MDR-Intendantenwahl: Karola Wille – Favoritin mit Restrisiko

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Zweiter Anlauf für die Intendantenwahl beim MDR. Nach dem Debakel vor knapp vier Wochen soll nun Karola Wille Nachfolgerin von Senderchef Udo Reiter werden. Wie stehen ihre Chancen?

Der Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks will am Sonntag im zweiten Anlauf die Nachfolge von Intendant Udo Reiter regeln. Diesmal ist die juristische MDR-Direktorin Karola Wille (52) die einzige Kandidatin. Die bisherige Vertreterin des Intendanten hat gute Chancen, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zu bekommen – ein Restrisiko bleibt aber.
 
Vor knapp vier Wochen hatte das Gremium den ersten Kandidaten, Chefredakteur Bernd Hilder von der „Leipziger Volkszeitung“, durchfallen lassen. Er bekam nur zwölf der 41 Stimmen. „Diesmal sieht es ganz anders aus“, sagte der Rundfunkratsvorsitzende Johannes Jenichen der Nachrichtenagentur dpa: „Das könnte etwas werden“.

Der MDR-Verwaltungsrat hat Wille vor rund zwei Wochen einstimmig für die Spitzenposition beim fünftgrößten ARD-Sender vorgeschlagen. Inzwischen hat sich die gebürtige Chemnitzerin in den Landesgruppen des Rundfunkrats präsentiert. Von dort sind positive Signale zu hören. Die Stimmen reichen von „fundierte Darstellung“ über „umfangreiches, präzises und beeindruckendes Konzept“ bis „manche waren begeistert“.
 
Wille ist eine gute Kennerin der öffentlich-rechtlichen Strukturen und führt für die ARD zum Beispiel die Verhandlungen mit der Produzentenallianz. Im MDR leitet sie die Arbeitsgruppe „Digitale Zukunft“. Der Verwaltungsratsvorsitzende Gerd Schuchardt lobte: „Den Gremien des MDR ist Karola Wille als kompetente und engagierte Führungspersönlichkeit bekannt“. Sie wolle den MDR zukunftsfähig machen und die junge Generation stärker einbeziehen. Dabei setze sie auf Transparenz und Aufklärung der MDR-Affären.
 
Wille ist im Sender sehr beliebt. Es gibt aber zwei Kritikpunkte: Der Dachverband der SED-Opfer lehnt ihre Wahl ab, da sie während ihres Studiums den Sozialismus verteidigt habe und nicht zu ihrer Vergangenheit Stellung nehme. Wille studierte von 1978 bis 1982 in Jena Rechtswissenschaften und promovierte 1986. Ihr Verhalten passe nicht zur versprochenen Aufklärung und Transparenz, meint der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft, Rainer Wagner. Zweifler fragen auch, welche Mitverantwortung sie in ihrer Position für die MDR-Affären hat.
 
So hatte der MDR seinen Unterhaltungschef Udo Foht entlassen, der in undurchsichtige Finanztransaktionen verwickelt gewesen sein soll. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Beschuldigte wegen Betrugs, Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Zuvor war ein Millionenbetrug beim ARD/ZDF-Kinderkanal aufgedeckt worden, für den der MDR die Federführung hat. Unterstützer Willes loben, dass sie tatkräftig aufgeklärt habe.
 
Wille hatte sich bereits im September zusammen mit dem stellvertretenden WDR-Fernsehdirektor Helfried Spitra im Verwaltungsrat vorgestellt. Beide waren damals aber Hilder unterlegen, der allerdings erst im vierten Wahlgang und mit nur fünf von sieben Stimmen im Verwaltungsrat gewählt worden war.
 
Reiter ist seit der Gründung des MDR vor 20 Jahren Intendant der Anstalt, die für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist. Er hatte im Mai überraschend seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt und scheidet bereits Ende Oktober aus. Für den MDR drängt also die Zeit. [Rolf Westermann]

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