[Kritik] Münchener „Tatort“-Ermittler haben einen Pflegefall

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Ein Mann gesteht den Mord an seinem Sohn. Stunden später hat er alles wieder vergessen. Max Lasinger leidet an Demenz – doch die Münchner „Tatort“-Kommissare zweifeln an seiner Krankheit. Ihr neuer Fall thematisiert an diesem Sonntag (20.15 Uhr) die Pflegemisere in Deutschland.

Kann man einen Mord vergessen? Oder kann ein klar denkender Mensch nur vorgaukeln, dass er vergesslich ist, weil er die Tat verschleiern will? Eine schwierige Frage, mit der sich die Münchner „Tatort“-Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in ihrem neuen Fall „Gestern war kein Tag“ auseinandersetzen müssen.

Max Lansinger gesteht darin den Mord an seinem Sohn. Er habe ihn für einen Einbrecher gehalten und deshalb umgebracht, erklärt der ältere Herr den beiden Ermittlern. Klare Sache, so scheint es, doch stattdessen fangen die Schwierigkeiten erst an. Denn wenig später leugnet Lansinger die Tat wieder. Was steckt dahinter? Will er die Wahrheit verschweigen oder ist er tatsächlich dement, wie seine Schwiegertochter Karin (Johanna Gastdorf) behauptet? Ein kompliziertes Rätsel, bei dessen Lösung die Kommissare mit den Abgründen der Pflegesituation in Deutschland konfrontiert werden.

Der Film von Regisseur Christian Görlitz zeigt den tristen Alltag einer Familie, die an der Betreuung des dementen Großvaters langsam zerbricht: Erschöpfte Angehörige, denen die Pflege allmählich über den Kopf wächst. Die Frage, wer die Betreuung übernimmt. Die immensen Kosten, die damit verbunden sind. Und wie sich Demenz überhaupt sicher feststellen lässt.

Viele komplizierte Themen, in denen sich der Film fast zu verzetteln droht und der Zuschauer angesichts der vielen Personen schnell den Überblick verlieren kann. Spannung und eine schlüssige Handlung bleiben bei so vielen Problemen allerdings auf der Strecke. Auch das sonst zu Späßen aufgelegte Ermittlerduo wirkt ein kleines bisschen müde.

Getragen wird der Film vor allem von Günther Maria Halmer („Münchner G’schichten“) in der Rolle des dementen Max. Mal hat der Zuschauer das Gefühl, er ist vollkommen klar im Kopf, mal wird man mitgerissen in die Welt des völlig verwirrten Max. Ein schwieriger Part, auf den sich Halmer mit Fachliteratur vorbereitete. Manche Szenen im Drehbuch fand er sogar abschreckend. „Da liest man dann Sachen wie: Ist nackt im Bad, lässt sich waschen oder sperrt sich auf der Toilette ein und läuft anschließend mit heruntergelassenen Hosen herum“, sagte Halmer.

Doch es gelingt ihm, der eigentlich tragischen Situation das Komische abzugewinnen: Etwa wenn er nackt in der Badewanne steht inmitten von Schaumbergen oder wenn er während einer medizinischen Untersuchung plötzlich anfängt, „Twist“ zu tanzen und zu singen. Trotzdem fand Halmer diese Momente auch bedrückend, vor allem nachdem er sich mit seiner Frau den fertigen „Tatort“ angesehen hatte. „Sie sagte, dass es sie schon nachdenklich stimmt, wenn sie mich so sieht“.„TATORT“-Kritiken im Überblick
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[Nadine Hummel/ar]

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