Mobiles Fernsehen: Warum 300 MBit/s sinnlos sind

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Mobiles Fernsehen gehört zu den Marktsegmenten, die von Investoren seit Jahren mit großem Interesse verfolgt werden. Dank schneller LTE-Netze ist das Streaming von TV-Inhalten mittlerweile kein Problem mehr. Den Marktdurchbruch verhindern allerdings die über Mobilfunk eng begrenzten Datenvolumen.

Das mobile Internet wird immer schneller. Downloadgeschwindigkeiten von 50, 100 oder gar 150 MBit/s sind über LTE keine Seltenheit mehr. Die Deutsche Telekom bietet seit dem heutigen Montag für Kunden ausgewählter Verträge sogar Surfgeschwindigkeiten von bis zu 300 MBit/s an.
 
Einen Aufpreis müssen die Kunden dafür nicht zahlen. Allerdings wird die höhere Suchgeschwindigkeit vorerst nur in hochpreisigen Paketen angeboten, die vornehmlich von Businesskunden genutzt werden. Um jedoch mobiles Fernsehen über Mobilfunk zu nutzen, reichen ohnehin 50, 100 oder 150 MBit/s problemlos aus. Genutzt wird Fernsehen über Mobilfunknetze trotzdem bisher nur äußerst selten, denn der wahre Stolperstein sind nicht die Übertragungsgeschwindigkeiten.

Den wirklichen Flaschenhals bieten vielmehr die eng begrenzten Datenvolumen. So sind die meisten Mobilfunkverträge mit monatlichen Datenvolumen von 1, 3 oder 5 Gigabyte versehen, wobei Kunden für 5-GB-Inklusivvolumen oft schon ziemlich tief in die Tasche greifen müssen. Die Deutsche Telekom bietet zwar mit ihrem Paket „Complete Premium“ auch ein Datenvolumen von 20 GB an, verlangt dafür allerdings auch knapp 150 Euro im Monat.
 
Bei den meisten Anbietern hat der Kunde zwar jederzeit die Möglichkeit, weiteres Datenvolumen hinzu zu buchen, muss allerdings auch dafür vergleichsweise viel Geld auf den Tisch legen. Von Flatrate-Angeboten wie sie im Festnetz zu finden sind, ist der Mobilfunk damit trotz teilweise höherer Surfgeschwindigkeiten noch immer meilenweit entfernt und auch mobiles Fernsehern, das zu den datenintensivsten Anwendungen überhaupt gehört, ist unter den bisherigen Voraussetzungen für die meisten Kunden wohl keine Option.
 
Belegt ist dies übrigens auch durch Zahlen: Laut dem aktuellen Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten findet eine wirkliche mobile TV-Nutzung außerhalb von örtlichen WLAN-Netzen in Deutschland bislang so gut wie gar nicht statt. Lediglich 2,6 Millionen Menschen gaben an, Mobile TV zumindest gelegentlich über Mobilfunk an Smartphone, Tablet oder Laptop zu nutzen.
 
Zum Vergleich: 3,2 Millionen Nutzer gaben an, mobiles Fernsehen über einen separaten DVB-T-Empfänger zu schauen, obwohl dafür im Gegensatz zur Mobilfunkvariante ein separates Empfangsteil notwendig ist. Trotz des oft sehr begrenzten Programmangebots über DVB-T scheint diese Nutzungsmöglichkeit für die meisten Zuschauer immer noch attraktiver zu sein, als Fernsehen über Mobilfunk, da sie zumindest nicht mit einem Datenvolumen versehen ist.
 
Es ist sehr wahrscheinlich, dass mobiles Fernsehen in Deutschland so lange ein Nischenthema bleiben wird, bis Verträge auch mit großen Datenvolumen für moderate Preise angeboten werden. 300 MBit/s eignen sich derzeit nur für datenintensive Dienste, sind aber letztlich sinnlos, wenn der Kunde diese dann lediglich für wenige Stunden nutzen kann, bevor das monatliche Datenvolumen aufgebraucht ist. Wichtig zu wissen ist dies auch für den geplanten Breitbandausbau der Bundesregierung auf dem Land. Dieser soll vornehmlich über Mobilfunk realisiert werden. Die Geschwindigkeit dürfte auch dabei nicht das Problem darstellen. Vergleichbar mit dem Festnetz werden schnelle Mobilfunkanschlüsse allerdings erst dann, wenn auch die Datenvolumen angeglichen werden. [Kommentar von Patrick Schulze, Redakteur]

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23 Kommentare im Forum

  1. AW: Mobiles Fernsehen: Warum 300 MBit/s sinnlos sind So einfach ist die Rechnung mit dem Datenraten in Mobilfunknetzen nicht. Die 300 Mbit/s sind zunächst einmal nicht garantiert, weil die nutzbare Datenrate von der Qualität der Funkstrecke abhängt. Ausserdem ist das Mobilfunknetz ein Shared-Medium. Die genannten 300 Mbit/s sind nicht für einen Nutzer exklusiv sondern die Datenrate müssen sich meist mehrere Nutzer teilen. Aber selbst wenn ein Nutzer nur mit 1 Mbit/s streamt wäre die Obergrenze mit 300 Personen pro Funkzelle erreicht. In der Realität werden es jedoch höchstens zahlenmäßig die Hälfte sein; weil der der Fehlerschutz so gut sein muss damit es zu keinen bzw. möglichst wenig Aussetzern kommt. Beim Mobilempfang ändert sich die Qualität der Funkstrecke andauernd. Besserer Fehlerschutz bedeutet allerdings niedrigere Datenrate. Die Drosselung ist dafür da dass Nutzer - die Funkzellen nicht permanent auslasten (und die Datenraten pro Nutzer dadurch in den kbit/s Bereich drücken) - Mobilfunk nicht als Ersatz für einen kabelgebunden Internetanschluss nutzen (zumindest in den Gebieten die ausgebaut sind)
  2. AW: Mobiles Fernsehen: Warum 300 MBit/s sinnlos sind Fernsehen übers Internet darf einfach nicht vorrangig sein, sondern immer eine Notlösung. Auch das Datenvolumen ist nicht der Stolperstein. Nein. Das begrenzte Datenvolumen betrifft die gesamte Nutzung. Da spielt es keine Rolle, ob man fernsieht, Fotos hochlädt oder Youtube besucht. Für die, die wirklich mobil fernsehen wollen, gibt es je nach Mobilfunkanbieter spezielle Tarife. Nur bringen diese Tarife recht wenig, wenn man gerade mal EDGE hat, das ist der wahre Stolperstein.
  3. AW: Mobiles Fernsehen: Warum 300 MBit/s sinnlos sind Im Prinzip richtig. Übrigens ist Kabel Internet auch ein Shared-Medium, weshalb es auch diverse Ärger-Threads im Netz gibt, wo vor allem Abends das Netz kaum noch nutzbar ist. Bei LTE ist es aber so, dass viele Anbieter diese Technologie eben genau als Ersatz für (fehlendes) Breitbandnetz anbieten und das auch von der Bundesregierung so gedacht ist. Doch was nützt mir ein solches Internet (auf den Zuhause-Bereich beschränkt), wenn die teuersten Verträge gerade einmal 30 GB/Monat erlauben und dennoch mit 50,-€ deutlich teurer sind als ungedrosseltes DSL/Kabel? Da fühlen sich die Nutzer ohne Chance auf Alternativen einfach nur veralbert... Bye, Mike
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