Nach Hacker-Kongress: Wunsch nach mehr politischer Verantwortung

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Zum Ende des Hamburger Hacker-Kongresses wurde es deutlich: Die Computer-Spezialisten wollen nicht mehr nur in technischer Hinsicht mitreden. Vielmehr soll auch politisch und gesellschaftlich Verantwortung übernommen werden.

Auch die Hacker haben ihre Stars. Auf dem „Chaos Communication Congress“ waren das Markus Beckedahl und Max Schrems, Fatuma Musa Afrah oder Frank Rieger. Sie stehen auf unterschiedliche Weise für das Bemühen der Szene, politischer und effizienter zu werden, Verantwortung zu übernehmen für notwendige gesellschaftliche Veränderungen.

„Die technische Community muss politischer werden“, sagt Beckedahl. Der Gründer des Blogs netzpolitik.org sah sich im Sommer wegen der Berichterstattung über fragwürdige Aktivitäten von Geheimdiensten mit Ermittlungen wegen Landesverrats konfrontiert. Der Fall entwickelte sich zur Staatsaffäre, Generalbundesanwalt Harald Runge musste vorzeitig in den Ruhestand.
 
Der Österreicher Schrems kämpft für den Datenschutz in sozialen Netzwerken. Seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof brachte im Oktober das Safe-Harbor-Abkommen zur Datenübermittlung zwischen der EU und den USA zu Fall. Auf dem Kongress rät der 28-Jährige der Szene, aktiver zu werden, nicht so viel zu meckern oder sich in endlosen Diskussionen zu verzetteln. Auch im Kampf gegen einen übermächtig scheinenden Gegner wie Facebook müsse man gelassen bleiben: „Wenn du dich verbeißt, geht dir die Energie aus.“
 
Die in Berlin lebende Somalierin Afrah brachte die Kongressteilnehmer als höchst unkonventionelle Hauptrednerin des ersten Tages zum Nachdenken. Die 26-Jährige forderte die Szene auf, nicht nur auf den Computer zu schauen: „Nehmt die Welt um euch herum wahr!“ Die Solidarität mit den geflüchteten Menschen zeigt sich schon im Kongressmotto der „Gated Communities“, hier ganz wörtlich verstanden als Kritik an der Abschottung Europas.
 
Die Hacker halten aber auch weiter an ihren traditionellen Ritualen fest, die außerhalb der Community unverständlich bleiben. Fans der einen Programmiersprache überziehen die der anderen mit scharfem Spott. Das zweite Jahr in Folge darf der israelische IT-Experte Netanel Rubin „beweisen, dass die Sprache Perl ein kaputtes Konzept ist“.
 
„Aber wir dürfen nicht mehr Kleinkriege untereinander austragen“, fordert Frank Rieger, einer der Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC), der den Kongress in 32 Jahren von einem Szenetreffen mit wenigen hundert Teilnehmern zum größten Hackertreffen Europas mit 12 000 Besuchern gemacht hat. Die Hacker-Community habe eine große Mitverantwortung: „Sie muss dafür sorgen, dass die Gesellschaft weiter in der Lage ist, sich zum Guten zu verändern.“
 
Für den ehemaligen Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg ist es an der Zeit, dass die Hacker-Szene ihre Kenntnisse und Fähigkeiten mehr als bisher in die politische Gestaltung einbringt, etwa für die Beratung der Bundesregierung. „Hier sind lauter konstruktive und pragmatische Leute, die den Ehrgeiz haben, Probleme zu lösen.“ Domscheit-Berg engagiert sich im CCC für den Nachwuchs: Beim „Junghacker-Tag“ waren mehr als 150 Kinder und Jugendliche dabei, löteten an Bausätzen und lernten das Programmieren.
 
„Wir blicken sehr harten Zeiten entgegen, was aber nicht heißt, dass wir keinen Spaß haben können“, sagt Rieger in einem düsteren Ausblick auf mögliche Entwicklungen in den nächsten zehn Jahren, in der Technik wie in der Weltpolitik. „Aber auf besonders hohen Wellen lässt sich gut reiten.“ [Jenny Tobien/Peter Zschunke/buhl]

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