[Kritik] „Tatort“ am Sonntag: Sozialkritik mit vielen Klischees

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der Münchner „Tatort: Jagdzeit“ lässt am kommenden Sonntag(6. April) die Münchner Schicki-Micki-Welt und das von Gewalt und Verwahrlosung dominierte Glasscherbenviertel aufeinander prallen.

Heraus kommt ein sozialkritischer Krimi mit leicht überzogenen Klischees. München ist nur an der Oberfläche eine reiche Stadt. Auch hier gibt es Hartz-IV-Empfänger, verwahrloste Familien, Jugendgewalt und Drogenjunkies. Filmemacher zeigen diese Seite Münchens gerne, lässt sich doch gut mit Gegensätzen spielen. Hier die Reichen in ihren noblen Wohngegenden, dort die armen Menschen in heruntergekommenen Mietskasernen.
 
In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch der Münchner „Tatort: Jagdzeit“, den die ARD am kommenden Sonntag (10. April) um 20.15 Uhr zeigt. Im Mittelpunkt steht eine 13-Jährige, die sich inmitten von Frustration und Gewalt zu behaupten versucht. Eines Tages beobachtet sie, wie ein wohlhabender Geschäftsmann in der Nähe ihres Zuhauses erschossen wird. Ihr Leben gerät völlig aus der Bahn.
 

Für die Münchner-„Tatort“-Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) beginnen schwierige Ermittlungen. Denn die junge Zeugin Nessie steht unter Schock und kann oder will nichts sagen. Auch die anderen Menschen in dem gesichtslosen Viertel wollen nicht kooperieren, fühlen sie sich doch vom Staat im Stich gelassen.

Das Bild, das die Beamten von dem toten Gerd Zach bekommen, ist diffus. Da ist seine attraktive Frau im schicken Eigenheim, die keine Ahnung hat, dass ihr Ehemann schon lange arbeitslos war. Da sind die verbitterten Menschen, die Zach als stellvertretender Personalchef einer Konservenfirma entlassen hat. Und da sind die Armen, an die Zach Lebensmittelspenden verteilt hat und mit denen er undurchsichtige Geldgeschäfte am Laufen hatte. Am Ende gibt es mehrere Leute, die ein Mordmotiv gehabt hätten.
 
Es sind viele Probleme, die der Krimi von Regisseur Peter Fratzscher aufwirft. Hartz IV wird ebenso angeprangert wie die Personalknappheit der Polizei. Nur mit kleinen Schummeleien können die Menschen ein halbwegs würdiges Leben führen. Auch Gewalt und Mobbing unter Jugendlichen, Tablettenmissbrauch, Alkoholsucht und die prekäre Lage pflegebedürftiger alter Menschen kommen vor. Unternehmer kündigen Mitarbeitern aus Profitgier und Eltern können kaum das nötige Geld zusammenkratzen, um ihren Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.
 
Bisweilen trägt der neue „Tatort“ etwas dick auf, vor allem wenn er die Zustände in dem Glasscherbenviertel beschreibt. Auch der Kontrast zu den gutsituierten Verhältnissen von Zach und seiner Frau im noblen Stadtteil Bogenhausen ist sehr plakativ und wirkt etwas bemüht. Wettgemacht wird dies aber durch die Leistung der Schauspieler. Sehenswert ist vor allem Katja Bürkle als Nessies alkoholabhängige, depressive Mutter, die vom Leben bitter enttäuscht wurde und die ohne ihre zupackende Tochter zugrunde gehen würde. Laura Baade spielt dieses seltsam lebenskluge Mädchen: Von anderen Jugendlichen als „fettes Opfer“ gemobbt, kämpft sie mit eisernem Willen dafür, eines Tages ein besseres Leben zu führen, vielleicht als Ärztin.
 

Für die Münchner Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr ist diese Episode fast schon ein Klassiker. Immer wieder mussten sie sich in früheren Folgen mit sozialkritischen Themen auseinandersetzen. Dabei markiert „Jagdzeit“ auch einen Abschied – ist dies doch der letzte „Tatort“, den die im Dezember 2010 verstorbene Silvia Koller als Redakteurin für den Bayerischen Rundfunk (BR) betreut hat.„TATORT“-Kritiken im Überblick
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[Cordula Dieckmann, dpa/js]

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4 Kommentare im Forum

  1. AW: [Kritik] "Tatort" am Sonntag: Sozialkritik mit vielen Klischees Man ist doch klar: Der nächste Sonntag ausgehend von heute dem 6. April. So weisst Du eben auch welcher Sonntag gemeint ist, wenn Du die Meldung in 3 Wochen nochmal liest.
  2. AW: [Kritik] "Tatort" am Sonntag: Sozialkritik mit vielen Klischees Ah, daran habe ich nicht gedacht. Das Datum vom Sonntag wäre aber sinnvoller gewesen...
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