die farblichen Anpassungen an den Wohnraum kaum begrenzt sind.
 
Auf der anderen Seite braucht der Elektrostat auch im Hintergrund seines Aufstellungsortes etwas Platz, d. h. direkt an die Wand stellen können Sie ihn nicht, aber dazu später mehr. Und trotzdem ist die Konstruktion beeindruckend, denn in der Tiefe erscheint sie gerade einmal zwei Finger breit. Somit wird dem Wohnraum kaum etwas von seiner optischen Freiheit entzogen. Im Gegenteil – Sie gewinnen sogar eine neue klangliche Freiheit hinzu, die Ihnen die Illusion vom Panoramafenster zum Konzertsaal ein Stück näher bringt. Wie erreicht man das technologisch? Der Eagle darf sich zu Recht als Vollbereichslautsprecher bezeichnen, denn als Elektrostat verfügt er über getrennte Wiedergabeeinheiten für die hohen und tiefen Töne des gesamten Musikfrequenzbereiches.
 
Dabei stellten wir fest, dass die höheren Frequenzen aus dem mittleren Segment ausgesandt werden. Die darüber und darunterliegenden Einheiten strahlen die tiefen Töne ab. Das ist schon bemerkenswert, waren doch die ersten Elektrostaten durchgängig für den gesamten Frequenzbereich angefertigt worden, mit dem Effekt, dass die tiefen Frequenzen wie Bässe schwer mit ausreichend Schallenergie übertragbar waren. Dazu braucht es eine größere Membranfläche, um die Luft in Schwingungen zu versetzen, über die der PIOSound Eagle verfügt. Zudem bietet er auch noch mehrere Segmente, die sich flexibler ansteuern lassen. Sein großer Vorteil ist die Kontrolle der Phasenverschiebungen für die elektrischen Signale der einzelnen Elemente. Erst dies ermöglicht eine saubere Reproduktion einer akustischen Bühne.

Ein Lautsprecher dieser Bauart strahlt seine Schallwellen mit der gleichen Intensität in Richtung Zuhörer und genau dem entgegengesetzt nach hinten ab. Die Richtwirkung der Schallwellenabstrahlung nimmt dabei mit steigender Frequenz zu. Bei dem Eagle dagegen wurde das elektrostatische Element für die hohen Tonfrequenzen, auf eine breite Schallverteilung angepasst. Die Schallwellen der tieferen Frequenzen dagegen breiten sich so aus, dass sie auch die Rückseite des Elektrostaten erreichen. Das liegt in der Physik der Schallwellenlängen begründet. Somit kommt es hier zu Interferenzen aus vorderseitigen und rückseitigen Schallanteilen. Dabei finden zum größten Teil bei allen Elektrostatenkonstruktionen Auslöschungen im Bereich der Bassfrequenzen statt und der Wirkungsgrad in diesem Übertragungsbereich nimmt stark ab.
 
Steht ein Elektrostat sehr nah mit seiner Rückseite an einer Wand, die nicht die Schallenergie absorbiert, sondern reflektiert, kommt es ebenfalls zu Interferenzen mit unterschiedlichen Folgen. Diese reichen bis zu den der mittleren Frequenzen des Übertragungsbereiches und führen zu hörbaren Klangbeeinflussungen. Der Elektrostat braucht und liebt seine freie Aufstellung. Das Modell Eagle von PIOSound kann trotz aller bisherigen physikalischen Einschränkungen in der Kategorie Bassübertragung laut Hersteller erstaunlich tief bis 45 Hertz (Hz) bei –3 Dezibel (dB) übertragen. Das Thema Hightech haben wir dabei noch gar nicht angesprochen. Die gesamte Konstruktion steht unter einer gezielten Prozessorkontrolle. Dazu gehören die Kontrolle der Hochspannungsaufbereitung und deren gezielte Abschaltung, wenn keine Wiedergabe erfolgt.
 
Damit wird dem Verstauben der Membran vorgebeugt, die Wiedergabequalität sowie die Lebensdauer erhöht. Die eigentliche, schallemittierende Membran entspricht nur dem Bruchteil einer Haaresbreite. Auf ihr sind Kohlenstoff-Nanofasern als elektrisch leitende Schicht aufgedruckt, sie bieten gleichmäßigere Eigenschaften für die Ladungsträger. So wird die eigentlich zu bewegende Masse der Membran klein gehalten und deren Impulsverhalten verbessert. Ein Novum ist eine spezielle Faser, die auf die Rückseiten der Lochbleche, welche die Membran einschließen, aufgebracht wurde. Sie soll die harmonischen Verzerrungen des von der Membran entsandten Schalls bedämpfen. Ebenfalls dämpfende Eigenschaften weist die Rahmenkonstruktion auf. Die elektrostatischen Elemente sind erschütterungsbedämpft in ein Gummiprofil der Aluminium-Rahmenkonstruktion eingebaut.
 
Resonanzarmut und eine hohe Masse geben der Konstruktion die besten Voraussetzungen, damit von dieser Seite dem Klang keine weiteren Deformationen zugefügt werden. Auch auf der elektrischen Seite, dort wo spezialisierte Transformatoren die Übertragung des Endstufenausgangssignals an die einzelnen elektrostatischen Elemente übernehmen, wurde ebenfalls Wert auf die Reduktion von linearen und nichtlinearen Verzerrungen gelegt. Die Übertragungseigenschaften dieser Tonfrequenz-Trafos werden oft unterschätzt. Ihr frequenzabhängiger induktiver Widerstand, das Sättigungsverhalten des Übertragerkerns, die Art der Wicklungen und die damit verbundenen nichtlinearen Verzerrungen wurden auf ein Mindestmaß reduziert. Das Entwicklungskonzept ist eines der am weitesten durchdachten für einen Elektrostaten.

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