Neuer Franken-„Tatort“ überzeugt

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Der erste „Tatort“ aus dem Frankenwald brauchte etwas Zeit um in Schwung zu kommen. Doch im neuen Ermittlerteam stimmt die Chemie und das Finale wird nochmal richtig spannend.

Mit zwei Kopfschüssen wird der verheiratete Uni-Professor Christian Ranstedt in einem Wald bei Nürnberg im Auto ermordet. Es geschieht beim Liebesspiel mit einer Unbekannten. Von der Frau fehlt jede Spur. Die Geschichte des neuen Franken-„Tatorts“ der ARD ist relativ schnell erzählt. Viel Zeit nimmt sich der Film dagegen für die einzelnen Charaktere – etwa für den Schock, den Ranstedts Frau nach der Todesnachricht erleidet. Die heiß ersehnte erste fränkische Ausgabe des Kultkrimis kommt ohne Effekthascherei und Blutexzesse aus. Und auch ohne Comedy-Einlagen. Dafür überzeugt der Krimi mit seinem Ermittler-Duo und wohldosiertem trockenen Humor. Das Fränkische an diesem „Tatort“ blitzt nur hin und wieder hervor – etwa, wenn der Leiter der Spurensicherung Michael Schatz – verkörpert vom Fürther Kabarettisten Matthias Egersdörfer – am „Dadord“ lakonisch vom „Waldsterben“ spricht oder die freundlich fränkelnde Polizistin den neuen Kollegen Felix Voss (Fabian Hinrichs) bei seiner Ankunft im Präsidium begrüßt. Auch provinziell kann man die erste Franken-Ausgabe nicht nennen – abgesehen von einer kurzen Szene mit einem bärtigen, mundfaulen Waldschrat beim Holzhacken in der Nähe eines verfallenen Hauses. Nürnberg wird eher von seiner urbanen Seite gezeigt: Immer wieder sind nächtliche Autofahrten durch die dunkle Stadt zu sehen. Das hätte auch gut in jeder anderen Großstadt sein können. Von ihrer romantisch-touristischen Seite zeigt Nürnberg nur wenig. Dagegen kommt die „Weltgeschichtsstraße“ vor, die Fürther Straße mit dem Justizpalast und dem großen Quelle-Komplex.

Besonders auffällig an diesem „Tatort“ ist dagegen das gute Verhältnis des neuen Ermittlerteams. Zwischen Dagmar Manzel (56), Vorzeigefrau der großen Berliner Bühnen, als Hauptkommissarin Paula Ringelhahn und dem 40 Jahre alten Fabian Hinrichs als ihr neuer Co-Kommissar Felix Voss stimmt offensichtlich die Chemie. Schnell sind sie beim „Du“ und teilen sich die Rollen nach Bedarf in „good cop“ und „bad cop“. Voss ist der stets etwas ironisch-irritiert lächelnde Geduldige, Ringelhahn die launische Spitzenermittlerin, die im Verhör den Verdächtigen auch gern mal laut und heftig anschreit, um danach festzustellen: „Jetzt hätte ich mich beinahe aufgeregt.“ Im Gegensatz zu manch anderen „Tatort“-Teams erfährt man zunächst nicht viel über das Privatleben der beiden Hauptfiguren. Kommissarin Ringelhahn hat ein Problem mit dem Schießen und stammt im Film aus der ostdeutschen Stadt Guben. Schon vor der Wende ist sie „aus Liebe zur Demokratie (nicht zu einem Mann)“ in den Westen gegangen. Voss kommt wie im echten Leben aus dem hohen Norden. In Nürnberg muss er erstmal in einem dunklen Loch neben einer Tankstelle hausen – und weil beim Transport was schief ging, auch ohne Möbel und Bettdecke.
 
Voss-Darsteller Hinrichs hatte 2012 im Münchner Tatort „Der tiefe Schlaf“ die Rolle des nervigen Assistenten Gisbert Engelhardt gespielt, der am Ende getötet wurde. Bei vielen Fans kam der Auftritt so gut an, dass sie im Internet forderten: „Wir wollen Gisbert zurück.“ Dies soll jedoch nicht ausschlaggebend für die Besetzung gewesen sein. Regisseur und Drehbuchautor Max Färberböck („Sau Nummer vier“) und die Redaktion wollten für die Hauptrollen vor allem Schauspieler, „die bundesweit einen Namen haben“ um „mit anderen Tatorten auf Augenhöhe zu sein“.
 
Echte Franken im Ermittler-Team sind nur die Kommissare Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) und Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) sowie Spurensicherer Michael Schatz (Egersdörfer). Ihre Rollen sind jedoch relativ klein. Für die Franken ist mit dem neuen „Tatort“ dennoch ein Traum in Erfüllung gegangen. Lange fühlten sie sich mit dem einzigen bayerischen Team in München benachteiligt. Der nächste Franken-„Tatort“ wird übrigens auch in Würzburg spielen.
 
Ein wenig braucht der erste fränkische „Dadord“, um in die Gänge zu kommen. Das ist jedoch häufig so bei neuen Ermittlerteams – viel muss erklärt und eingeführt werden. Und er führt den Zuschauer auf diverse Fährten – von der geheimen militärischen Forschung an der Uni bis zu einer Firma, die Streubomben herstellt. Auch so mancher Schnitt erklärt sich erst im Nachhinein. Doch im Lauf des Films nimmt der Krimi dann an Fahrt auf – und gipfelt in einem spannenden Finale. Und so fasst der Satz, den Fabian Hinrichs alias Felix Voss zum Abschluss seines ersten Falls in Nürnberg sagt, auch den ersten „Franken“-Tatort gut zusammen: „Na ja, für den Anfang war das schon…“

[Cathérine Simon]

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43 Kommentare im Forum

  1. AW: Neuer Franken-"Tatort" überzeugt Dann auch wieder in Würzburg mit der Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn und den Kriminalhauptkommissar Felix Voss, ist Nürnberg nicht gut genug oder warum Würzburg dann haben wir drei Tatort Städte in Bayern ? frankkl
  2. AW: Neuer Franken-"Tatort" überzeugt Da ich 8 Jahre in Nürnberg gelebt habe, freue ich mich natürlich besonders auf den Franken-Tatort.
  3. AW: Neuer Franken-"Tatort" überzeugt Geographie ist nicht so eure Stärke, oder? http://de.wikipedia.org/wiki/Frankenwald Der Frankenwald hat mal so gar nichts mit der Premiere des Franken-Tatort zu tun. Diese Tatortfolgen werden bewusst auf ganz Franken verteilt, wohl (auch) um sich bewusst vom Münchner abzugrenzen. Zentralismus ist nicht so unser Ding. Jedenfalls ist hier ein Hype entstanden wie ich ihn wegen einer Fernsehsendung noch nicht erlebt habe. Er läuft heute in Kinos, es gibt Rudelklotzen, die Dreharbeiten wurden von einem Presserummel begleitet der seines gleichen sucht. Die Erwartungen jedenfalls sind groß.
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