Loewe: Vier Monate Zeit für die Rettung

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die über 400 Mitarbeiter des insolventen Fernsehherstellers Loewe stehen vor einer sehr ungewissen Zukunft. Freigestellt, kein Gehalt mehr. Der Insolvenzverwalter sucht nach einem Käufer.

Die Zukunft des insolventen Fernsehherstellers Loewe wird sich innerhalb weniger Monate entscheiden. „Wir gehen davon aus, dass wir noch vier Monate für den Investorenprozess brauchen werden“, sagte Insolvenzverwalter Rüdiger Weiß der Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden alles tun, um jemand zu finden, es gab auch bereits erste Investorengespräche.“ Das oberfränkische Traditionsunternehmen stellt an diesem Montag den Betrieb ein, der Großteil der gut 400 Mitarbeiter ist freigestellt. Das Amtsgericht Coburg hatte Weiß am Montag zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
 
Wenn einem Unternehmen das Geld fehlt, um seine Mitarbeiter zu bezahlen, sieht das Insolvenzrecht vor, dass sich Insolvenzverwalter und Arbeitnehmervertreter auf einen Interessenausgleich und Sozialplan verständigen. Er gehe davon aus, dass diese Gespräche voraussichtlich bis Mitte Juli abgeschlossen werden könnten, sagte der Bayreuther Rechtsanwalt. „Erst wenn eine Einigung erzielt ist, dürfen Kündigungen ausgesprochen werden. Wenn sich kein Investor finden sollte, könnten die Arbeitsverträge längstens bis 31. Oktober gehalten werden.“
 
Für Loewe ist es die zweite existenzbedrohende Krise innerhalb weniger Jahre. „Loewe hatte schon seit Jahren einen defizitären Geschäftsbetrieb“, sagte Weiß. „Alle im Unternehmen sind sich einig, dass die Vergütungsstruktur nicht angemessen ist. Allein um die Personalkosten zu decken, wäre ein Jahresumsatz von 150 Millionen Euro erforderlich, für eine schwarze Null bräuchten wir 180 Millionen Euro Umsatz. Tatsächlich waren es zuletzt 120 Millionen.“

Doch mit der IG Metall gibt es heftige Auseinandersetzungen. Der bayerische Bezirksleiter Johann Horn wirft der britischen Investmentgesellschaft Riverrock ein übles Spiel mit Loewe vor. Laut IG Metall hat Riverrock Loewe in der Vergangenheit mit einem zweistelligen Millionenkredit über Wasser gehalten, nun aber einen neuerlichen Kredit verweigert. Die frühere Geschäftsführung hat demnach auch den Markennamen Loewe an Riverrock verpfändet.
 
Die IG Metall verweist als Negativbeispiel einer Sanierung durch Riverrock auf den baden-württembergischen Küchenhersteller Alno Küchen, der Ende 2017 ebenfalls vorübergehend stillgelegt wurde, bevor das Unternehmen den Betrieb wiederaufnahm, laut Gewerkschaft mit um 15 Prozent gekürzten Löhnen.
 
IG-Metall-Bezirksleiter Horn hat die Vorwurf in den Raum gestellt, dass Riverrock bei Loewe ähnlich vorgehen wolle: Vorübergehende Stilllegung, um drastische Lohnkürzungen und schlechtere Arbeitsbedingungen durchsetzen zu können. „Es deutet einiges darauf hin, dass der Finanzinvestor Riverrock abwartet, bis Loewe endgültig ausgeblutet ist, um erst danach mit den Trümmern des Unternehmens Geld zu verdienen“, kritisierte Horn am vergangenen Montag.
 
Der vorläufige Insolvenzverwalter weist diese Vorwürfe zurück: „Die Kritik der IG Metall kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Weiß. „Der Betriebsrat ist im vorläufigen Gläubigerausschuss vertreten und hat mit am Tisch gesessen. Es sind alle möglichen Modelle für eine Sanierung mit dem Betriebsrat in Anwesenheit der IG Metall abgestimmt worden. Für die Fortführung des Betriebs bis Jahresende hätten wir 5,5 Millionen Euro benötigt, für eine Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft für alle Mitarbeiter weitere 3,4 Millionen Euro.“ Dies sei in ganz enger Abstimmung mit dem Betriebsrat und der IG Metall verhandelt worden.
 
Nach Weiß‘ Worten spielte die Postbank eine entscheidende Rolle: „RiverRock hatte als letzter möglicher Investor mitgeteilt, dass sie bereit wären, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zu finanzieren, sofern die Fortführung des Factorings durch Postbank sowie die Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs sichergestellt sei.“ Factoring bedeutet, dass ein Lieferant – in diesem Fall Loewe – seine Forderungen an die Kunden einem Finanzinstitut überträgt. Der Factor, also die Postbank, bezahlt stellvertretend die Rechnungen an den Lieferanten und treibt offene Forderungen ein.
 
„Leider konnte der Factor bislang keine positive Fortführungsentscheidung treffen, worüber der Betriebsrat informiert wurde“, sagte Weiß. „Es war dann die gemeinsame Entscheidung, die Verhandlungen aufgrund der geringen Erfolgsaussichten nicht über den 1. Juli 2019 hinaus fortzuführen, da dann die Arbeitnehmer ihr Entgelt für April verloren hätten oder zur Eigenkündigung gezwungen worden wären. Insofern kam die Entwicklung nicht überraschend.“[dpa]

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71 Kommentare im Forum

  1. Weisheit der Indianer: Wenn Du merkst , das Du ein totes Pferd reitest , solltest Du absteigen. Soll heissen: nicht zum Tierarzt bringen , gut zureden , besseres Futter geben. Einfach nur absteigen und gut ist.
  2. Will hoffen, dass die nen Käufer finden auf für die Beschäftigten. Denn schlecht verarbeitet sind die Teile nicht. Die Gesellschaft bemängelt doch immer den Billigramsch und Niedriglöhne. Dann kann sie hier mal zeigen, dass es sich lohnen kann heimische Firmen zu unterstützen, zumal man dann keinen Schrott in der Bude stehen hat, sondern Qualität. Der Markt ist halt knallhart. Da nützt auch jammern nichts, sondern machen.
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