[Portrait] „Mona Lisa“-Erfinderin von Welser im dritten Leben

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Ruhestand ist für sie ein Fremdwort. Die Fernsehjournalistin Maria von Welser ist zwar offiziell in keinen Redaktionsalltag mehr eingebunden. Doch auch mit 65 Jahren kennt sie nur selten Müßiggang: Als Autorin, Dozentin und Unicef-Gesandte hat sie volles Programm.

Sie nennt es ihr drittes Leben und strotzt dabei vor Tatendrang – die Fernsehjournalistin und Gründerin der ZDF-Sendung „Mona Lisa“, Maria von Welser, hält nichts von Stillstand. „Ich habe mir immer gewünscht, auch im dritten Leben ein aktives Leben zu führen“, sagt sie im dpa-Interview. Nach der Jugend mit Ausbildung und einem bezahlten Beruf in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, will sie jetzt „ein bisschen ernten, Dinge tun, die ehrenamtlich geschehen und die man in die Gesellschaft einbringt“. Maria von Welser wird am 26. Juni 65 Jahre alt. Die Münchnerin in Hamburg macht eine kleine Sendepause auf einer balearischen Insel und feiert mit ihrem dritten Mann.
 
„In der Bibel steht ja schon der Satz, mit den Talenten wuchern“, beschreibt Welser ihre Triebfeder. Ihr Beruf fasziniert und freut sie bis zum heutigen Tag, das ist der „Vollblutjournalistin“ Verpflichtung. Ob als Buchautorin, Kommentatorin in Zeitungen, Moderatorin, Dozentin an der Universität Hamburg oder stellvertretende Vorsitzende von Unicef Deutschland: „Die Geschichten liegen für mich auf der Straße“.

Vielleicht durch ihre Zeit bei den Münchner Blättern „Merkur“ und „Abendzeitung“ bis 1979 ist „ein Gespür für Themen tief in mir verwurzelt“. Täglich in der Früh‘ 14 weiße Seiten vor sich zu sehen und zu überlegen, was machst Du jetzt, wo sind die Geschichten, das schult, glaubt sie.
 
Nach neun Jahren beim Bayerischen Rundfunk kam das ZDF und „Mona Lisa“ (1988 bis 1996). „Da gab es ein Konzept, das von Männern gemacht war“, Welser entwickelte ein neues: „Eben nicht Frauen und Männer und noch mehr – wir waren ganz klar auf der Seite der Frauen, haben da Positionen bezogen und immer die Themen gemacht, die uns in der Redaktion am meisten bewegt und aufgeregt haben“.
 
Schon als Kind konnte sich die gebürtige Münchnerin über Ungerechtigkeiten aufregen. „Wusste eigentlich gar nicht, warum. Aber wenn Unrecht geschehen ist, habe ich mich furchtbar engagieren können.“ In einem ihrer Bücher trat Welser später auch gegen den „Teufelskreis Kinderarmut in Deutschland“ an. Themen über Frauen und Kinder entstanden „durch ein gelebtes Frauenleben. Alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen in diesem Land ist für sich schon eine besondere Schule“.
 
Die Auszeichnung „Frau des Jahres“ (1993) würdigte Welsers „ungeschminkte Berichterstattung, insbesondere über die misshandelten und vergewaltigten Frauen und Kinder im ehemaligen Jugoslawien“, der frauenpolitische Elisabeth-Selbert Preis (2007) ihren Einsatz für Gleichberechtigung.
 
Der ZDF-Verbrauchersendung „Mit mir nicht“ folgten 2001 dann Jahre als ZDF-Korrespondentin in London. „Als junge Journalistin und Redakteurin habe ich mich oft geärgert, wenn an der Spitze Leute waren, die von unserem Gewerbe keine Ahnung hatten.“ Im August 2003 war sie dann selbst dran, sie wurde Direktorin des NDR-Landesfunkhauses in Hamburg. „Die Zeit im NDR war ganz wunderbar, als gestandene Journalistin Verantwortung für Programm, Personal und Geld zu haben. Ehrlich gesagt, das wollte ich mal.“
 
Nach ihrem Abschied in einen „Unruhestand“ im Herbst 2010 kamen für die Tochter eines kaiserlich-japanischen Konsuls „beglückende sieben Wochen“ im ARD-Studio in Japan. Sie war wieder an der Basis, konnte wieder Stücke machen. Es sind Menschen und ihre Geschichten, die Welser bewegen. „Ich sitze im Flieger, in der Bahn, im Bus und denke, jeder, jeder hat eine spannende Geschichte.“ Die Menschen müssen aber authentisch sein. Sie berichte nur über das, „was ich selbst belegen kann, selbst erlebe, selbst gesehen habe“. Ihr Credo: Kritische Sachverhalte immer gegenrecherchieren. „Solange wir eine Demokratie haben, brauchen wir einen kritischen, liberalen, freien Journalismus.“ Sie ist fest überzeugt vom Fortbestand klassischer Medien.
 
Journalistin ist man für Welser 24 Stunden. „Ich kann es nicht ablegen. Ich bin in tiefster Seele ein schreibender Mensch. Deswegen schreibe ich gerne.“ Ein neues Buch ist in Arbeit. Arbeitstitel: Das dritte Leben.
 
DIGITAL FERNSEHEN portraitiert an dieser Stelle regelmäßig interessante Persönlichkeiten aus der Medien- und Technikbranche.
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[Christina Freitag]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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