[Kritik] Die Neue und der „Spielverderber“ am „Tatort“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Ihr Debüt im Kieler „Tatort“ hat Sibel Kekilli bereits vor einem Jahr gegeben – allerdings noch nicht als Ermittlerin. Nun tritt sie als Sarah Brandt ihren Dienst an der Seite von Kommissar Borowski an – ein ungleiches, unterhaltsames und sehr überzeugendes Duo.

Im „Tatort“ nimmt ein neues Traumpaar in spe die Verbrecherjagd auf: Wenn Sibel Kekilli am Sonntag (2. Oktober) um 20.15 Uhr in der ARD-Reihe ihren Dienst als Ermittlerin an der Kieler Förde antritt, zeigt sie sich als idealer Gegenpart zu Axel Milberg in der Rolle des Kommissars.
 
Er, der kauzige und wortkarge Kriminalist Klaus Borowski, sie die frische und freche Polizei-Anwärterin Sarah Brandt. Jung trifft auf Alt, Ungeduld auf Zurückhaltung. „Es werden bestimmt auch mal die Fetzen fliegen“, kündigt Milberg schon an. Ihre Sarah sei halt nicht nur gelehrige Schülerin, sagt Kekilli. „Und manchmal lehnt sie sich zu sehr aus dem Fenster und will bei ihm Eindruck schinden“.

Einen ersten Eindruck hatte Kekilli schon bei ihrem ersten Auftritt in der schleswig-holsteinischen Ausgabe des NDR-„Tatorts“ hinterlassen: Vor einem Jahr gab die Schauspielerin, die in Kinofilmen wie „Gegen die Wand“ oder „Die Fremde“ für Aufsehen sorgte, dort ihr Debüt. Wird sie die Neue an Borowskis Seite?, fragten viele nach dem Weggang von Frieda Jung (Maren Eggert).
 
Eggert und Milberg waren seit 2003 in 14 Krimis ein Gespann. Doch Kekillis erster Auftritt beschränkte sich auf wenige Szenen, vieles um ihre Figur blieb noch offen. Eines aber machte sie in Bezug auf Kommissar Borowski unmissverständlich klar: „Zwischen Sarah Brandt und ihm wird es auf keinen Fall eine Liebesbeziehung geben. Das ist ausgeschlossen“.
 
Ein perfektes Ermittler-Duo geben Kekilli und Milberg bei ihrem ersten gemeinsamen, zudem gelungenen und mit viel Witz gespickten Fall indessen schon ab: In „Borowski und die Frau am Fenster“ hat eine Tierärztin das scheinbar perfekte Verbrechen begangen. Die Schweizerin Sibylle Canonica, die vor allem am Theater beheimatet ist, spielt die nach außen hin mitfühlende, nach innen aber zutiefst gestörte Persönlichkeit – für Milberg eine der „schönste Frauen-Figuren“ im „Tatort“. Dass der Zuschauer in diesem Fall von Anfang an weiß, wer der Täter ist, hat Regisseur Stephan Wagner („Dienstreise“) gerade gereizt: „Einen ‚Tatort‘ zu erzählen, bei dem ich dem Mörder von Anfang an in den Abgrund schauen konnte“.
 
Borowski bekommt es derweil neben einer spurlos verschwunden jungen Frau auch mit seiner neuen jungen Kollegin zu tun. Brandt setzt sie sich gegen zwei männliche Konkurrenten um die Stelle in seinem Team durch – und wirbelt dessen Arbeitsalltag ziemlich durcheinander. So schreckt die neue Kollegin, die ihren Vorgesetzten mit Computerkenntnissen beeindruckt, nicht vor illegalen Recherchemethoden zurück. „Es ist so, wie wir gehofft hatten: Ein frischer Wind wirbelt durch die unterbezahlte Truppe an der Kieler Förde“, sagt Milberg. Mit der „Unterbezahlung“ meine er jedoch nicht die Schauspieler, ergänzt der 55-Jährige noch grinsend.
 
Konkrete Fragen zur Zukunft ihrer „Tatort“-Rolle ließ Kekilli, die zur Vorbereitung unter anderem Schießübungen absolvierte und mit Polizisten sprach, allerdings noch offen. Wie sich die Figur weiter entwickeln werde, dürfe sie nicht verraten. Auch warum Sarah Brandt gelegentlich Tabletten einnehmen muss, soll noch ein Geheimnis bleiben. Ihren Dienst als TV-Ermittlerin will die 31-Jährige indessen nicht so schnell wieder quittieren. Auf die Frage, wie lange sie an der Seite von Borowski bleiben werde, schaute sie auf einer Pressekonferenz zu den Verantwortlichen beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) und antwortete: „Ich hoffe, lange!“
 
Ihr Kollege Milberg wurde derweil beim Anschauen der Episode ein wenig wehmütig. „Die ersten Minuten, in denen der Kommissar nicht auftaucht, gaben mir die Möglichkeit, zu träumen, dass ich einfach einen spannenden, tollen Film sehe, den ich noch nicht kenne – bis ich dann selber ins Bild kam“, erzählt er. Doch das Faszinierende in diesem Genre seien ja stets die Täterfiguren, die er früher selbst oft verkörpert habe. „Ich habe mich in dem Moment so ein bisschen zurückgesehnt, auf der anderen Seite zu sein“, erklärt er, „denn der Ermittler ist natürlich immer ein bisschen der Spielverderber“.

[Dorit Koch]

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1 Kommentare im Forum

  1. AW: [Kritik] Die Neue und der "Spielverderber" am "Tatort" Mich wird sie trotzdem nicht dazu bringen, mir einen Borowski-Tatort anzuschauen.
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