„Ralph reicht’s“ – Lebenswandel eines Videospiel-Rüpels

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Ralph ist eine 8-Bit Videospielfigur – und in der Welt zwischen Gut und Böse nicht wirklich glücklich. Eigentlich ist er eine gute Seele, aber er wird auf seine Rolle als rüpelhafter Bösewicht reduziert. Im Disneys Animationsfilm kehrt er seinem Retro-Leben den Rücken und will endlich Held sein – denn „Ralph reicht’s“.

Wer will schon immer als der Böse gelten, wenn er doch eigentlich nur Gutes im Sinn hat? Unter diesem Schicksal leidet auch „Randale-Ralph“ aus dem neuen Disney-Weihnachtsfilm. Tag für Tag arbeitet der animierte Antiheld in einem ruckeligen Videospiel-Automaten, der mit seiner pixeligen 8-Bit-Optik als Retro-Attraktion in einer Spielhalle steht. Doch darauf hat Ralph keine Lust mehr: In der fulminanten Animationskomödie „Ralph reicht’s“ bricht der bullige Held aus seiner Rolle als Bösewicht aus und stellt die Spielewelt gehörig auf den Kopf.
 
Kein Wunder, dass Ralph nicht wirklich glücklich werden kann. Selbst zum 30-jährigen Jubiläum des Spiels haben dessen Bewohner alle eingeladen – nur Ralph nicht. Sie mögen ihn nicht. Er zerstört Häuser – Tag für Tag. Oder wie Ralph es selbst sagen würde: „Ich mache keine Sachen, ich krache Sachen.“ Von seinem guten Herz merkt in der Zwei-Klassen-Videospielgesellschaft allerdings niemand etwas.
 
Die Bewohner des Spiels feiern ausschließlich ihren streberhaften Helden Fix-it Felix jr. Seit drei Jahrzehnten beseitigt Felix die Schäden, auf die Randale-Ralph mit seinen mülleimerdeckelgroßen Pranken programmiert ist. Felix gewinnt Medaillen – Ralph dagegen ist der ewige Verlierer, schläft auf einem nahe gelegenen Schutthaufen und deckt sich nachts mit Ziegeln zu.

„Ich bin ein Bösewicht und das ist gut. Ich werde niemals gut sein. Das ist nicht schlecht.“ So lautet der Slogan der anonymen Bösewichte, deren Treffen „Randale-Ralph“ besucht. Nur leider ist genau das sein Wunsch: seinen negativen Beinamen ablegen, der Welt zeigen, wer er ist – und endlich Anerkennung ernten. „Ich will einfach nicht mehr der Böse sein“, platzt es aus ihm raus. Er hat genug von eckigen Querköpfen und billigen 8-Bit-Fanfaren.
 
Der diesjährige Disney-Weihnachtsfilm, der von Simpsons-Regisseur Rich Moore inszeniert wurde, vereint den Retro-Charme der alten pixeligen Arcadespiele mit moderner Animationstechnik in 3D. Die Kulisse ist zwar nach Stand der Technik perfekt inszeniert, spielt aber immer wieder auf die beschränkte Schönheit der Spieletechnik der 80er an. Die Bäume in Ralphs binärcodierter Heimat sind quaderförmig wie in alten Mario-Welten. Flüssigkeit spritzt nicht etwa auf den Boden, es ordnet sich quadratisch an.
 
Beeindruckend ist neben der perfekt durchgestuften 3D-Ästhetik, die die vorhersehbare Handlung zeitweise vergessen macht, vor allem das als humoristisch getarnte Product Placement: Explosionen werden vornehmlich durch in Cola fallende Mentos ausgelöst. Um zu Herrscher „King Candy“ vordringen zu können, müssen erst die Schokokekse mit Milchcreme-Füllung überwunden werden, die immer wieder eintönig „Oreo“ raunen. Aufpassen sollte man natürlich ebenso vor dem plötzlichen Tod durch Nesquick-Treibsand.
 
Mit „Ralph reicht’s“ erzählt Disney somit nicht nur eine Kindergeschichte, sondern schlägt auch einen Bogen zu den Eltern, die sich mit dem Werk in ihre eigene Jugend und Spielkultur versetzt fühlen können – den Charme der digitalen Spielwelt gibt es in dem Film schließlich genug. Beim Game-Hopping lernt der Polygone in einer schlaraffenlandesken Süßigkeitenwelt dann sein weibliches Pendant kennen: Vanellope von Schweetz ist zwar winzig klein und hat Haare schwarz wie Schuhcreme. Der wandelnde Programmierfehler mit dem losen Mundwerk ist in seinem Rennspiel aber genauso einsam wie Ralph. Nach anfänglichem Hin und Her erkennen die Beiden schnell, dass sie die starren Verhältnisse von Gut und Böse nur gemeinsam aufbrechen können.Kinokritiken im Überblick
[Benno Schwinghammer/hjv]

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