„Ödipussi“: Loriots Kultfilm wird 25

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Eine Traumfrau namens Tietze: Mit 56 lernt Herr Winkelmann eine Diplompsychologin kennen. Mama sieht das gar nicht gern, doch dafür Millionen Kinozuschauer. Vor 25 Jahren startete Loriots „Ödipussi“.

Premiere in mehrfacher Hinsicht: „Ödipussi“ war vor 25 Jahren der erste Kinofilm des damals 64 Jahre alten Cartoonisten und Komikers Loriot. Die Muttersöhnchen-Komödie des beliebten TV-Humoristen war außerdem der erste und einzige Spielfilm, der während der Teilung an ein und demselben Tag in beiden Teilen Berlins seine Kinopremiere feiern konnte. Fast 27 Jahre nach dem Bau der Mauer und exakt 20 Monate vor deren Fall.
 
Einen Tag nach der Doppelpremiere, am 10. März 1988, startete der Film bundesweit. In den folgenden Wochen sahen ihn etwa 4,6 Millionen Kinobesucher. Später, am 30. September 1990, verfolgten ihn bei der ersten TV-Ausstrahlung in der ARD mehr als 16 Millionen Zuschauer.

Ein Vierteljahrhundert später bleiben folgende Erkenntnisse zu diesem Streifen: Die Hauptdarsteller Vicco von Bülow (1923-2011) und Evelyn Hamann (1942-2007) leben leider nicht mehr. Die Kinopremieren-Schauplätze von damals – das Filmtheater Kosmos (Ost-Berlin) und der Gloria-Palast (West-Berlin) – sind heute keine Kinos mehr. Und natürlich: Längst teilt die Mauer die Hauptstadt nicht mehr.
 
Das Beste aber: Die 88 kurzweiligen „Ödipussi“-Minuten über einen angegrauten, verklemmten Junggesellen auf Freiers Füßen sind immer noch eine der gelungensten Komödien der deutschen Filmgeschichte. Man kann sie sich immer wieder anschauen.
 
Vor der Premiere in Ost-Berlin sprach der in Brandenburg an der Havel geborene Loriot in einer Pressekonferenz von einem „Gefühl des Glücks“ über die fast zeitgleiche Uraufführung in Ost und West. „Was gibt es Schöneres als die Idee, in beiden Teilen dieser Stadt eine Premiere zu machen.“
 
Auf die Frage, ob es in beiden deutschen Staaten denselben Humor gebe, sagte er, grundsätzlich sei das so. Doch mit Blick auf die jahrelangen Wartezeiten in der DDR schränkte er verschmitzt ein: „Ich kann hier keinen Sketch schreiben über einen Autoverkäufer, der verzweifelt versucht, einen Wagen an den Mann zu bringen.“
 
Das Nacherzählen und Zitieren von Loriot-Werken gehört für einige Generationen zum kulturellen Selbstverständnis – seien es nun die vielen Sketche (Sie wissen schon: der mit der Nudel oder dem Lottogewinner Lindemann) oder aber die beiden Spielfilme („Ödipussi“ von 1988 und die spätere Rentner-Komödie „Pappa ante portas“ 1991).
 
Wer da nicht detailverliebt genug ist, kann es sich mit wahren Loriot-Experten schnell verscherzen. Trotzdem sei an dieser Stelle die Handlung von „Ödipussi“ kurz skizziert, ohne nähere Erläuterung von etwa Frau Tietzes Revue-Nummer „Meine Schwester heißt Polyester“ oder dem auf den Vorderbeinen spazierenden Hund in einem Mailänder Park:
 
Der stets etwas zerstreute und tollpatschige Junggeselle Paul Winkelmann (56) ist Chef eines Möbel- und Dekorationsgeschäfts. Er lebt hauptsächlich bei seiner herrischen, 78 Jahre alten Mutter (Katharina Brauren), einer früheren Opernsängerin, die ihren Sohn Pussi nennt und gern bevormundet.
 
Pauls geregeltes Leben gerät durcheinander, als er die ebenfalls verhuschte Psychotherapeutin Margarethe Tietze kennenlernt, die sich in der Freizeit als Sängerin versucht. Ungelenk, aber doch hartnäckig, versucht er sie zu erobern.
 
Als seine strenge Mutter herausfindet, dass Margarethe ihren Sohn auf einer Geschäftsreise nach Italien begleitet, quartiert sie voller Eifersucht einen Untermieter in Pauls Kinderzimmer ein. Als der Sohn nach Hause kommt, steht er vor der Entscheidung zwischen Mama und Margarethe – und wagt den Aufstand. „Und sag nicht immer Pussi zu mir.“
 
Mit glänzenden Dialogen, verdichteten Szenen und trockenem Humor wie in „Ödipussi“ wurde die deutsche Kleinbürger- und Spießerwelt seitdem selten wieder vorgeführt.Archiv
[Gregor Tholl/ps]

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