Nur bei uns: Bundesligisten machen Medien Konkurrenz

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Interviews, Statements und exklusive Inhalte: Was früher vor allem in den Medien zu finden war, verbreiten die Bundesliga-Vereine heute bevorzugt über ihre eigenen Kanäle. Das setzt die Medien unter Druck.

Julian Brandt hatte etwas zu sagen. Und er tat dies exklusiv im club-eigenen TV-Sender seines neuen Arbeitgebers Borussia Dortmund. Der Fußball-Nationalspieler durfte in einem 3:14 Minuten langen Clip erläutern, warum er von Bayer Leverkusen zum BVB wechselte. Zuvor war der aufsehenerregendste Transfer der vergangenen Wochen über diverse soziale Vereins-Kanäle verkündet worden. Klassische Medien hatten an diesem Tag Ende Mai keine Gelegenheit, mit dem 23-Jährigen zu sprechen.
 
Mittlerweile ist diese Vorgehensweise der Bundesliga-Vereine schon längst nichts Außergewöhnliches mehr. Die vereinseigenen Medien gewinnen im Profi-Fußball seit Jahren an Bedeutung – auf Kosten des unabhängigen Journalismus. „Die Machtverhältnisse haben sich verändert“, glaubt Thomas Horky, Professor für Sportkommunikation an der Macromedia Hochschule in Hamburg.

Immer mehr exklusive Inhalte von Spielern, Trainern, Verantwortlichen und aus den Vereinen wandern im digitalen Zeitalter in die Social-Media-Kanäle. „Der Gegenstand der Berichterstattung berichtet über sich selbst“, sagt Horky. Der Sport umgehe den unabhängigen Journalismus und stelle selbst mit journalistischen Mitteln Öffentlichkeit her.
 
Ein Beispiel ist das Club-TV. Die Online-Sender der Vereine sind längst eine Herausforderung für die Fernsehsender geworden. Besonders dann, wenn ein Spieler oder ein Trainer ausschließlich im Hauskanal des Vereins spricht, traditionellen Medien ein Interview aber verweigert wird. So gab Pep Guardiola in seinen drei Jahren als Trainer des FC Bayern München außerhalb der Pressekonferenzen keine Interviews in traditionellen Medien, dafür aber jeweils eines im Vereins-Magazin und bei einem Sponsor.
 
„Das ist eine Entwicklung, die problematisch ist und uns das Leben nicht immer einfach macht“, sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann der Deutschen Presse-Agentur. „Es führt zu einer Verknappung von Spielern für Interviews. Das ist auch ein Geschäftsmodell.“ Bisher käme das ZDF aber zurecht. „Jammern und Klagen hilft nicht.“
 
ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hat eine ähnliche Meinung zu den Auswirkungen der TV-Politik der Vereine. „Uns erschwert es die Arbeit“, meinte er. Der Zugriff auf Spieler werde immer schwieriger. „Unsere Prämisse ist: Wir wollen selber fragen.“
 
Für den unabhängigen Journalismus birgt dies die Gefahr, die Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn Vereine die Berichterstattung weitgehend zu kontrollieren versuchen. Selbst der Pay-TV-Sender Sky als größter Finanzierer des deutschen Profi-Fußballs hat kaum noch Chancen auf Exklusives. Das Recht auf eine begrenzte Zahl von Interviews gilt nur bei Live-Übertragungen. Zwischen den Spieltagen ist der Sender wie alle anderen Medien auf den guten Willen der Vereine angewiesen.
 
„Zwischen unseren Interessen als wichtigster TV-Partner der Liga und denen des Club TV braucht es stets die richtige Balance“, sagte Sky-Sportchef Roman Steuer. „Wir sehen Club-TV als ergänzendes Medium und nicht als Absender exklusiver Inhalte.“ Wenn so etwas passiert, „ist das ein Problem für uns“.
 
Den Vereinen dient das Füllen der Social-Media-Kanäle längst nicht mehr nur für PR und zur Bildung eines Hochglanz-Images. Die digitalen Aktivitäten sollen sich irgendwann zum profitablen Geschäftsmodell entwickeln.
 
Vorreiter ist auch hier der deutsche Rekordmeister Bayern München. Mittlerweile hat der Club ein Medienhaus aufgebaut. Neben dem 24-Stunden-TV-Sender hat der Verein Aktivitäten auf 30 Plattformen in zwölf Sprachen. Damit erreicht er über 80 Millionen Menschen weltweit und spielt in dem Bereich international ganz oben mit. Zahlen, von denen die Online-Angebot klassischer Medien nur träumen können.
 
Für unabhängige Journalisten wird die Arbeit angesichts der wachsenden Medienmacht der Vereine immer schwieriger. In Studien hätten sich viele Medienschaffende über die verschlechterten Arbeitsbedingungen beklagt, sagt Wissenschaftler Horky. Er plädiert dafür, dass sich die unabhängige Berichterstattung von den Club-Medien stärker durch Analyse und kritisches Hinterfragen abgrenze.
 
Andreas Cüppers, Chef für digitale Entwicklung bei Borussia Mönchengladbach, sieht ohnehin keine Konkurrenz zwischen unabhängigen und den Club-Medien. In einer Diskussion im April bei dwdl.de sagte er: „In der Idealsituation ergänzt sich das Angebot.“[Claas Hennig/Michael Rossmann/fs]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

3 Kommentare im Forum

  1. Wow, das setzt sie unter Druck Nur weil die auf ihren Sozialen Kanälen einen 3 Minütigen Videoclip haben, bricht doch für die anderen Medien nicht die Welt zusammen. Ist es nicht so, das sowieso auf den besagten Medien eh immer das gleiche berichtet wird. Als Beispiel, Spieler wechselt von Team A nach Team B. Und dann meldet das der Kicker, Sport1, Spox uns so weiter. Fazit, es ändert sich nix, es gab auch vorher nur "gleiche" Infos. Und nur weil ein Verein nun selbst etwas meldet, wird es trotzdem auf allen besagten anderen Medien bereichtet. Wo ist nun genau das Problem ?
  2. Aber das Vereins-TV kann selbst bestimmen was wirklich gebracht wird und das macht die Sache doch etwas bedenklich. Wie soll man etwas hinterfragen, wenn unabhaengige Journalisten nicht mehr die Chance haben zu fragen?
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