Interview: RBB-Intendantin Dagmar Reim für flexible Frauenquote

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Im Rahmen der aktuellen Debatte hat sich Dagmar Reim, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), für eine flexible Frauenquote in den Chefetagen von Unternehmen ausgesprochen. Ohne Vorgabe werde sich in großem Stil nichts ändern, betont Reim im Interview.

Rund 350 deutsche Journalistinnen haben eine Frauenquote gefordert. Beim RBB sind 1865 Mitarbeiter beschäftigt, die Hälfte sind Frauen. Aber wie viele Chefinnen gibt es?
 
Dagmar Reim: Beim RBB ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen seit der Fusion von SFB und ORB kontinuierlich gestiegen. Vor neun Jahren lag der Anteil bei 22,8 Prozent, inzwischen sind wir bei 38,1 Prozent – und da ist noch Luft nach oben.
 
Da scheint ja eine Quote überflüssig zu sein…
 
Reim: Ich war Jahrzehnte gegen eine Quote. Aber inzwischen denke ich, dass sich ohne Quote in großem Stil nichts ändern wird. Beim RBB geht es ohne, aber gesamtgesellschaftlich werden wir es nicht ohne Vorgaben schaffen, das zeigt die schleppende Entwicklung in den DAX-Unternehmen. Allerdings darf es nicht eine starre Quote für alle geben, sondern eine individualisierte. Schwierig ist es nach wie vor im Bereich der Technik.

Woran hakt es insgesamt?
 
Reim: „Wir haben in Deutschland eine Kultur der Anwesenheit. Wer morgens als erster da ist und abends das Licht ausmacht, ist der Tollste. Das ist der Triumph des Sitzfleischs über den menschlichen Geist. Zu lange haben die Betriebe auf das Prinzip Anwesenheit gesetzt. Das Umdenken hat noch nicht flächendeckend eingesetzt.
 
Was kann die Unternehmensleitung tun?
 
Reim: Gesetze allein bewegen auch zu wenig. Es geht darum, das Bewusstsein zu verändern und die Arbeit so zu strukturieren, dass Familienleben möglich ist. Man muss es selbst auch leben. Ich habe in meiner unmittelbaren Umgebung eine wichtige Führungsposition geteilt zwischen zwei Frauen, nachdem eine Mutter geworden ist und ebenfalls weiter arbeiten wollte. Viele haben gezweifelt, ob das geht, aber es klappt hervorragend.“
 
Wie schafft der RBB konkret familienfreundliche Bedingungen?
 
Reim: Nur zwei Beispiele: Wenn alle Stricke bei der Betreuung des Nachwuchses reißen, steht bei uns ein Eltern-Kind-Zimmer zur Verfügung. Das andere: Für viele Kinder ist das Zusammenspiel mehrerer Generationen in ihren Familien kein Alltag mehr. Ich bin deshalb Pensionären aus dem RBB und den Vorgänger-Sendern dankbar, dass sie sich an unserem „Ferienspaß“ beteiligen. In den Sommerferien betreuen sie Kinder bis zu sechs Wochen lang. Auf dem Programm stehen so schöne Sachen wie Tennicscamp, Besuch bei der Feuerwehr, Fußballturniere, Basteln. Das ist für alle generationenübergreifend eine Riesenfreude.
 
Vielen Dank für das Gespräch.[Interview: Rolf Westermann]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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