Kirch verfolgt Deutsche Bank auch nach seinem Tod [Hintergrund]

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Seit vier Monaten ist Leo Kirch tot. Das juristische Drama um die Pleite seines Medienimperiums im Jahr 2002 geht jedoch weiter – und wird nun auch für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zunehmend zu einem persönlichen Problem.

Leo Kirch bleibt für die Deutsche Bank auch vier Monate nach seinem Tod ein unbequemer Gegner. Der einst mächtige Medienmanager machte Deutschlands größtes Geldhaus zeitlebens für die Pleite seiner Unternehmensgruppe 2002 verantwortlich, allen voran den damaligen Boss der Bank, Rolf Breuer. Nun gerät auch sein Nachfolger Josef Ackermann in den Sog des seit Jahren wogenden Rechtsstreits. Vergangene Woche durchsuchten Ermittler sein Büro in Frankfurt.
 
Genau wie das von Aufsichtsratschef Clemens Börsig und die Wohnung von Breuer. Sie alle sollen Mitte Mai vor dem Oberlandesgericht München gelogen haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Prozessbetrugs. Die Bank bezweifelt nun die Unbefangenheit des Zivilgerichts. Sie weist alle Vorwürfe zurück und hält das Vorgehen der Ermittler für „unverhältnismäßig“.
 
Ackermann spricht in Frankfurt gerade über die Herausforderungen der Finanzkrise und sieht die Branche vor einem unruhigen Jahrzehnt: „Banken können langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn sie das Vertrauen der Gesellschaft besitzen“, sagte der mächtige Banker. Gut 310 Kilometer weiter südlich geht es auch um Vertrauen; in die Aussage Ackermanns und um die Unbefangenheit von Richtern.

Die Anwälte der Bank lassen die Bombe noch vor der für Montag geplanten Aussage von Verlegerin Friede Springer im Zivilprozess platzen, die bereits im Saal ist. Sie stellen einen Antrag aus „Besorgnis der Befangenheit“ des Gerichts unter Vorsitz von Richter Guido Kotschy. Das Verfahren ist erst mal gestoppt. Da alle drei Richter abgelehnt werden, müssen nun andere Richter entscheiden und das kann dauern. Alle Termine werden ausgesetzt, bis über den Befangenheitsantrag befunden ist.
 
Die brenzlige Begründung liefern die Anwälte nach: Es gebe Ermittlungen gegen Ackermann, Börsig, Breuer und auch den früheren Personalchef Tessen von Heydebreck – und das Gericht habe dazu mit der Staatsanwaltschaft kommuniziert, ohne dass dies in den Akten zu finden war und das bereits vor der Aussage im Mai. Entlastende Aussagen von Zeugen passten wohl nicht in das Konzept des Gerichts. Schon früher hatte die Bank-Seite kaum Zweifel daran aufkommen lassen, dass Kotschy aus ihrer Sicht ein seltsames Regiment führt.
 
Die Kirch-Seite hält das für absurd, wie Anwalt Peter Gauweiler sagt. Gegen Breuer läuft bereits ein Strafverfahren wegen einer angeblichen Falschaussage in einem früheren Zivilprozess 2003. Eröffnet wird es nach einer peinlichen Justiz-Panne mit Verspätung am übernächsten Donnerstag vor dem Landgericht München. Die Anzeige dazu kam von der Kirch-Seite, die Ermittlungen hatten sich lange gezogen.
 
Ackermann hatte am 19. Mai Kotschy Rede und Antwort gestanden. Es ging um eine Vorstandssitzung der Bank am 29. Januar 2002. Vor der Pleite Kirchs und vor einem Interview Breuers, in dem der damalige Bankchef die Kreditwürdigkeit Kirchs öffentlich anzweifelte. Kirch warf der Bank stets eine Verschwörung vor, um am Umbau und Verkaufs seines Lebenswerks zu verdienen. Bank und Breuer weisen das zurück.
 
Das englischsprachige Protokoll der Sitzung vermerkt, dass die Bank erwäge, Kirch ein Mandat anzubieten – also beratend für den Medienzar tätig zu werden. Nach den Aussagen von Ackermann, Börsig und Breuer hatte die Bank aber nicht wirklich ein Interesse an einem Mandat von Kirch. Kotschy hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er einen Widerspruch zwischen Protokoll und Aussage sehe – und damit möglicherweise einen Hinweis darauf, dass die Bank mit Kirch eine engere Geschäftsbeziehung angestrebt haben könne. Dann müssten die Interview-Aussagen Breuers möglicherweise anders gewichtet werden, denn über die Lage von Mandanten müssen Banker eigentlich schweigen.
 
Wie das Verfahren ausgehen wird, ist offen, ebenso der Ausgang der Befangenheitsanträge. Eine Chance auf eine gütliche Einigung, die Kotschy beinahe jede Sitzung angemahnt hat, dürfte inzwischen aber völlig vertan sein. Wahrscheinlicher ist, dass sich der Bundesgerichtshof erneut mit dem hochkomplexen Streit befassen muss. Ein Ende ist jedenfalls nicht absehbar. [Sebastian Raabe]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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