Metz: Kunden wollen zuerst lineares Fernsehen [Interview]

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Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
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Für die Hersteller von Unterhaltungselektronik werden Smart-TV-Funktionen sowie der Zugriff auf HbbTV-Inhalte immer wichtiger, da sie für die Konsumenten von immer höherer Bedeutung sind. Im Interview gibt Norbert Kotzbauer, Geschäftsführer von Metz, Einblick in die Strategie des Unternehmens bezüglich der neuen Medienvielfalt.

Was macht aus Ihrer Sicht einen Smart TV tatsächlich zu einem vollwertigen Smart TV? Ist es eine allumfassende Vernetzung, Bedienung über Smartphones, grenzenloser Internetzugang oder alles zusammen?
 
Norbert Kotzbauer: Bereits die offen formulierte Fragestellung zeigt, dass die mit dem Begriff verbundene Erwartungshaltung an Funktionalität bei Herstellern und Kunden unterschiedlich sein kann. Aufgrund der Vielfältigkeit des Begriffes Smart ist für den Konsumenten meist unklar, welche Funktionen sich tatsächlich hinter diesem Wort verbergen. Deshalb sollte das Ziel sein, die Begrifflichkeit unter Einbeziehung des tatsächlichen Kundennutzens zu beschreiben. Bei Metz sprechen wir vom Metz Media System.
 
In erster Linie möchte der Kunde – und dies zeigen alle relevanten Marktstudien – linear Fernsehen und nebenbei zeitunabhängig Filme oder zusätzliche Informationen über die Sendung oder das aktuelle Tagesgeschehen abrufen. Der grenzenlose Internetzugang mit freien Browsern steht für den Konsumenten nicht im Mittelpunkt. Deswegen verwendet Metz nicht den Begriff Smart TV sondern Metz Media System. Metz konzentriert sich inhaltlich in der ersten Ausbaustufe des Systems auf HbbTV und Media Streaming von Video, Audio und Bild Formaten, die sich in dem jeweiligen Heimnetzwerk befinden.
 
Ist die aktuelle Entwicklung des „höher, schneller, weiter“ noch einer Sinnsuche gleichzusetzen, bei der getestet wird, was überhaupt vom Nutzer gewünscht wird? Wird derzeit zu viel in TV-Geräte eingebaut?
 
Kotzbauer: Es ist sicherlich eine berechtigte Frage, welche Bedeutung viele neue Features haben, wenn der Kunde sie nicht kennt, schätzt, nicht ausreichend nutzt und somit auch für den Mehrwert dieser Features nicht bereit ist, den angemessenen Preis zu zahlen. Deshalb sollte man beim „Hochfeaturen“ von Geräten immer darauf achten, neue Technologien nicht am Kundenwunsch vorbei zu entwickeln.
 
Wir wissen – und so zeigt es auch eine GFK-Studie aus dem Jahr 2011 – dass viele Konsumenten in Deutschland besonderen Wert auf traditionelle Werte wie Sicherheit, Vertrauen und Verantwortung legen. Davon ausgenommen ist, wie auch bei allen anderen Technikprodukten, die Gruppe der sogenannten Early Adopters, die generell eine andere Einstellung und Erwartungshaltung an neue Technologien haben. Metz konzentriert sich schon immer darauf, neue Technologien und neue Features in die Produkte zu integrieren, wenn eine gewisse Marktakzeptanz  erreicht ist, die Produkte ausgereift sind und der Kunde dadurch einen echten Mehrwert erhält. Aus diesen Gründen sehen wir ein Überfrachten von Geräten mit Features generell kritisch.
 
Glauben Sie, dass Fernseher im Bereich der Internetunterhaltung und Apps zukünftig mit iPads und Co konkurrieren können, was Handhabung, Schnelligkeit und Durchsetzung am Markt betrifft?
 
Kotzbauer: Der entscheidende Punkt hierzu ist die Einschätzung der Sehgewohnheiten der Konsumenten – aktuell und in der Zukunft. Der Fernseher soll die anderen Internetmöglichkeiten nicht ersetzen, sondern idealerweise sinnvoll ergänzen. Deshalb werden sicher nicht alle Applikationen auch auf dem Fernseher zugänglich sein. Der Fernseher wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle im Wohnzimmer behalten, wenn es um den Konsum von TV-Sendungen / Videoinhalten, etc. geht. Diese Rolle wird durch Zusatzinformationen, wie sie z.B. HbbTV bietet, erweitert werden.
 
Eine weitere Kernaufgabe der Hersteller und Content-Anbieter wird sein, dem Konsument zeitlich unabhängigen Content anzubieten, der passend zur individuellen Tagesplanung, aber auch gemeinsam mit der Familie genutzt werden kann. Daher wird es nach unserer Einschätzung ein nebeneinander von individueller, persönlicher Hardware, und allgemeiner Unterhaltung geben. Stärke des Internets liegt in der Individualisierung

 
Stellt das Internetfernsehen aus Ihrer Sicht die Zukunft der TV-Unterhaltung dar, d.h. wird sich der Zuschauer in 20 Jahren die TV-Inhalte nur noch in die Wohnzimmer streamen?
 
Kotzbauer: Für einen Zeitraum von 20 Jahren lassen sich Prognosen nur sehr vage erstellen. Eines wird es aber mit Sicherheit geben, die Massenmedien Fernsehen und Radio als zentrale Broadcast Informationsquelle und parallel wird das Internet bei individuellem Content immer größere Bedeutung erhalten. Auch in Zukunft wird das Bedürfnis bestehen bleiben, Sendungen passiv zu konsumieren und sich nicht aktiv um jeden Inhalt bemühen zu müssen.
 
Gleichzeitig wird die Individualisierung zunehmen und darin liegt die Stärke des Internets. Wie diese Information auf den Schirm kommen, via Kabel, Satellit, Streaming oder Lan wird für den Kunden letztendlich zweitrangig sein. Auch wenn das Internet (mobilfunkbasiert oder kabelgebunden) eine immer wichtigere Quelle für den Medienkonsum ist, werden rundfunkbasierte Dienste für das Massenmedium Fernsehen absehbar nicht ersetzbar sein.
 
Spielt es eine große Rolle, ob man per HbbTV-Dienst die Onlinedaten abruft oder über eine Smart-Hub-Oberfläche? Welchen Stellenwert besitzt das Thema HbbTV im Vergleich zum gesamten Smart-TV-Angebot für Sie?
 
Kotzbauer: Die HbbTV-Dienste bieten dem Konsumenten Sicherheit durch die Standardisierung der Endgeräte, die von allen Marktpartnern unterstützt wird. Durch die Standardisierung zum offenen Endgerätemarkt wird nicht nur auf der Seite der Endgeräte sondern auch durch die Inhalteanbieter der Massenmarkt erschlossen. Insellösungen sind dafür aus unserer Sicht weniger zweckdienlich.
 
Meist finden sich auch innerhalb der Smart-Hub-Oberflächen die Mediatheken der Sender – ist eine vollwertige HbbTV-Unterstützung damit überhaupt vonnöten?
 
Kotzbauer: Ja ist sie. Warum sollte man auf sinnvolle Inhalte verzichten, die durch eine Standardisierung bei HbbTV erreicht werden können? Neben den Mediatheken stellen die Sender auch EPG-Informationen, sendungsbegleitende Informationen und hochauflösenden Videotext zur Verfügung. Dieser neue hochauflösende Videotext ist sicher ein treibendes Element für die erfolgreiche Anwendung im Massenmarkt.     
 
Was ist aus Ihrer Sicht entscheidender: Eine eigene Smart-TV-Plattform aufzubauen, um sich vom Wettbewerb zu unterscheiden, oder einen allgemeingültigen Standard wie HbbTV zu etablieren, um die Kunden nicht zu verunsichern?
 
Kotzbauer: Metz setzt konsequent auf Standards. Auch in der Vergangenheit waren Standards immer die Voraussetzung, um Technologien erfolgreich im Massenmarkt zu verankern.  
 
Vielen Dank für das Gespräch![Christian Trozinski/rh]

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60 Kommentare im Forum

  1. AW: Metz: Kunden wollen zuerst lineares Fernsehen [Interview] Hey Leute, falsches Bild zum Metz-Artikel.
  2. AW: Metz: Kunden wollen zuerst lineares Fernsehen [Interview] Ändert doch mal das Bild zum Artikel.
  3. AW: Metz: Kunden wollen zuerst lineares Fernsehen [Interview] Schon erledigt... irren ist männlich - oder so Frohe Ostern Euch allen!
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