Kika-Affäre: Chefs wussten von nichts – Kontrollücke?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Gebührengeldern beim Kinderkanal von ARD und ZDF abgezweigt. Wie das durchgehen konnte, darauf konnten auch die Senderchefs im Zeugenstand keine Antwort geben.

Die Programmgeschäftsführer des Kika haben nach eigenen Aussagen nichts von den Betrügereien ihres früheren Herstellungsleiters gewusst. Sie seien davon sehr überrascht gewesen, erklärten die Vorgesetzten des wegen Bestechlichkeit und Untreue angeklagten 43-Jährigen am Dienstag vor dem Erfurter Landgericht.

Der inzwischen gekündigte Manager des Erfurter Senders hatte zum Auftakt des Prozesses eingeräumt, wegen seiner Spielsucht Millionen an Gebührengeldern in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Die Anklage wirft ihm vor, fünf Jahre lang Scheinrechnungen von rund 4,6 Millionen Euro ohne Gegenleistung zur Zahlung angewiesen zu haben. Das Geld, so gestand der Angeklagte, teilte er sich mit einer Berliner Produktionsfirma.

„Ich habe es nicht glauben können, als ich davon gehört habe“, sagte der heutige NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann, der von 2000 bis 2008 Programmgeschäftsführer beim Kika war. Auch sein Nachfolger Steffen Kottkamp gab zu Protokoll, dass ihm keine Scheinrechnungen aufgefallen seien.

Beide sagten aus, dass sie in das Erstellen der Wirtschaftspläne und Etats eingebunden gewesen seien, nicht jedoch die einzelnen Rechnungen gesehen hätten. Dass sowohl das Rechnungswesen als auch die Auftragserteilung und Steuerung der Produktionsabläufe in der Abteilung des Angeklagten gebündelt seien, erklärte Beckmann mit den schlanken Strukturen des Senders.

„Ich bin davon ausgegangen, dass alles in Ordnung ist“, verwies Beckmann auf Kontrollen durch die Landesrechnungshöfe sowie interne Revisionen. Außerdem seien die Rechnungen beim federführenden MDR in Leipzig nochmals geprüft worden; Beanstandungen habe es in seiner Amtszeit keine gegeben. Kottkamp hatte zuvor erklärt, dass die Kika-Rechnungen in Leipzig nur noch auf die Richtigkeit der Adressen und auf die Vollständigkeit der Unterschriften hin überprüft worden seien.

Dass die Scheinrechnungen jahrelang unentdeckt blieben, könne er sich nur damit erklären, dass teilweise falsche Zahlen vorgelegt wurden, sagte Kottkamp. Er hat von seinem Arbeitgeber wegen mangelnder Ausübung seiner Kontrollfunktion bereits eine Abmahnung erhalten. Vor Gericht gab Kottkamp an, die Vorgänge nicht hinterfragt zu haben, beispielsweise als frühere Prüfungen Schwachstellen bei den internen Abläufen offenbarten.

Zu der Tatsache, dass Mitarbeiter Rechnungen gegenzeichneten, ohne deren Richtigkeit überhaupt beurteilen zu können, sagte Beckmann, dass sie bereits vor seiner Amtszeit zeichnungsberechtigt gewesen seien. Das Problem, dass diese nicht wussten, was sie abzeichneten, habe ihn nie erreicht.

Der Produktionsleiter und jetzt amtierende Herstellungsleiter beim Kika sagte im Zeugenstand, auch er habe ab und an Rechnungen unterschrieben, weil diese ihm vorgelegt worden seien. Auf die Frage, warum er das tat, antwortete er: „Das weiß ich nicht.“ Auch habe er nicht überprüft, ob Aufträge tatsächlich erteilt worden seien. „Das gehörte nicht zu meinen Aufgaben“, begründete der Mitarbeiter.

Von der Spielsucht des Angeklagten haben seine Vorgesetzten nach eigenen Aussagen nichts gewusst. Beckmann sagte, es habe nur Gerüchte über Besuche im Casino gegeben. Darauf angesprochen habe der Angeklagte nur von maximal ein bis zwei Besuchen im Jahr geredet. Das Arbeitsklima im Sender, das von dem Ex-Herstellungsleiter als brutal geschildert worden war, schilderten Beckmann und Kottkamp als leistungsorientiert und in vielen Bereichen familiär. Den Angeklagten beschrieben sie als zuverlässig. Er sei als Mitarbeiter der ersten Stunde ein wichtiger Mann beim Kika gewesen. Der Prozess soll am 23. Juni fortgesetzt werden. [dpa/ar]

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1 Kommentare im Forum

  1. AW: Kika-Affäre: Chefs wussten von nichts - Kontrollücke? Wenn man böse ist könnte man sagen, dass das bei den 7,1 Mrd € Gebührengeldern nicht auffällt....
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