Moritz Bleibtreu: „Ich muss keine Weltkarriere machen“

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Die Filmliste seiner Karriere ist lang. Moritz Bleibtreu ist einer der gefragtesten deutschen Schauspieler, doch nach Hollywood gehen will er nicht. In Dennis Gansels Polit-Thriller „Die Vierte Macht“ spielt der 40-Jährige nun einen Berliner Reporter, der in Moskau unter Terrorismus-Verdacht gerät.

Als Sohn der großen Schauspieler Monica Bleibtreu und Hans Brenner war der Karriereweg für Moritz Bleibtreu fast schon vorgezeichnet. Diesen hat er schließlich konsequent beschritten und ist heute selbst zu einem Grundpfeiler der der deutschsprachigen Filmlandschaft geworden. Und das soll auch so bleiben, denn Bleibtreu zieht es nicht nach Hollywood.

Lieber dreht er hier hochpolitische Filme wie den Thriller „Die Vierte Macht“, in dem er als Party- und Szene-Reporter Paul Jensen in Moskau Zeuge der Ermordung eines Politjournalisten wird. Jensen wird daraufhin in ein Netz von Intrigen gezogen und als vermeintlicher Terrorist verfolgt. Der Film läuft seit Donnerstag in den Kinos.
 
Kannten Sie die Theorie aus dem Film, dass die russische Regierung hinter den Anschlägen steckt und diese tschetschenischen Terroristen anlastet?
 
Moritz Bleibtreu: In Bezug auf den Tschetschenien-Krieg nicht. Aber instrumentalisierter Terrorismus oder sogenannte False-Flag-Attacks sind in der Kriegsführung alltäglich. So wie beim Reichstagsbrand, den man damals (Marinus) van der Lubbe in die Schuhe geschoben hat, und heute wissen wir, es war die SS. Oder der Beginn des Vietnam-Kriegs im Golf von Tonkin: Wir wissen heute, dass es keine Vietcong waren, die auf das Boot geschossen haben, sondern die US-Marines selber.
 
Mussten Sie bei dem Film auch an die Einschätzung denken, Putin sei ein „lupenreiner Demokrat“?
 
Bleibtreu: Was soll man zu so einem Statement sagen? Das ist eigentlich das Dümmste, was man überhaupt sagen kann. Grundsätzlich von einem Land wie Russland zu erwarten, innerhalb von 15 Jahren eine parlamentarisch-demokratische Regierung auf die Beine zu stellen, in der gelebte Demokratie wirklich funktioniert. Das ist ja viel zu viel verlangt und unrealistisch. Das ist, also ob man von einem kleinen Kind erwartet, dass es Motorrad fährt. Das ist unmöglich.

Haben Sie Sympathien für die Figur des Klatschreporters oder eher nicht?
 
Bleibtreu: Ich habe kein negatives Verhältnis zu den Printmedien, egal, ob Boulevard oder nicht. Ich bin Schauspieler und verbringe einen Teil meines Lebens in der Öffentlichkeit, weil die Filme nun mal für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Die Presse ist ein Teil in meinem Leben und es besteht kein Sinn darin, daraus ein Feindbild zu machen. Damit mache ich mir nur Ärger. Die übersteigerte Aufmerksamkeit, die viele Kollegen beanstanden, ist zu 90 Prozent hausgemacht. Wenn ich anfange, über die mediale Vermarktung meiner selbst zu profitieren, dann muss ich mich nicht wundern, wenn die etwas zurückhaben wollen. Ich komme in der Presse nur deswegen vor, weil ich Filme vermarkte. Ich ziehe ja keinen persönlichen Nutzen aus der medialen Präsenz. Ich versuche, ein Produkt, das wir gemacht haben, so blöd das klingt, zu verkaufen. Bestmöglich. Weil es sein muss, weil das Geld zurückkommen muss, sonst kann ich keine Filme mehr machen.
 
Was wünschen Sie sich für das deutsche Kino?
 
Bleibtreu: Ein gesünderes Genrekino. Dass auch Nicht-Autorenfilmer die Gelegenheit bekommen, spannendere Filme zu drehen. Dass man ihre Qualität früher erkennt und sie nicht erst zwei Filme machen müssen und dann von Hollywood entdeckt werden. In der Autorenfilmlandschaft haben wir überhaupt kein Problem. Christian Petzold, Fatih Akin und Oskar Roehler. Die Liste ist natürlich noch viel länger.
 
Könnten Sie sich vorstellen, nach Hollywood zu gehen?
 
Bleibtreu: Nö. Ich würde da nicht leben wollen. Das ist ja eine Lebensentscheidung, die man trifft. Das wird immer gerne gefragt und ist eigentlich eine wirklich blöde Frage. Ich sage gerne als Antwort: Wollen Sie mich loswerden? Das bedeutet ja für mich, dass ich dieses Land verlasse. Ich fühle mich so schon von Glück überhäuft. Ich muss keine Weltkarriere machen. Und ich finde auch, dass die Qualität der Filme, die wir hier machen, ausreicht, dass die Leute das auch ein Stück weit feiern.
 
Vielen Dank für das Gespräch.INTERVIEWs im Überblick
[Interview: Caroline Bock]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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