Kurz vor der Wahl: Medien ändern Umgang mit Trump

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Donald Trumps Präsidentschaftskandidatur ist ein gefundenes Fressen für die Late-Night-Talker der USA. Mittlerweile behandeln sie ihn aber nicht mehr nur als Witzfigur, sondern auch als Gefahr. Bei seinen Besuchen hat sich Nettigkeit als falsche Taktik erwiesen.

Jon Stewart konnte es sich dann doch nicht verkneifen, zu Donald Trump Stellung zu beziehen. Fast ein Jahr lang war Stewart nach seinem Abschied als Moderator der „Daily Show“ von der Bildfläche verschwunden. In der Woche der Nominierung Trumps zum US-Präsidentschaftskandidaten der Republikaner tauchte der beliebte Satiriker dann plötzlich in der „Late Show“ von Stephen Colbert auf – zweimal sogar. Als „verwesenden Halloween-Kürbis“ und „wütendes Murmeltier“ verspottete Stewart den Immobilienmilliardär. Dann wurde er ernst und rief den Trump-Anhängern zu: „Dieses Land gehört euch nicht!“
 
Fast jeden Tag bietet Trump mit Großspurigkeit, Anfeindungen oder Skandalen den Late-Night-Talkern der USA reichlich Material für ihre Comedy-Sendungen. Zu Beginn seiner Kandidatur behandelten sie den politischen Novizen und Reality-TV-Star allerdings mehr als Witzfigur denn als ernstzunehmenden Bewerber um das höchste Amt des Landes. Die in der Regel eher links eingestellten Moderatoren machen sich traditionell über Vertreter beider großer Parteien gleichermaßen lustig. Je näher Trump dem Weißen Haus kam, umso mehr setzte sich aber die Haltung durch, er sei eine Gefahr, vor dem sie ihr Millionenpublikum warnen müssten.

Colbert beerbte im Herbst vergangenen Jahres die Ikone David Letterman als Moderator der „Late Show“. Gleich im ersten Monat im neuen Job hatte er Trump zu Gast – und es lief nicht gut. „Es war sogar langweilig“, gestand Colbert kürzlich im Interview der Zeitung „New York Times“ ein. Er habe versucht, freundlich zu sein, aus Trump aber nichts heraus bekommen. „Zu jemandem nett zu sein, der zu Anderen nicht nett ist, bringt einem nicht viel.“
 
Mittlerweile macht Colbert keinen Hehl mehr aus seiner Meinung über Trump. Als der Kandidat bei der letzten TV-Debatte gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton offen ließ, ob er das Ergebnis der Wahl am 8. November akzeptieren wird, kommentierte Colbert sarkastisch: „Dann müssen wir wohl bis zum 9. November warten, um herauszufinden, ob wir noch ein Land haben. Ob Donald Trump in der Stimmung für eine friedliche Machtübergabe ist.“ Mit wütender Miene fügte der 52-Jährige hinzu: „Oder ob er sich einfach den fetten Arsch mit der Verfassung abwischt.“
 
Seit den 1980er Jahren – als er von New Yorker Lokalprominenz zu nationaler Bekanntheit aufstieg – war Trump immer wieder in der „Late Show“ und in Lettermans vorheriger Sendung „Late Night“ aufgetreten. Der Schlaks mit der Zahnlücke kündigte ihn gerne augenzwinkernd als „Amerikas liebsten halsabschneiderischen Immobilienmogul und Slumlord“ an und scherzte über seine Frisur. Trump sei ein perfekter Gast gewesen, sagte Letterman vor wenigen Wochen der „New York Times“. Seine Äußerungen als Kandidat zeigten aber, dass er ein „schadhafter Mensch“ sei, der einen Psychiater brauche.
 
Colbert konkurriert wochentags um halb zwölf abends mit den Sendungen von Jimmy Kimmel und Jimmy Fallon um Einschaltquoten. Letzterer begrüßte Trump erst im September als Gast in seiner „Tonight Show“. Es war ein gänzlich unkritisches Interview, und Fallon wurde dafür heftig kritisiert. In Erinnerung blieb vor allem der Moment, als er Trump durch die Haare wuschelte.
 
Samantha Bee fand das gar nicht lustig. Trump könne ein echter Liebling sein, erzählte sie voller Ironie in ihrer wöchentlichen Satire-Show „Full Frontal“ – sofern man als weißer Mann keinen Grund habe, vor ihm Angst zu haben. Bees Produzentin Jo Miller sagte der „New York Times“ über Fallon: „Wenn er einen volksverhetzenden Demagogen okay findet, gibt das Millionen Amerikanern die Erlaubnis, auch so zu denken.“
 
Wie Colbert gehörte Bee viele Jahre zum „Korrespondenten“-Team der „Daily Show“. Aus demselben Stall kommt auch der Engländer John Oliver – für viele eher der legitime Erbe Stewarts als dessen eigentlicher Nachfolger, Trevor Noah. Oliver schenkte Trump in seiner sonntäglichen Sendung „Last Week Tonight“ beim Bezahlsender HBO lange Zeit kaum Aufmerksamkeit.
 
Ende Februar widmete der 39-Jährige dann aber gut 20 Minuten seiner halbstündigen Sendung dem protzigen Milliardär. Ein Video davon ist bei Youtube mehr als 30 Millionen Mal aufgerufen worden. Oliver verkündete Trump als Hauptthema des Abends – „wohl wissend, dass er, jedes Mal, wenn sein Name laut ausgesprochen wird, einen erschütternden Orgasmus hat.“ 
 
Trump sei aber wie ein Leberfleck auf dem Rücken des Landes, fuhr Oliver fort. „Er mag vor einem Jahr harmlos gewirkt haben. Da er nun aber erschreckend größer geworden ist, ist es nicht mehr klug, ihn zu ignorieren.“[Nick Kaiser]

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