Reality-Show-Kandidaten überziehen TV-Sender mit Klage

In Frankreich sehen sich Fernsehsender mit einer Klagewelle ehemaliger Kandidaten von Reality-TV-Shows konfrontiert. In einem Musterprozess kämpfen die B-Promis um zusätzliche Zahlungen in Höhe von insgesamt 400 000 Euro.

 
Wie die britische Tageszeitung „Guardian“ (Montagsausgabe) berichtete, läuft im Zuge der seit sechs Jahren schwelenden Auseinandersetzung derzeit ein Verfahren vor einem Berufungsgericht in Versailles. Die Richter widmen sich darin der Frage, welche Gage den Teilnehmern der Survival-Show „L’Ile de la Tentation“ (zu deutsch: „Insel der Versuchung“) zusteht. In der französischen Adapation des US-Formats „Temptation Island“ werden Paare getrennt und ihre Treue von anderen Inselbewohnern auf die Probe gestellt.

Bereits 2009 hatte ein Gericht entschieden, dass die Teilnahme an einer TV-Show als Arbeit zu betrachten sei und die Kandidaten demzufolge einen Arbeitsvertrag erhalten müssten. In dem aktuellen Verfahren geht es um die Höhe einer angemessenen Entlohnung. Jérémie Assous, der als Anwalt insgesamt 57 Kläger vertritt, sagte dem Blatt, das Leben als Reality-TV-Star sei „unglaublich hart“. Man müsse von 7 Uhr morgens bis 3 Uhr nachts arbeiten und ständig für die Kamera verfügbar sein. Selbst Pässe würden eingezogen, das Verlassen des Geländes werde unterbunden.

Assous hatte in der Vergangenheit insgesamt 300 TV-Kandidaten juristisch vertreten und nach eigenen Angaben nahezu 150 Fälle gewonnen. Täglich würden neue Menschen in seiner Kanzlei auftauchen und im Zuge ihrer Fernsehaktivitäten Überstunden und Schlafentzug beklagen. Die Produktionsfirmen hätten seit Jahren satte Gewinne mithilfe der Kandidaten eingefahren. Jetzt sei es an der Zeit, zurückzuzahlen, forderte der Anwalt.

Der private Fernsehsender TF1, auf dem „L’Ile de la Tentation“ und andere Reality-Formate ausgestrahlt werden, ließ in einer Stellungnahme verlauten, Arbeitsverträge für Kandidaten seien zwar in Frankreich rechtlich vorgeschrieben. Die Teilnehmer blieben aber zu jedem Zeitpunkt ganz sie selbst und würden im Rahmen der Produktion unvergessliche persönliche Erfahrungen sammeln. [ar]