Rundfunkbeitrag-Experte: Machen keine Vorratsdatenspeicherung

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio, die frühere GEZ, beginnt diesen Monat mit dem Datenabgleich für den neuen Rundfunkbeitrag. Die Adressen bisheriger Beitragszahler werden einmalig mit den Daten der Meldeämter verglichen.

„Ich fände es wesentlich beeinträchtigender, wenn weiter an Türen geklingelt würde“, sagt Hermann Eicher, Justiziar beim Südwestrundfunk im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Er ist federführender Verantwortlicher der ARD bei der Reform des Abgabenmodells.
 
Herr Eicher, seit der Umstellung auf das neue Rundfunkbeitrag-Modell müssen Sie mit kritischen Schlagzeilen umgehen. Wie nehmen Sie die Reaktionen der eigentlichen Beitragszahler wahr? Kommen Hassbriefe?
 
Eicher: „Wir nehmen sehr viel stärker wahr, dass Informationsbedarf besteht: Was ändert sich, warum ändert es sich und für wen ändert sich was. Ich will aber nicht verschweigen, dass uns auch Reaktionen erreichen, die mit der Reform nicht einverstanden sind. So wird zum Beispiel gefragt: „Ich bin ein überzeugter Fernsehverweigerer. Warum muss ich jetzt auch dafür zahlen?“ Unsere Antwort darauf lautet: Wir können und wollen nicht mehr feststellen müssen: Wer nutzt welche Geräte zu welchem Zweck? Das ließe sich nur in der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürgerinnen feststellen und die ist aus guten Gründen tabu. Die Beschwerden halten sich absolut im Rahmen dessen, was bei einer Abgabenreform zu erwarten war.“
 
Kann man das auch in Umfragewerten beziffern?
 
Eicher: „Wir haben gerade im Februar wieder eine repräsentative Befragung durchgeführt. Bei 82,5 Prozent ist die Reform des Rundfunk-Finanzierungsmodells inzwischen bekannt. 78,4 Prozent antworten, dass sie der Reform positiv gegenüberstehen. Und es sagen uns sogar 87,5 Prozent, dass ihrer Meinung nach die Reform problemlos vonstattengegangen ist. Nur für 3,7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger war die Umstellung mit Schwierigkeiten verbunden: Dabei handelte es sich vor allem um Dinge wie zum Beispiel Überschneidungen im Briefverkehr oder die erschwerte Erreichbarkeit an den Service-Telefonen.“

In der Debatte um diese Reform tauchte zuletzt häufig das Argument auf, dass die Sender ihre Ausgaben transparenter machen sollten.
 
Eicher: „Ich persönlich bin der Meinung, dass wir beim Thema Transparenz glasklaren Nachholbedarf haben. Aus meiner Sicht spricht wenig dagegen, im Nachhinein die Zahl der Bundesliga-Rechtekosten zu nennen. Jeder kennt die Zahlen im Übrigen grob. Klar ist aber auch, dass unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht tangiert sein darf. In einem laufenden Verfahren, wenn es zum Beispiel derzeit um den Erwerb der Biathlon-Rechte geht, können wir diese Zahlen nicht veröffentlichen. Ansonsten wäre die gesamte Ausschreibung relativ witzlos. Aber wir müssen beim Thema Transparenz aufholen. Und wir müssen es denjenigen, die bestimmte Kenndaten haben wollen, leichter machen, auf diese Kenndaten zugreifen zu können.“
 
Sie nehmen einen Datenabgleich mit 69 Millionen Datensätzen der Einwohnermeldeämter vor. Warum?
 
Eicher: „Damit der Rundfunkbeitrag eingezogen werden kann, müssen die Daten der Teilnehmer dem Beitragsservice bekannt sein. Im Regelfall passiert das durch freiwillige Angaben der Teilnehmer. Dort wo das aber „vergessen“ wird oder bewusst unterbleibt, braucht es ein Kontrollinstrument. Und ich finde, dass der einmalige Meldedatenabgleich das Mittel ist, mit dem man am wenigsten in die Privatsphäre der Bürger eingreift. Ich fände es wesentlich beeinträchtigender, wenn weiter an Türen geklingelt würde.“
 
Wann immer ein Datenabgleich von solcher Dimension geschieht, gibt es schnell Bedenken von Datenschützern.
 
Eicher: „Wir nehmen die Bedenken der Menschen an dieser Stelle sehr ernst, deswegen gibt es strenge Regelungen zum Umgang mit den uns anvertrauten Daten. (..) Und natürlich dürfen wir diese Daten überhaupt nur im Rahmen der strikten Zweckbindung für den Einzug des Rundfunkbeitrages verwenden. (..) Wir halten die Daten aber nicht auf Dauer vor: Nach spätestens 12 Monaten müssen diese Daten wieder gelöscht werden. Deshalb ist auch das Wort von der „Vorratsdatenspeicherung“ in diesem Zusammenhang völlig fehl am Platze.“
 
Was erfassen Sie exakt?
 
Eicher: „Übermittelt werden uns der Familienname mit Vornamen, frühere Namen, etwa der Mädchenname der Frau. Der Doktorgrad, der Bestandteil des Namens ist. Der Familienstand, das Geburtsdatum, die Anschrift von Haupt- und Nebenwohnung, der Tag des Einzugs in die Wohnung. Diese Daten dürfen allein dazu verwendet werden, zu erkennen: Wird für eine Wohnung schon gezahlt oder nicht.“
 
Werden Sie Auskünfte bei Vermietern einholen?
 
Eicher: „Wir haben uns entschlossen, von dieser aufwendigen Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Vermieterauskünfte werden von uns nicht eingeholt. Deshalb gibt es auch an dieser Stelle keinerlei Grund zur Besorgnis.“
 
Wird es noch Haustür-Kontrollen geben?
 
Eicher: „Im privaten Bereich wird es keine Kontrollen mehr an der Haustür geben. Und wir dürfen für die Jahre 2013 und 2014 auch keine Adressdaten mehr anmieten.“
 
Im neuen Modell werden die Haushalte flächendeckend beteiligt. Vor Gericht argumentiert ein Kläger deswegen, dieser Beitrag sei eine verkappte Steuer.
 
Eicher: „Eine Steuer wird voraussetzungslos erhoben. Die geht in den Staatshaushalt ein und wird dann aus dem Staatshaushalt für bestimmte Zwecke aufgewandt. Das ist hier gänzlich anders beim Rundfunkbeitrag. Er fließt den Rundfunkanstalten über den Beitragsservice direkt zu und es wird darüber ein konkreter Vorteil abgegolten: Der Vorteil, jederzeit überall das Rundfunkangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzen zu können.“[dpa]

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14 Kommentare im Forum

  1. AW: Rundfunkbeitrag-Experte: Machen keine Vorratsdatenspeicherung Wer dann nicht gemeldet ist bei den Meldeämtern, der ist ein ganz böser, da er u.U. nicht erfasst werden kann. Klingel kann man abstellen, Werbefuzzis da gehörten auch die Gebührenkontrolletis dazu , sollte jeder nach dem Motto nachgehen, Türe zu oder gar nicht erst auf. Klar ist Vergangenheit.... Wenn es denn nur ein Angebot wäre...
  2. AW: Rundfunkbeitrag-Experte: Machen keine Vorratsdatenspeicherung "Wir können und wollen nicht mehr feststellen müssen: Wer nutzt welche Geräte zu welchem Zweck?" Weil wir nicht mehr wollen, können wir auch nicht mehr. Das ist doch die Quintessenz des Staatsvertrags. Und weil wir nicht mehr können, sind alle Fernsehgegner Schwarzseher. Und weil es soviele Schwarzseher gibt, gibt es den neuen Staatsvertrag. Diese Logik ist so ähnlich wie die Behauptung, daß man nicht kontrollieren könne, wer ein Gerät hat. Frankreich erfaßt beim Verkauf alle Namen und dann ist Ruhe. So einfach kann das gehen. Es geht bei der Änderung also gar nicht um Können, sondern um Wollen, damit mehr Geld in die Kasse gespült wird. Das Geld steht auch deshalb im Vordergrund, weil es gar nicht darum geht, wieviel jemand verdient, sondern darum, ob er in irgendwelchen staatlichen Versorgungssystemen steckt, die ihm die Befreiung von dem Rundfunkzwangsbeitrag ermöglichen. Diejenigen ohne Geld aber ohne Versorgungsstütze müssen diese Kopfsteuer zahlen. Der Staatsvertrag hat die Schnüffelei nur auf die staatlichen Versorgungssysteme verlagert, denen der Bürger hilflos ausgeliefert ist. Dann wird man ja wohl die örtlichen Rundfunkanstalten auf Schnüffeln verklagen müssen, damit man nicht dem staatlichen Versorgungssystem ausgeliefert ist. Denn: Es gibt keinen Antragszwang auf Erhalt von Leistungen für die Grundsicherung.
  3. AW: Rundfunkbeitrag-Experte: Machen keine Vorratsdatenspeicherung Wenn Du erst einmal über 70 bist, dann wirst Du das "Angebot" des Staatsfernsehens vielleicht auch gut finden. Oder wenn Du auf Volksmusik oder Filme mit Christine Neubauer stehst, dann vielleicht schon mit 60...
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