Neuer Skandal bei Facebook: Firmen lesen Privatnachrichten mit

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Facebook gerät schon wieder in Bedrängnis: Der Konzern soll anderen Firmen Zugang zu Nutzerdaten – in einigen Fällen sogar zu Privatnachrichten – ermöglicht haben. Der jüngste Skandal ist ein weiterer Höhepunkt in einem schwarzen Jahr für Facebook.

Facebook hat nach neuen Vorwürfen den Zugang zu Nutzerdaten für Firmen wie Microsoft, Netflix oder Spotify verteidigt. Das Online-Netzwerk betonte, die Schnittstellen seien dazu gedacht gewesen, Nutzern den Kontakt zu ihren Facebook-Freunden auf den anderen Plattformen zu ermöglichen. Sie seien auch lediglich nach einer Anmeldung aktiviert worden, hieß es in einem Blogeintrag am Mittwoch. Die „New York Times“ berichtete zuvor unter anderem, Microsofts Suchmaschine Bing habe Zugriff auf die Namen von Facebook-Freunden eines Nutzers gehabt und die Streamingdienste Netflix und Spotify auf die privaten Nachrichten.

Solche Verknüpfungen von Facebook-Accounts mit anderen Diensten werfen nicht zum ersten Mal Fragen auf. Das Online-Netzwerk sieht darin keine Verletzung der Datenschutz-Vorgaben: Die Nutzer hätten einfach auf der Plattform der Partner-Firma den Zugang zu ihren Facebook-Daten gehabt. Kritiker argumentieren, dass dabei zum Beispiel Informationen von Freunden ohne deren Zustimmung weitergegeben worden seien.
 
Zugleich bestätigte Facebook, dass die entsprechenden Schnittstellen zum Teil noch 2017 verfügbar gewesen seien, obwohl der Datenzugang eigentlich 2014 eingestellt wurde. Das hätte nicht passieren dürfen, räumte der zuständige Manager Konstantinos Papamiltiadis ein. Facebook habe aber keine Hinweise darauf, dass es Datenmissbrauch nach dem Ende des Programms gegeben habe. Das Online-Netzwerk nannte auch die „New York Times“ selbst in der Liste der Partner, bei denen es eine Verknüpfung mit Facebook-Daten gab.
 
Die „New York Times“ berichtete zugleich auch, dass Facebook von Partnern wie Amazon, Yahoo oder dem chinesischen Smartphone-Anbieter Huawei Daten wie zum Beispiel Kontaktlisten erhalten habe, die dann unter anderem für Freundschaftsvorschläge genutzt worden seien. Das gehe aus internen Unterlagen hervor, die der Zeitung vorliegen. Noch im vergangenen Jahr hätten unter anderem Sony, Microsoft und Amazon E-Mail-Adressen von Facebook-Nutzern über ihre Freunde abrufen können. Netflix und Spotify bekamen dem Blatt zufolge das Recht eingeräumt, private Nachrichten von Nutzern zu schreiben, zu lesen und zu löschen. Die Streaming-Anbieter erklärten, dies sei ihnen nicht bewusst gewesen.
 
Die Stellungnahme von Facebook klinge „nur noch hohl“, sagte der digitalpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann. „Es bestätigt unsere Vermutung, dass all das, was wir bislang über den Datenskandal bei Facebook wissen, lediglich die Spitze des Eisbergs darstellt.“ Zimmermann forderte ein schnelles Handeln: „Es müssen jetzt alle Fakten auf den Tisch: Wer hatte und hat wann welchen Zugang zu welchen Daten?“ Er kündigte an, das Thema Anfang 2019 erneut auf die Tagesordnung des Digitalausschusses zu setzen. „Facebook muss öffentlich Rede und Antwort stehen.“
 
Die neuen Vorwürfe sind ein weiterer Höhepunkt in einem schwarzen Jahr für Facebook. Im März schlitterte der Konzern in seine schwerste Krise mit dem Skandal um Cambridge Analytica. Es wurde bekannt, dass die britische Datenanalyse-Firma, die im US-Wahlkampf 2016 auch für den späteren Präsidenten Donald Trump arbeitete, sich vor Jahren unerlaubt Zugang zu Daten von Millionen Nutzern verschafft hatte.
 
Der eigentlich erfolgsverwöhnte Konzernchef Mark Zuckerberg musste sich immer wieder entschuldigen. Nicht nur für den Skandal um Cambridge Analytica, sondern auch generell für das Versagen im Kampf gegen Propaganda und Missbrauch und für Schmutzkampagnen gegen Kritiker.
 
 
Inzwischen leidet nach den Krisen auch das Geschäft, in Europa verlor Facebook in zwei Quartalen in Folge jeweils eine Millionen Nutzer. Und in der Politik werden Rufe nach einer Abspaltung von Diensten wie Instagram und WhatsApp lauter. Kann es Zuckerberg gelingen, das weltgrößte Online-Netzwerk 2019 wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen? Mit den jüngsten Vorwürfen ist das sicher nicht einfacher geworden. [dpa/tk]

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43 Kommentare im Forum

  1. Die Leute stellen sich haufenweise trojanische Pferde wie Alexa ins Wohnzimmer, die sämtliche Unterhaltungen in den eigenen 4 Wänden analysiert und wer weiß was damit anstellt, alles wird zunehmend mit allem vernetzt und die große Mehrheit macht mit und freut sich dran. Und jetzt wird sich darüber aufgeregt, daß Netflix Nachrichten mitlesen könnte durch eine Verknüpfung, die man selbst zu Facebook gelegt hat? Ernsthaft jetzt?! Das, was Jens Zimmerman da fordert, zeigt nur einmal mehr, daß die Politik der aktuellen Technik hoffnungslos hinterher hinkt und kolossal überfordert ist. Was da bei Facebook passiert, ist NICHTS im Vergleich zu den Entwicklungen bei Amazon und Google, Facebook ist da eher ein "kleiner Fisch". Die Lawine rollt längst, und die Leute/Nutzer selbst haben sie losgetreten. Da kann man jetzt oben auf der Welle mitsurfen und versuchen, da trotzdem etwas für sich mitzunehmen ... oder man wird halt überrollt. Zu glauben, daß irgendwelche bei Facebook geposteten Mitteilungen sicher seien und von niemandem sonst mitgelesen werden können, halte ich einfach nur für dumm, solche Leute haben in der Politik von heute im Grunde überhaupt nichts mehr verloren bei solcher Realtitätsferne. Ein Zurück in den "geschützten privaten Raum", aus dem ohne Vorsicht nichts nach Außen dringen kann ... das war mal, wird aber wohl nie wieder sein. Ich finde das zwar auch nicht so toll, aber so ist das nunmal jetzt, die Uhr lässt sich nicht zurück drehen und für kommende Generationen wird das völlig normaler Alltag sein. Das ist eben der Preis ... für die globale Vernetzung, das "Internet der Dinge" ... die Zukunft.
  2. Facebook ist diesbezüglich der größte Fisch. Google (die Suche) ist zwar größer, hat aber direkt nicht so viel persönliche Informationen. Und Google Assistent oder Alexa sind überhaupt kein Vergleich, da sie eben nur nach Aktivierung etwas ins Internet übertragen.
  3. Glaub ich nicht. Und Du vergisst hier eine "Kleinigkeit": Google-Assistent = Google und Alexa = Amazon. Jeder einzelne von denen hat mittlerweile weit mehr nutzbare und für die Industrie interessante Informationen über mich, als Facebook. Und ich lebe - wie über 40% - in einem Singlehaushalt, das lässt sich ganz prima auswerten und herunterbrechen.
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